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Mass(k)enhysterie

September, 14. Würzburg gilt als neuer Hotspot für die Pandemie. Schulen schließen. Beschränkungen treten auf.

Drei Tage zuvor. Eine Mutter weint verzweifelt, weil ihre Kinder Kopfschmerzen vom Tragen der Maske haben. Für sie ist die Maske ein Symbol für Willkür. Sie hat Angst.

Zwei Tage zuvor. Eine Mutter ist entsetzt über den Tonfall, mit dem die Schule die neuen Maßnahmen vorgestellt hat und fragt sich, ob das alles angemessen ist für kleine Kinder, die gerade die ersten paar Tage Schule hinter sich haben. Sie hat Angst.

Ein Tag zuvor. An einem Tag berichten gleich mehrere Leute am Telefon und in Mails, dass sie in freiwilliger Quarantäne sind, weil jemand aus der Familie Kontakt zu Menschen hatte, die als Corona-positiv getestet wurden. Sie haben Angst.

Was bleibt von all den Eindrücken der letzten Wochen und vor allem Tage?

Für viele ist Corona nun greifbar, nahe, direkt im Bekanntenkreis angekommen, wenn auch glücklicherweise meistens nur als Verdacht, Sicherheit und Warten auf den Befund. Was ist noch auffallend? Die Maske wird zum Symbol für Unterdrückung und Widerstand gegen Willkür von oben, für Erstickungsgefühl, rigiden Umgang, Zwang. Die Maske muss alles aufnehmen, was wir auf sie projizieren. Der Unmut macht sich an der Maske fest.

Die Maske ist nicht der Feind. Der Feind ist die Angst. Die Angst vor einer Infektion oder davor, Überträger einer Infektion zu sein. Die Angst vor dem, was kommt und was nicht in unserer Macht steht.

Was ist zu tun? Genau das, was schon seit Februar das Richtige war. Ruhig bleiben. Zurückhaltung ist angesagt, aber keine Angst. Fürsorge für die eigene Gesundheit ist wichtig. Gut essen, gut schlafen, frische Luft, keine Massen und einen frohen Sinn pflegen. Achtsam aufeinander sein, aber nicht im Bespitzelungsmodus, nicht im misstrauisch-paranoiden Beäugen des Mitmenschen, ob der jetzt niest und garantiert zu den Verschwörungstheoretikern gehört. Hören wir auf der Stelle auf mit diesen Dingen und erinnern uns an das, was man mal gesunden Menschenverstand genannt hat. Der Tonfall macht die Musik und der ist teilweise unangemessen. Es ist vollkommen in Ordnung, dass in einer Demokratie Menschen sehr viele Meinungen haben. Es geht um einen vernünftigen Austausch, keine Lagerbildung. Lager spalten Nationen und am Ende siegen dann die „Starken“, die „für Ordnung“ sorgen. Schauen wir in die Geschichte, ob das stets ein guter Weg war.

Solange wir gegen Viren nur ein gutes Immunsystem und mentale Power setzen können, müssen wir Menschen schützen, die das nicht haben und dafür gut sorgen können wegen Alter, Krankheit, Behinderung oder aus Geldmangel.

Ich brauche bitte hier keine Maskendiskussion, denn die Maske wird für einen Kampf als Symbol missbraucht, der Kräfte zieht, die wir für Wichtigeres benötigen. Wenn wir nicht schleunigst alle miteinander zu einer gewissen Vernunft und liebevollen Freundlichkeit kommen, war alles, was seit Februar geschehen ist, reichlich für die Katz, oder?

Bitte keine Megacoronadiskussion, keine Theorien oder Sonstiges unten aufschreiben, das haben wir zur Genüge im Netz, dem möchte ich keinen weiteren Thread hinzufügen. Worum es geht:  Ich bitte um Ruhe, Mitgefühl, Verantwortung übernehmen, klaren Menschenverstand und ein Ende von Lügen und Verleumdungen, Verunglimpfungen und Egozentrik auf ALLEN Ebenen. Fangen wir bei uns selbst an. Was jeder bei sich zuhause tut, liegt ganz in seinem Ermessen. Wo wir auf andere Menschen treffen, sollten wir achtsam sein mit uns und den anderen.

Wir verschieben die Rettung des Planeten auf eine Mass(k)enhysterie. Frage: Wem nutzt das? Wo schafft das Frieden, Vertrauen und Mitmenschlichkeit, Sicherung der Lebensgrundlagen des Planeten und ein weltweit gutes Miteinander?

Bleiben wir hoffentlich alle gesund und unsere Lieben auch. Egal welche Krankheit – keine ist gut. Allen ist beste Gesundheit zu wünschen. Dann kann man auch gut miteinander umgehen und Lösungen für alle Fragen finden.

 

Danke an Sigrid für das Foto, das uns zeigt, dass Menschen zu allen Zeiten massiven Gefahren ausgeliefert waren wie die Hochwassermarken an einem Haus in Wertheim belegen.

Geduld haben

„… ich möchte Sie bitten, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben … Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben können. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antworten hinein …“

            Rilke. Briefe an einen jungen Dichter.

Hagebutten zieren den Türkranz.

Zwischen den Welten

Zwischen Tag und Traum liegt die Abenddämmerung. An manchen Orten auf der Welt ist der Übergang zwischen Tag und Nacht kurz. Als Kind liebte ich diese magische Stunde. Es gibt ein Märchen von Astrid Lindgren: „Im Land der Dämmerung“, das liebte ich sehr und dachte jeden Abend, wenn meine Lieblingszeit kam, daran. Herr Lilienstengel kommt in diesem Märchen vor, der den kleinen Göran besucht, der mit einem kranken Bein im Bett liegt. Herr Lilienstengel taucht auf, als Göran mitbekommt, wie seine Eltern darüber sprechen, dass er nie wieder wird laufen können. In diesem Moment tiefster Traurigkeit erscheint Herr Lilienstengel und nimmt Göran mit ins Land der Dämmerung. Nur Göran kann den kleinen Herrn sehen und mit ihm über Stockholm fliegen.

Astrid Lindgrens Märchen gehören zu meinem Herzensschatz. Viele davon sind traurig, schwer, spielen im Armenhaus und sind durchdrungen von tiefster Menschenliebe. Wenn die Dämmerung kam, saß ich stets im Dunkeln und wünschte mir, nur einmal Herrn Lilienstengel zu begegnen, doch ich hatte kein krankes Bein. Ich vermutete lange Zeit, dass Herr Lilienstengel nur zu Kindern mit kranken Beinen kommen darf. Damals lebte ich die Kraft der Phantasie, nie wäre mir in den Sinn gekommen, dass Geschichten in Büchern nicht wahr sein könnten. Sie waren alle wahr! Ich lernte auf eine wundersame und stille Art und Weise wertzuschätzen, dass wir auch aus schrecklichen Situationen heraus auf den Flügeln der Phantasie in Länder reisen können, in denen wir fliegen, Busse steuern oder Bonbons von Bäumen ernten können. In denen aus einer Nuss ein Ballkleid herauskommt. Eine Hexe in den Ofen gestoßen werden kann, wenn es an der Zeit ist und ein totes Pferd namens Fallada sprechen kann und so der armen Gänsemagd zum Prinzessinenrecht verhelfen kann durch die Kraft der Liebe.

Wie oft denke ich an diese Welten zurück und weiß – eine bessere Nahrung hätte ich als Kind nicht bekommen können. Die Grimmschen Hausmärchen haben eine uralte tiefe Weisheitskraft. Kunstmärchen kommen nicht in diese Tiefe, aber können auch viel Kraft geben im späteren Leben. Die alte Sprache macht viel aus. Wie gespannt war ich, wenn ich den ersten Satz las: „In alten Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat“ und wie atmete ich auf, wenn ich angekommen war bei: „Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.“

Ich liebe das Land der Dämmerung. Am liebsten ohne Licht, Hektik und Chaos. Am allerliebsten mit der ersten Tasse Abendtee in der Hand. Bereit für eine Ausschnaufzeit, ehe das Abendprogramm beginnt, oft noch mit Terminen in der Praxis, mit Gruppen oder Kursen, Vorbereitungen, Haushalt. Dieser Zäsuraugenblick im Tag ermöglicht es mir, Herrn Lilienstengel einen Gruß zu senden und zu fliegen.

Vielleicht magst du heute herausfinden, welche Qualitäten für dich das Abend- und das Morgenrot, der Übergang von Nacht zu Tag und Tag zu Nacht für dich hat. Früher glaubte man, dass in diesen magischen Momenten die Schleier zwischen den Welten licht und durchlässig sind. Sonst könnte Herr Lilienstengel auch nicht mehr nach Hause. Heute weiß ich, dass sie das sind. Habe eine wunderbare Dämmerstunde voller Zauber, Magie und dem leisem Wispern in den Ecken, wenn die Hausgeister anfangen, sich Geschichten zur Nacht zuzuflüstern.

Steffi hat diese wunderbare Waldstimmung eingefangen, die eine andere Qualität als die Dämmerung mitbringt. Ist das nicht großartig, welche Choreographien die Natur jeden Tag in den Kosmos schreibt?

Abendstimmung

Abend

Der Abend wechselt langsam die Gewänder,

die ihm ein Rand von alten Bäumen hält;

du schaust: und von dir scheiden sich die Länder,

ein himmelfahrendes und eins, das fällt;

und lassen dich, zu keinem ganz gehörend,

nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt,

nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend

wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt –

und lassen dir (unsäglich zu entwirrn)

dein Leben bang und riesenhaft und reifend,

so dass es, bald begrenzt und bald begreifend,

abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.

Rainer Maria Rilke, 1904

Rebekka hat mit ihrem Traumfoto diese Stimmung zauberhaft eingefangen, lieben Dank.

Dieses und jenes zum Wochenbeginn

 

 

 

 

 

 

Sonnenhungrige werden in dieser Woche wieder auf ihre Kosten kommen. Der Sommer verlängert sich um eine weitere Woche. Ich sags mal so: der Winter naht trotzdem. Was die tolle Folge ist: Die Zahl der Erkältungen steigt, denn frühs und abends ist es kühl und mittags über 30 Grad. Ich sehe viele am Morgen schon mit kurzen Hosen, das ist einfach zu frisch zu dieser Tageszeit. Zwiebellook wäre hilfreich.

Ich glaube, im Coronajahr sollte die Prophylaxe ein bisschen sorgsamer verlaufen. Der Eisenhut (Aconitum), den Katja fotografiert hat, ist in der anthroposophischen Medizin eine wichtige Pflanze in der Behandlung grippaler Infekte. Der Kneippsche Gesichtsguss ist eine gute Immunstärkung ab sofort – einfach mit einem Schlauch mit kühlem Wasser am Morgen das Gesicht abduschen, erst einmal rund herum, dann die Stirnfalten streicheln und danach im Zickzack von oben nach unten einmal quer übers Gesicht und mit einer Runde außenrum abschließen. Ansonsten ist ausreichend Schlaf zusammen mit guter Ernährung hilfreich, um gut geschützt zu sein.

Das Wochenende war spannend. Am Freitag ist ein toller neuer Ausbildungskurs gestartet für die angehenden Heilpraktiker für Psychotherapie. Wir werden eine schöne Reise mit viiiiel Lernstoff gemeinsam erleben. Ende Oktober beginnt die zweijährige Cardea-Therapeutenausbildung, am 1. November der Kurs über „Gelebte Werte – Gesprächstherapie nach Carl Rogers“, der für angehende Therapeuten hilfreich ist, zudem auch für Menschen, die sich und andere gut führen möchten als tiefe und intensive Selbsterfahrung. Es gibt für beide Kurse noch zwei freie Plätze.

Vielleicht sollten wir uns im Herbst und Winter intensiver mit alten Heilmethoden befassen. Dazu gehören Wickel und Auflagen, die sehr tiefgreifend wirken. Wir wickeln uns einmal um den Körper am 18. Oktober von 9 bis 16 Uhr, der Kurs ist offen für alle Interessierten, gern anmelden! Wir werden uns die Techniken anschauen und was die einzelnen Wickel bewirken können. Es wird mehr und mehr darauf ankommen, dass wir uns gut selbst helfen können. Wir sprechen auch darüber, welche Tees für die Wickel geeignet sind, was Salben- und Ölauflagen sind, wann man was anwenden kann und was dagegen sprechen könnte. Ich freue mich auf den Wickelkurs, ebenso auf den Tag zu Aromapflege und Rauhnächte/Räuchern am 14. 11.

Bald startet die GlücksWERKstatt wieder (am 5. 10.), ebenso die Würdekompassgruppe (28. September). Bitte für diese Termine anmelden! Wir freuen uns auf euch!

Gesundheit beginnt im Kopf. Unsere innere Einstellung entscheidet, ob unser Immunsystem gut aufgestellt ist oder nicht. Darauf haben wir direkt Einfluss! Nutzen wir unsere Chance und stärken uns – körperlich und mental. Wir werden es für den Herbst brauchen. Nicht nur das Wetter wird rauer, auch der Tonfall nimmt derzeit leider wieder rasant zu und die Zahl der Menschen, die sehr verzweifelt sind durch vieles, was 2020 geschehen ist. Gemeinsam schaffen wir das, bitte nicht aus dem Vertrauen fallen.

Danke an Katja für das Foto des Eisenhutes!

Mit Freude geben

Es gibt Menschen, die mit Freude geben, und diese Freude ist ihr Lohn. […] Sie geben, wie im Tal dort drüben die Myrte ihren Duft verströmt. Durch die Hände solcher Menschen spricht Gott zu uns und durch ihre Augen lächelt er auf die Welt.

Khalil Gibran

Eine kleine Myrthe erfreut mich jeden Tag.

Mahl-Zeit!

Essen hält Leib und Seele zusammen, sagt der Volksmund. Es ist nicht nur notwendig, sondern eine der Grundlagen der Gemeinschaft, wenn man miteinander „das Brot bricht“. Das haben wir negativ bemerkt in diesem Jahr, finde ich. Wobei ich nicht diese Gelage meine, die mit mehrgängigen Leidensrunden den Teilnehmenden in eine allergische Fressnarkose schicken, aus dem er nur mit mehreren Espressi wieder weckbar ist. Sondern die Tatsache eines gemeinsamen Essens an sich, bei dem man sich austauscht, schwätzt, tiefsinnig wird und albern, am besten alles!

Mahlzeit sagen wir oft automatisch, wenn wir uns in der Mittagspause irgendwo begegnen. Und vergessen oft genug den Sinn des Wortes: es handelt sich um eine Zeit für das Mahl. Was bedeutet: Ich esse nix im Rumrennen aus einer Tüte, am schlimmsten noch mit einem Pappbecher des unsäglich obligatorischen Coffee to go in allen Süßungsverianten in der anderen Hand und dem unerträglichen Dauertaschenkobold am Ohr. Ich esse nicht zwischen Tür und Angel, sondern decke meinen Tisch. Das geht auch bei der Arbeit in der Mittagspause, ein Platzdeckchen passt in jeden Schreibtisch und ich muss dann nix aus Pappboxen essen. Ich sitze, danke und esse bewusst. Ich darf mir dabei ruhig Gedanken machen, wo das, was da vor mir liegt, herkommt. Im Idealfall aus dem Garten oder der Region. Du bist, was du isst. Wer super fahren will, kann keinen Fusel tanken, so einfach ist das. Mit meiner Kaufentscheidung entscheide ich über Bienen, Austrocknung, Flugkilometer und vieles andere mehr. Entscheide also klug. Jeder Tropfen zählt für das Meer.

Mahlzeiten machen mit anderen am meisten Freude. Kommunion im besten Sinne. Deshalb sollten wir, wo immer das machbar ist, mit anderen gemeinsam essen. Wenn jemand alleine lebt, ist das kein Argument. Tausenden anderen Menschen geht es ähnlich. Wie wäre es mit einem Zettel im Supermarkt um die Ecke: „Gemeinsam kochen und essen – wer hat Lust?“ und dann geht es los. Zusammen schnippeln, schmurgeln, decken, genießen macht mehr Freude. In großen Städten mit Mietskasernen war eine Zeitlang das Treppentreffen angesagt – Menschen buken Kuchen, andere kochten Tee, Kaffee und Kakao und dann ging es treppauf, treppab, jeder schwätzte mit jedem. Das geht auch mit 1,50 Meter Treppenabsatzabstand. Wenn man miteinander gegessen und getrunken hat, hat man ein anderes Verhältnis zu Menschen als in anonymen Wohnsilos, oder? Man kennt sich und mit einem Schlag ist das Thema Einsamkeit vorbei. Menschen begegnen sich, aus Essenden werden Babysitter, Betreuer, Freunde, Hundeausführer, was immer. Was kannst du und was kann ich und wer braucht davon was? Jeder hilft jedem. Gemeinschaft entsteht am Esstisch.

Traut euch. Kocht miteinander. Bereichert euren Speisezettel. Bedenken wir bitte – Lebensqualität ist der beste Immunboost für uns. Freude, Gemeinschaft und reger Austausch von Inhalten (nicht Viren) stärken uns seelisch und damit auch körperlich. Freude regt die Ausschüttung von glücklich machenden Neurotransmittern an. So viel Bananen kann ich alleine trist gar nicht in mich reinstopfen, dass ich eine gute Wirkung bemerkte. Aber gemeinsam mit anderen essen und trinken stärkt und nährt Körper, Seele und – je nach Gesprächsinhalten – übrigens nicht selten auch den Geist. Und damit meine ich nicht die Volumenprozente.

Allen freudige Mahl-Zeiten in Ruhe, von schönem Geschirr, mit feinen Gläsern, Servietten und Blumen auf dem Tisch. Warum? Weil du es dir wert bist, darum.

Ein wunderbares Wochenende allen.

 

Dinner for one.

Suizid-Vorbeugung beginnt in der Wiege

Am 10. September ist der Suizid-Präventionstag. Rund 10.000 Menschen in Deutschland sterben jährlich durch Suizid, die Zahl der Versuche, sich das Leben zu nehmen, liegen sehr deutlich darüber.

Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen an einen Punkt im Leben gelangen, an dem sie keine Kraft mehr empfinden, ihr Leben fortzusetzen und der Suizid als einziger Ausweg scheint. Grundsätzlich gilt: Ich kann meinen Körper töten. Seele und Geist nicht. Das ist das Eine. Das Andere ist: Mit jedem Problem wird mindestens eine Lösung geboren.

Es ist vollkommen in Ordnung, dass man sich so verstricken kann in Sorgen, Nöte und Ängste, dass man keinerlei Ausweg mehr sieht. Es ist vollkommen in Ordnung, dann die Verantwortung für das eigene Leben in die Hände von Ärzten und Therapeuten zu geben, bis man sie wieder selbst er- und tragen kann.

Worauf ich das Augenmerk richten möchte, ist der Aspekt der Prävention. Ein Suizid ist meistens das Ende einer unglaublich langen Geschichte. Die Vorbeugung beginnt im Kindesalter. Es ist die Aufgabe der Erziehung, dass wir den Kindern beibringen, dass manche Dinge schwierig sind, wir an Herausforderungen wachsen dürfen. Dass man nicht alles gleich bekommt, sondern warten können muss. Dass man eine große Aufgabe angeht wie Beppo Straßenkehrer – Stück für Stück, und nicht in Schockstarre vor der Größe der Herausforderung verzweifelt. Es ist Aufgabe der Erziehung, Menschen beizubringen, dass Negatives zum Leben gehört. Dass Menschen krank werden, sterben, Unfälle passieren und sonstige grauenvolle Dinge, die alles verändern können, dass das zum Schicksal gehören kann. Es ist Aufgabe der Erziehung, den Kindern ein gerüttelt Maß an Frustrationstoleranz beizubringen und ihnen nicht alle Lösungen der Lebensfragen auf dem Silbertablett anbietet. Man muss früh lernen, sich für etwas zu engagieren und dass das Leben eine Leihgabe ist, die wir mit Würde tragen.

Es ist Aufgabe der Pädagogik, aufzuhören, am Heftrand mit roter Tinte „f“ für falsch hinzuschreiben, denn wir Menschen lernen von der 1. Klasse an, dass wir Fehler vermeiden müssen. Wenn wir Fehler machen, sind wir mangelhaft bis ungenügend. Es ist Aufgabe der Pädagogik, die Kultur des Scheiterns zu üben. Dass Scheitern zum Erfolg gehört wie Blatt zu Baum müsste klar werden, ist es aber nicht. Es ist Aufgabe der Pädagogik und der Erziehung, Wertschätzung in das Kinderherz zu pflanzen, das Leben als hohen Wert einzustufen, zu üben, wie man freundlich und nachsichtig mit sich und anderen umgeht.

Es gehört zu den Aufgaben der ersten Lebensjahre, die Grundlage fürs Lieben zu lernen, ein Hauptgrund für Suizidalität, das Gefühl des Ungeliebtseins oder niemanden lieben Könnens und Dürfens. Wer von klein auf geliebt ist und lieben darf, geht aufrechter durchs Leben. Wer an Vorbildern entlangranken darf, lernt, dass auch Helden Macken haben. Wer sich im Scheitern übt, begreift, dass wir durch das Überwinden von Hindernissen die besten Seelenmuckis holen. Wer lösungsorientiert aufwächst, versteht, dass das Beweinen einer niemals so dagewesenen goldenden Vergangenheit nicht weiterbringt.

Es ist Stärke, Schwäche zuzugeben und sich Hilfe zu holen. Es ist souverän, sagen zu können, dass man gerade keinerlei Plan mehr hat und total verwirrt ist. Es ist menschlich, zu versagen. Es ist unmenschlich, wenn wir schon Kindern eine andere Welt vorspielen. Eine, in der etwas zu funktionieren hat. In der wir immer alle schneller, höher, weiter gehen. Eine, in der Scheitern ein Fehler und traurige Gefühle schädlich sind. Eine, in der alle supergut drauf, Leistungsträger und Lichtgestalten sind und man selbst ein kleiner Wicht im Vergleich. Das Vergleichen muss eliminiert werden.

Es gibt nur eine Vorbeugung und die bedeutet: erkennen wir, dass wir suchende, irrende Wesen sind. Dass wir von klein auf liebenswert sind aus dem einfachen Grund, weil wir existieren. Dass das Leben eine megakrasse Sache sein kann. Dass Menschwerdung ein Riesending ist und man immer wieder die dunklen Momente haben wird und das auch darf, in denen sich nichts bewegt. Da brauchen wir die offenen Herzen und Ohren, die Hände, die sich dem Gebeugten entgegenstrecken. Stets ist die Zukunft da, bereit, neu zu beginnen. Es ist unsere Aufgabe, uns das immer wieder selbst bewusst zu machen und dafür zu sorgen, dass auch die Menschen um uns herum sich trauen, Laut zu geben, wenn sie diese Zukunftshand nicht mehr wahrnehmen.

Das Leben ist eine kostbare Angelegenheit. Wir dürfen es zu unserem machen. Der Weg entsteht, indem wir ihn gehen. Mal schnell, mal langsam, mal drei Schritte vor und fünf zurück, weil es eben so ist. Aber nicht in der Verzweiflung verharren, die uns keine Wahl mehr zu lassen scheint. Nicht, solange wir aus viel mehr bestehen als nur einem Körper.

Lernen wir, ehrlich zu uns und anderen zu sein. Lernen wir auszusprechen, wenn wir nicht mehr weiter wissen oder können. Andere haben vielleicht auch keine Lösung, aber sie sind da für uns, wenn das Dunkel uns überkommt. Das reicht. Bitten wir um Hilfe und nehmen wir sie an. Wer weiß, was das Leben noch in seiner Wundertüte für uns bereithält.

Allen einen liebevollen Venustag. Achten wir gut aufeinander und schauen wir hin statt weg. Allein das kann manches Leben retten.

 

Dieses wunderbare Blumenfoto hat Manuela gemacht.

Mit Hausmitteln helfen können

Karl Meyer bezeichnet den Herbst als Zeit der Reife. Vieles darf jetzt reifen. Wir fahren so manche Ernte ein, damit die Scheunen voll sind für den Winter. Das bezieht sich nicht nur auf die Früchte aus Feld, Wald und Flur, sondern auch auf das, was man sich so im Lauf eines Jahres erarbeitet.

Hoffen wir, dass die Schulkinder wieder regelmäßig Unterricht haben und alle soweit gesund bleiben, denn normalerweise haben wir Ende September die erste Rotznasenzeit, wenn alle dann ihren ersten grippalen Infekt der Wintersaison erwischen. Mal sehen, wie das wird, denn die normalen Rhinoviren sind nicht dank unserer neuen Desinfektionsmittelusancen ausgerottet.

Deshalb erstmal rein mit allen Beeren, die jetzt reifen, jede einzelne ein Vitaminpillchen, das unserem Immunsystem Stärke verleiht. Her mit den Äpfeln und allem, was wir jetzt ernten können. Der Feldsalat streckt seine Spitzen ans Licht und wartet auf das Wasser, das wir heute mal wieder mit dem Schlauch verpassen müssen, weil es nach wie vor nicht regnet.

Heute sagte mir im Parkhaus eine Frau: „Sind Sie auch froh, wenn das Jahr rum ist?“ Für einen sonnigen Septembertag eine Frage, die wäre vermutlich in den Vorjahren nie gestellt worden. Ich weiß es nicht. Ich bin da so aufgestellt: Lassen wir es erstmal rumgehen. Und wie froh wir dann sind, sehen wir am 31. 12.

Da wende ich mich lieber wunderbaren Dingen zu. Das bedeutet neben der Praxisarbeit heute, dass ich Skripten für Kurse ausdrucke. Hurra, der neue Drucker ist fix und druckt fein.

Ich freue mich, dass sich gleich einige liebe Leute für den Räucher-/Aromapflegetag angemeldet haben. Unterschätzen wir die Kraft der Wickel und Auflagen nicht. Wer weiß, wie Herbst und Winter werden. Mit diesen uralten Hilfsmethoden erreichen wir unglaublich viel. So ein Jahr wie dieses lehrt uns sehr wohl, dass sie alten überlieferten Methoden der Erfahrungsmedizin nicht zu verachten sind. Die Kombination aus Hightech und Bienenwachsauflage ist durchaus interessant. Nicht immer ist Hilfe zur Hand, wohl dem, der einen gut gefüllten Wissensschatz hat, wie man sich im Notfall auch selbst helfen kann und das ganz einfach, denn Zwiebeln, Zitronen und ein paar andere Grundzutaten wie Quark etc. hat jeder daheim und kann flugs daraus etwas Linderung bei vielen Problemen schaffen. Gewusst wie, wie immer.

Allen einen freundlichen weisheitsvollen Jupiteratag mit der Kraft der Mäßigung, aber auch der stillen Freude.

Die Herbstzeitlosen hat Christoph im Bild festgehalten. Danke!

Zeit der Reife

An den Herbst

O Herbst, du Zeit der Reife,

Wenn ich das Land durchstreife,

Auf dem im Sonnenschimmer

Dein sanfter Segen ruht,

Wie träumt‘ ich mich für immer

So mild, so froh, so gut!

Karl Meyer, 1786 – 1870

Kürbisse am Goetheanum reifen der Ernte entgegen.

Die beste Therapie!

Der Blick in die Natur, befand Beethoven, beruhigt unser Gemüt in Bezug auf unsere to-do-Listen. Dem kann ich gut folgen. Ich halte Dr. Wald und Dr. Garten für die besten Therapeuten gegen jede Unbill im Leben. Wer in und mit der Natur lebt, hat jede Medizin um sich. Unsere Lebensweise verhindert recht erfolgreich, dass wir mit den Jahreszeiten leben. Wäre da nicht die Helligkeit oder besser gesagt die Tatsache, dass die meisten von uns nun wieder im Dunkeln aufstehen und es abends immer früher dunkel wird, würden wir vielleicht nicht zu viel bemerken, Klimaanlagen und ähnlichem Technikschnickschnack sei Dank.

Wer regelmäßig im Wald oder in seinem Garten unterwegs ist, hat viele Gelegenheiten, sich mit den Rhythmen der Natur zu befassen und in ihnen zu schwingen. In der Waldorfschule gibt es die Jahreszeitentische. Das sind kleine Eckchen oder Ständer, deren Dekoration eng mit der Jahreszeit zusammenhängt. Jetzt sind es vielleicht schon die Zierkürbisse oder die Lampionblumen, die bereits in vollen Rottönen leuchten, bald kommen die Kastanien dazu, die Nüsse, duftet eine pralle Quitte, liegt dort wie zufällig ein kleiner gebastelter Drache, wenn die Herbstwinde anheben.

Für mich bedeutet der Jahreskreis die Taktung durch die Festzeiten wie die Sonnwenden, Frühjahrs- und Herbstäquinox (Tag- und Nacht-Gleiche), dazwischen Maria Lichtmess, 1. Mai, Schnitterfest, Michaeli, Allerheiligen/Allerseelen mit ihren uralten Ritualen und Geheimnissen. Ich erlebe den Jahreskreis intensiv und bewusst und bin dankbar für die Erinnerung durch meinen Garten, dass wir stetig im Jahreslauf voranschreiten.

Ein Eimer herrlicher Zwetschgen fand am Wochenende den Weg zu mir, zudem Äpfel, alte Sorten mit Geschmack, den unser heutiger Einheitszuchtbrei nicht schaffen kann. Zwetschenkompott ist eingemacht, im Winter ist jedes Glas ein Spätsommergruß. Der Dörrautomat surrt rund um die Uhr und beschert uns Apfelringe. Daraus lässt sich vieles machen. Von Apfeltee über Müslizutat bis feine Knabberei zwischendurch. Das alles macht sehr viel Arbeit, das stimmt. Eine gefüllte Speisekammer erfreut mein Herz, weil ich weiß, dass die Mühen des Sommers und Herbstes belohnt werden. Einfach ein Glas aufmachen und genießen. Etwas, das direkt vor dem Fenster oder bei lieben Freunden gewachsen ist, verspeisen. Sich an die Stunden des Gießens, Jätens erinnern. Wenn eine Saftflasche geöffnet wird, wissen wir, wie heiß es war, als wir kurz vor Mitternacht Berge von Johannisbeeren abzupften fürs Entsaften. Dass die Brombeerernte ein Kampf gegen Stacheln und Wespen war, auch die Stachelbeere hat sich gut gewehrt, während der Holunder geizig war. Das sind Momente, in denen etwas von dem spürbar wird, was man unter „eigener Scholle“ versteht.

Wir sehnen uns alle nach Verbundenheit. Dass Verbundenheit bedeutet, sich auf etwas oder jemanden einzulassen, die Bereitschaft, den oder das Andere, vielleicht sehr Fremde, in sein eigenes Leben einzuladen, die Komfortzone zu verlassen, ist uns oft zu viel Arbeit. „Man ist zeitlebens für das verantwortlich, was man sich vertraut gemacht hat“, belehrt der Fuchs den kleinen Prinzen. Wenn ich Verbundenheit erleben will, ist meine Aufgabe im Sinne von Saint-Exupéry, dass ich mich auf den Prozess des Zähmens einlasse, Verantwortung übernehme und damit belohnt werde, dass mich das Blond eines Menschen an ein Weizenfeld erinnert, über das die Sonne ihre Strahlen schickt.

Womit bist du verbunden? Welche Ernte wirst du in diesem Jahr einfahren können, sei sie ganz real im Glas, in Flaschen, im Tiefkühlfach, sei es im übertragenen Sinn? Worauf soll die Sonne noch einmal scheinen, damit die Trauben reifen?

Allen einen belebten Merkurtag.

Steffi schickte dieses wunderbare Foto unserer Natur. Danke.

Öffne die Herzenstüren!

Die Kraft der Sonne im Herzen tragen: das könnte für die nächsten Wochen eine feine Übung werden, damit in der Seele die Wärme der Welt wirken kann. Wärme und Sonne sind Lebenselixiere für uns Menschen. Wenn die Tage kürzer werden, braucht es Speicherpotential für Licht und Wärme. Damit ist die reale Sonne gemeint, aber auch das, was wir mit innerer Sonne meinen. Ein tiefes Verständnis für unsere Mitmenschen, ein Mitgefühl, kein Mit-Leid. Wenn wir im Menschen die Not, aber auch die Schönheit erkennen, wird es warm. Wenn der andere sein darf, wer und was er ist und wir nicht das Bedürfnis spüren, ihn permanent verändern zu wollen, damit er in unser Weltbild passt, entsteht Raum, der mit Licht und Wärme gefüllt ist.

Wir erleben ein zutiefst menschliches Gefühl von Verbundenheit, wenn wir auf Menschen treffen, die uns so nehmen, wie wir sind. Bei denen wir authentisch sein dürfen, uns nicht verbiegen müssen, die klarkommen damit, dass nicht alle unserer Eigenheiten immer gut erträglich sind. Sie wollen uns nicht verändern, sondern sind bereit, ihre Herzenstüren weiter aufzumachen, damit unsere Sperrigkeit auch mit reinkommt. Das sind Wachstumsgaranten, solche Menschen sind Leuchttürme auf unserem Lebensweg.

Der Steinertext regt dazu an, uns mit der Wärme der Sonne und der Welt zu verbinden und sie wie ein Leuchtfeuer weiterzugeben. Wenn wir uns selbst gewärmt und durchsonnt fühlen, ist es einfacher für uns, das anderen zu ermöglichen.

Wer durchwärmt, durchsonnt dein Leben und lässt dich so, wie du bist? Wo kannst du selbst so für andere Menschen sein? Herzliche Einladung, die Herzensräume weit zu öffnen und mit Licht, Sonne, Wärme und Liebe zu fluten!

 

Allen einen kraftvollen Marstag. Die Energie des Tages kann dabei helfen, alte, rostige Tore zu öffnen, den Staub von Jahrzehnten zu entsorgen und Licht und Sonnenschein als Geschenke anzunehmen.

 

Sigrid war im Wald unterwegs. Wenn man das Foto lange betrachtet, wird es lebendig. Dann hörst du das Wasser plätschern, vernimmst den Wind, wie er leise durch die nun trocken werdenden Blätter streicht und erlebst das Farbspiel aus Sonnenstrahlen, Wassertropfen und verschiedenen Grüntönen. Danke für dieses Erlebnisfoto, Sigrid!