Monthly Archives: März 2020

Mittwochs-Nachdenk-Input

Die Tage eilen, im Garten entwickelt sich das Beikraut prachtvoll. Dazwischen Hyazinthen, Osterglocken, Narzissen, Tulpen und Schlotfeger, unter einem bleigrauen Himmel liegend.

Der Newsletter hat ein spannendes Feedback ausgelöst, wir danken euch für alle Kommentare dazu. Backblech Nr. 3 und 4 mit unserem berühmten Knäckebrot nach Gudruns Rezept backt grad fein im Ofen, mit schwarzem Sesam bestreut, reine Nervennahrung. Blech 5 und 6 folgen, dann dürften wir für einige Zeit gerüstet sein. Ich liebe dieses Knäckebrot, hauchdünn, knusprig, nur Saaten, Haferflocken, Wasser und Salz. Da brauchst du nix dazu, einen Apfel und eine Tasse guten Tee, die Welt ist schön mit diesem Brot. Ich scheine nicht die Einzige zu sein, die in diesen Tagen Brot backt.

Ich staune zwischendurch. Ein Anruf aus München, da sind strenge Sicherheitsvorkehrungen. Eine Mail erreicht mich, dass man jetzt mit selbstgenähter Maske einkaufen soll. Ich kann nicht mal nähen. Okay, eine Anleitung ist dabei, das geht auch ohne Nähmaschine. Ein Anruf aus dem Ruhrpott. Da soll bald alles wieder normal laufen, höre ich, ab 20. April wohl Schule, es geht um den „Exit“ von der Kontaktsperre, die Talsohle sei erreicht.

Selten gab es so viele Meinungen, Kommentare und Verwirrung wie gerade. Die Informationslage ist undurchsichtig, Spekulationen greifen Raum. Ich denke, dem sollten wir nicht folgen. „Die Sonne bringt es an den Tag“, sagt das Sprichwort. Was wirklich hinter allem steckt, wenn denn außer einem Virus etwas hinter dem Virus stecken sollte, werden wir es erfahren. Die Wahrheit findet immer ihren Weg.

Bleiben wir besonnen. Schützen wir das Leben der Menschen, die alt, schwach, vorbelastet oder klein sind. Auch junge und gesunde Menschen können erkranken, keiner ist sicher. Also waschen wir weiter Hände, halten Abstand und bewahren die innere Ruhe. Vielleicht ist manchem aufgefallen, dass die Glocken dreimal am Tag läuten. Sie erinnern an die Möglichkeit zu einem Gebet miteinander, das ergibt eine gute Energie, so, wie wir schon von Anfang an um 21 Uhr das Halleluja eurythmisch machen. Gute Gedanken können starke Medizin sein, drum halten wir den Raum zwischen den Ohren frei von Negativem. Stellen wir uns mutig allen anfallenden Aufgaben, aber fern von Panik.

Wer den Newsletter haben möchte (er erscheint normalerweise einmal im Monat), kann mich gern kontakten.

Bleibt gesund! Allen einen beweglichen Merkurtag.

Das herrliche Foto stammt von Manuela, ich danke sehr.

Er ist’s!

Er ist’s

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike, 1804 – 1875

 

Danke für den Hinweis, dass ich dieses Jahr noch nicht gemörikt habe. Mea maxima culpa, es war noch nicht so viel Frühling. Wird hiermit traditionell mit diesem Text nachgeholt. Das herrliche Foto hat Stephanie gemacht, unsere  Spezialistin für atemberaubende Farbfotos. Danke dir sehr dafür!

Dienstags-Nachdenk-Input

Als Kind war ich einmal mit meinen Eltern im Karlsruher Zoo. Es gibt ein Foto von mir, auf dem stehe ich begeistert vor Schwarzen Schwänen. Sie haben mich am meisten von allen Tieren fasziniert. Schwarze Schwäne!

Erstaunlich, was der Begriff „Schwarzer Schwan“ eigentlich bedeutet – er beschreibt ein Ereignis, bei dem danach alles anders ist als zuvor, also eine Art Umkrempelsituation. Die aktuelle Lage kann man als schwarzen Schwan bezeichnen.

Wenn alles neu gedacht, überlegt, eingerichtet werden muss, kommt das einer gewaltigen Umbruchlage gleich, Corona sorgt dafür. Am Wochenende habe ich viele Mails bekommen, in denen Menschen berichten, was sie alles geprüft, aussortiert und neu geordnet haben, zu welchen Erkenntnissen sie in der zwangsfreien Zeit gekommen sind. Andere Mails schildern restlose Überlastungsszenarien, Menschen, die nur noch das Nötigste schlafen, im Stehen essen, weil sie so eingespannt mit Hilfe für andere in diesen Tagen sind. Dazwischen wenig.

In einer Schwarzer-Schwan-Situation nicht durchzudrehen, gelingt nur mit einer Haltung – Vertrauen. Vertrauen, dass es auch nach Corona eine Welt geben wird. Dass wir mit neuen Erkenntnissen ausgestattet sein werden, was die Welt, unser Verhältnis dazu und unsere Mitmenschen betrifft. Die meisten sind damit beschäftigt, die Schockstarre der letzten beiden Wochen zu bewältigen und langsam wieder in einen neuen status quo zu kommen, je nachdem, was ihr Berufsfeld mit ihnen macht. Die einen rödeln, die anderen öden, alle versuchen wir, die Tage gut zu überstehen.

Es macht sich eine gewisse Abneigung breit, die neuesten Zahlen wie in der ersten Woche permanent anzuschauen. Das sich Aufhauen über Klopapier und nicht eingehaltene Abstände wird weniger, das rückt jetzt in die Verantwortung der Ordnungskräfte, die sich damit herumschlagen müssen, dass einige Menschen meinen, die festgesetzten Regeln seien nicht für sie gemacht.

Im Moment sind wir leicht überfordert, den perfekten Entwurf für die Zukunft zu gestalten, weil wir nicht wahrhaft wissen können, was die nächsten Wochen erst ergeben werden. Eines ist mit Sicherheit wichtig: Vertrauen. Das Vertrauen dahingehend, dass wir diese Krise überstehen werden. Das Vertrauen, dass wir neu anfangen können. Das Vertrauen, dass wir die Branche, in der wir bislang tätig waren und die es dann eventuell nicht mehr geben wird, wechseln, Neues lernen, neue Ideen umsetzen können. Das Vertrauen, dass die Welt auf einem sehr anderen Niveau leben wird und dass das nicht unbedingt Mangel und Regression bedeuten muss, sondern „anders“. Weniger Konsum ist nur für den schlimm, der Konsum verkauft. Was aber ist wahrhaft wichtig? Konsum oder gelingende Kommunikation? Gestaltung der Welt oder Ausverkauf der letzten Ressourcen?

Ich habe Vertrauen in die Welt und die Menschen. Ich weiß, dass wir als Menschen mit einer begnadeten Anpassungsfähigkeit gesegnet sind und mit allem zurechtkommen, was auf uns zukommt. Ich vertraue darauf, dass wir auch nach Corona etwas behalten von der Achtsamkeit, die wir derzeit sehen. Dass wir in der Lage sein werden, gute Ideen zu kreieren und umzusetzen, wir in dieser Krise lernen, Mut zu haben. Den werden wir brauchen, wenn es „danach wieder wie davor werden soll“, wenn es wieder nur um Konsum, Macht und Ausbeutung gehen soll, in welcher Form auch immer. Bleiben wir im Vertrauen, entwickeln wir Mut und erlauben wir unseren Herzen, kreativ die Zukunft zu träumen. Nutzen wir den Verstand, den Träumen eine stabile umsetzbare Basis zu geben. Machen wir die Herzenstüren auf, damit viele Menschen in die neue Zeit hineinwachsen können ohne Angst.

Allen einen kraftvollen Marstag.

Das zauberhafte Foto hat Steffi gemacht, Danke dafür!

Sonnenlicht

Man kann allgemein sagen: was am Sonnenlicht aufwächst, entwickelt sich gesund, kräftig und vollständig; was in der Dunkelheit wächst, ist und bleibt verkümmert.

Sebastian Kneipp

Frühlingsszenario, festgehalten mit der Kamera von Manuela. Danke!

Montags-Nachdenk-Input

Drei Filmtage liegen hinter uns. Wir sind von 0 auf 100 gesprungen und haben sämtlich Kurstage der nächsten Zeit gefilmt, so dass alle Schülerinnen und Schüler weitermachen können in ihren Ausbildungen. Da wir keine Ahnung davon haben, war das eine gigantische „Dehnung des Geistes“, wie Veit Lindau das so schön sagt. Dehne deinen Geist – jo. Dehne deine Stimmbänder, würde ich es für mich persönlich sagen, denn es sind 20 Stunden Kurszeit, die ich eingesprochen habe.

Jetzt, nach der letzten Klappe, der Aufruf des Coronaradars. Krasse Zahlen in Italien und weiterhin rasant steigende Zahlen bei uns. Bilder aus Berlin, die mich erschreckt haben – Menschenmengen, dicht beieinander, im Sonnenschein.

Wir sehen jedoch vor allem die unglaublichen positiven Dinge, die geschehen sind. Menschen kümmern sich mit einem Mal um ihre Nachbarn. Sie setzen sich für andere Menschen ein. Sie nähen spontan Masken, Kittel, geben alles. Sie tanzen, sie singen und klatschen, um die Moral der Welt zu heben. Sie chanten Mantren, um Liebe auf den Planeten zu senden. Sie pflegen, sie kochen, sie kümmern sich.

Ich freue mich über alle Aktionen, die uns Wissen und Vertrauen zurückgeben – Menschen können sich auf einander verlassen. Sie lassen sich etwas einfallen, um Freude zu bereiten. Sie schenken sich her und sie geben alles. Wie könnten wir da den Glauben an die Menschheit verlieren?

Lasst uns alles, was wir wissen, was wir brauchen, was wir können, in den größten Topf aller Zeiten werfen. Dort braut sich das neue Glück des Planeten zusammen. Eine Welt, in der Menschen verstanden haben, dass die Natur kein Selbstbedienungsladen ist, in der es um Miteinander geht. Wo wir erkennen, dass Indras Netz die Verbindung der Herzen ist, die sowohl Hirn als auch Bauch mit einbeziehen darf. Dass wir auf kluge Köpfe hören, alles prüfen und an einem Strang ziehen werden.

Wenn Corona für etwas gut war, dann für das Aufwachen aller. An jedem Fleck der Welt geht ein Ruck durch die Menschen: JETZT ist die Zeit, die neue Welt zu gestalten. Mit Verstand. Mit dem optimalen Wissen, mit der genialen Verbindung von Wissenschaft und Herzensmenschen. Mit viel mehr Selbstverantwortung und -beteiligung. Mit Liebe zum Boden, der uns nährt, mit Achtsamkeit für die Bedürfnisse aller, nicht nur unserer eigenen. Mit dem Mut, neue Wege zu gehen. Mit Musik, die uns dabei begleitet und mit offenen Händen, die bereit sind, den anderen zu halten, zu pflegen, anzupacken, wo Aufbau notwendig ist und Mauern in Köpfen einzureißen, die sowas von vor 14 Tagen sind. Sei dabei. Be human.

 

Danke allen, die aufwachen und merken – JETZT ist die Zeit.

Wochenend-Nachdenk-Input

Erstaunliche Dinge. Während Menschen um ihr Leben ringen, werde ich gefragt, ob ich nicht immer alle Kurstage aufzeichnen kann, denn bei dem schönen Wetter ist Grillen angesagt (okay, der Anruf kam nicht aus Bayern, anderswo ist es lockerer). DAS genau ist die Qualität dieser Tage. Eine Welle der Hilfsbereitschaft gegen Alptraumszenarien auf der einen Seite und regressive Verhaltensweisen auf die Zeit vor Corona auf der anderen. Das Spannungsthema derzeit.

Wir haben heute unsere technische Ausrüstung bekommen (das Stativ fehlt nach wie vor, wir filmen also von einer Leiter aus :-), denn nix hält länger als das Provisorium). Ohne Plan und Einweisung ran an die Buletten, damit um 16 Uhr plus x (das Laden der Filme dauert) der Kurs am Start ist. Sowie die Daten online für die Kursteilnehmer sind, stellen wir uns wieder ins Klassenzimmer und filmen den ersten Teil der Wochenendkurse ab. Wir werden vermutlich infolge des extremen Learning by doing besser.

Für mich bedeutet es, in die Leere zu sprechen, was ich schwer finde, ich bin es seit elf Jahren gewohnt, Menschen direkt anzusprechen, auf ihre Fragen sofort einzugehen, mit ihnen in Interaktion zu sein. Respekt für alle, die gute Onlinekurse machen, das ist schwer im leeren Raum.

Am Wochenende werden wir die Theorieblocks der beiden Kurse Cardea und Goldwege aufnehmen. Da kommt uns das Glück entgegen, denn bei Cardea ist es wirklich ein großer Theorietag, weil ein neuer Themenblock startet und die Goldwege sind gut geeignet für das Aufnehmen, weil es kein therapeutisches Üben und Arbeiten ist, sondern Einführung in die Anthroposophie. Corona zwingt uns massiv aus unserer üblichen Arbeitsweise. Wir sagen es so – wer weiß, wozu es geht ist. Wir machen jetzt unsere Anfängerstolperfehler und können nur besser werden. Die Zeiten sind für alle Menschen ungewohnt.

Nebenher versuchen wir kreislauftechnisch klarzukommen zwischen den Minusgraden am Morgen, dem Thermometer, das 23 Grad anzeigt und der Tatsache, dass wir den Wetterumschwung in allen Knochen schon spüren können. Wie mag es erst den Kranken damit gehen!

Schauen wir, wie die nächsten Tage werden. Wir vergraben uns ins Filmen, Schneiden und Vorbereiten und stellen uns innerlich auf die nächste Woche mit ihren unbekannten Herausforderungen ein.

Allen wünschen wir von Herzen Gesundheit und eine gute Wochenendzeit.

Steffi hat dieses großartige Foto gemacht! Dankeschön!

Begrabene Gefühle

Nicht zum Ausdruck gebrachte Gefühle werden niemals sterben. Sie werden lebendig begraben und kommen später auf hässliche Weise hervor.

Sigmund Freud

Das Foto zeigt einen Flipchartanschrieb aus dem heutigen Kurstag für die angehenden Heilpraktiker, den wir gerade aufgenommen haben. So muss kein Kurs entfallen, alle können daheim fein geschützt arbeiten und lernen. Wer auf diese Weise an einem Probeunterricht teilnehmen möchte, kann sich gern an uns wenden.

Freitags-Nachdenk-Input

Anstatt gemütlich mit Kristin Ritschel, der Herausgeberin der Zeitschrift Holunderelfe aus München, zusammenzusitzen und über Gott und die Welt zu reden, wie wir das seit Monaten geplant haben, habe ich meine Artikel für die Sommerausgabe geschrieben.

Etwas ist anders. Entweder gewöhnen sich die Menschen an die Situation oder es verändert sich insgesamt etwas, aber seit gestern habe ich ein anderes Gefühl der Welt gegenüber. Es gab einige Momente, da staunte ich über die zunehmende Zahl hochaggressiver Tonfälle, die auf einer anderen Ebene waren als die vorherige Gier nach Klopapier. Nerven liegen blank. Dagegen hilft nur Bewegung und Durchatmen.

Mein Bedürfnis nach Hasstiraden ist inzwischen gut gedeckt, auch das nach Verschwörungstheorien und anderen seltsamen Dingen, ebenso die vielen Angebote, wie ich die Zeit nach Corona besser schaffe, wenn ich jetzt xy kaufe, stören mich, ich blende sie aus. Im Studium habe ich mich vor vielen Jahrzehnten intensiv mit der Vergangenheit befasst und schon als Jugendliche hatte ich das Glück, bei einem Seminar teilnehmen zu können, in dem es um die Macht der Sprache ging. Kriege haben ihre eigene Sprache und Kriegsgewinnler auch. Diese Töne kann ich inzwischen vernehmen, die alten Muster schlagen zu bei manchen.

Ich lese, wie toll es ist, jetzt frei zu haben. Ich lese auch, dass die häusliche Gewalt massiv zunimmt. Viele haben extrem viel zu tun, andere extrem wenig, beides kann viele Folgen haben. Es nutzt nur den Menschen nichts, das anderen unter die Nase zu reiben. Schauen wir lieber, was wir selbst beitragen können, dass alle gut durch diese Zeit kommen.

Für mich fühlt es sich so an, als ob die Raupe verstanden hätte, dass der Kokon unvermeidlich ist und sie sich nun in den Prozess der Auflösung ergibt im Vertrauen darauf, dass Gutes entstehen mag. Mit dem Bild kann ich gut in den Freitag gehen.

Allen einen guten Venustag.

Donnerstags-Nachdenk-Input

Seltsam. Ein Requiem im Internet, weil man persönlich nicht anwesend sein darf. Der Server des Klosters, in dessen Kirche das Requiem stattfindet und übertragen wird, bricht zusammen, Stunden später kann man das Requiem auf you tube anschauen. Die Kamera filmt von der Empore. Im Gestühl sitzen die Mönche und singen. Ein schlichter Holzsarg steht im Raum. Ein großer Mensch wird verabschiedet, der so vielen Menschen wie ein Leuchtturm im Leben wichtige Richtungen gewiesen hat. Schon als Studenten sind wir ihm begegnet. Regelmäßig haben sich die Wege gekreuzt, obwohl wir nie Schüler waren. Wenn wir tütenbepackt über den Hof gingen, spitzt er gern in die Tüten und kommentierte das Gekaufte. Als wir eine Holzmeditationsbank unterm Arm hatten, meinte er lächelnd „nutzt sie auch gut“. Tun wir.

Gestern in dieser extrem seltsamen Atmosphäre vor dem Bildschirm mit dem Blick in eine vertraute Kirche aus ungewohnter Perspektive habe ich lange darüber nachgedacht, wie wichtig manche Menschen für unser Leben sind. Sie haben uns tief geprägt, unserem Leben entscheidende Wenden gegeben, manchmal unser Leben erst sinnvoll gemacht. Mir zumindest ging es so, dass ich immer dann, wenn es notwendig war, einem Leuchtturm begegnet bin, der mir Türen aufgezeigt hat, die nun zu betreten waren. Diese Menschen waren nie einfach. Sie forderten nichts und zeigten auf, sie waren restlos überzeugt, dass ich die innere Arbeit gut selbst tun kann. An diesen Menschen wächst man. Sie stehen absolut klar im Leben. Sie wanken nicht. Sie sind absolut verlässlich. Ruhig. Besonnen, Wenn sie sprechen, hat es Gewicht. Ein paar meiner Leuchttürme sind schon über die Schwelle gegangen. Einige leben zum Glück noch und stehen weiterhin an Bifurkationspunkten meines Lebens. Nicht, dass sie mir den Weg wiesen, keinesfalls. Sie stehen da und vermitteln mir das Gefühl „du wirst es lösen“ und auch das Wissen „so oder so – du kommst da raus, wo du rauskommen sollst. Geh und lerne.“

In meiner Arbeit mit Menschen in der Heilpraktiker-für-Psychotherapiepraxis SeelenGarten und in unserer Schule LebensRaum versuchen wir, zu stehen. Ruhe und Schutz zu bieten für die Zeit, in der das notwendig ist und jemanden froh ziehen zu lassen, weil wir wissen – er oder sie wird es auf seine Weise genau richtig machen. In diesen Tagen sitze ich jeden Tag mehrere Stunden am kostenfreien Sorgentelefon. Die Sprechstunden sind auch auf Telefon umgestellt. Die Kurse, die online möglich sind, laufen online. Wir dürfen nehmen, wir dürfen geben. So geht der Kreis, wie die Zahnräder auf dem Foto. Sie greifen ineinander, das große Ganze funktioniert nur so. Jeder von uns kann so ein Zahnrad sein, das ein anderes bewegt, aber auch von anderen bewegt und damit berührt werden darf.

Allen einen bewegenden Jupitertag.

Auch dieses Foto hat Ursula gemacht, der ich sehr dankbar bin für ihre tollen Bilder. Ich freue mich stets über schöne Fotos, wie herrlich, wenn so viele Menschen so gute Fotoaugen haben.

Mittwochs-Nachdenk-Input

Die Felsen begrenzen unseren Blick, sie rahmen das Meer ein, verheißen, dass es rechts und links weitergeht, aber sehen können wir es nicht wirklich. Vielleicht alles ein Fake?

So ist es mit unserer Sicht im Leben auf alles. Wir haben IMMER und in jeder Frage eine begrenzte Sicht, denn wir können nur sehen, was innerhalb unserer Möglichkeiten liegt. Diese sind naturgemäß begrenzt. Durch unser Wissen, durch unsere Erfahrung, unsere Zeit, in der wir aufgewachsen sind, alles Mögliche. Wir sehen nie die Welt, wie sie ist, sondern so, wie wir sie zu diesem Moment sehen können. Morgen sind wir schlauer und sehen mehr, so einfach ist das.

Deshalb wäre es angemessen in Zeiten wie diesen, weniger Fachmann sein zu wollen, denn letztlich wissen wir wirklich nichts von den meisten Dingen. Hetztiraden, Hass, Quarantänekollerauswüchse – das bringt keinen weiter.

Bleiben wir ruhig. Diejenigen unter uns, die diese Zeit als Stillstand, Ruhe, Pausenmoment erleben – nutzt diese Pause, denkt nach, sortiert euer Leben neu, fragt euch, wozu euch diese Momente nutzen können. Diejenigen, die durch Kinderbetreuung, Arbeit, was immer Horroralltage erleben – versucht, die Listen abzuarbeiten und wo es möglich und vertretbar ist, Dinge liegen zu lassen. Versuchen wir, andere nicht von unseren Erkenntnissen zu überzeugen, sie können morgen hinfällig sein. Bleiben wir offen, bleiben wir im Herzen wahrnehmungsfähig für Sorgen und Nöte der anderen und für das, was jetzt wirklich not-wendig ist. Alles andere ist Menschen wenig würdig.

Allen einen beweglichen Merkurtag.

Schönheit und Größe

Nach dem Sternenhimmel ist das Größte und Schönste, was Gott erschaffen hat, das Meer.

Adalbert Stifter in einem Brief vom 17. Juli 1858 an Louise von Eichendorf

Das Foto hat Annemarie gemacht, vielen Dank!

Dienstags-Nachdenk-Input

Nun haben wir gesamtdeutsche Ausgangsregeln. Deutschland versucht, so weit es geht daheim zu bleiben, wer das kann.

Wir denken ein wenig weiter als die nächsten Wochen. Was wir gerade tun, ist, die Zahl der wirklich Betroffenen gering zu halten. Was wir gerade vermutlich auch tun – die Menschen infizieren, die sich damit wirklich auskennen, also die Mitarbeiter der Kliniken. Wenn die Zeit der Ausgangsbeschränkungen vorbei ist, treffen alle Menschen wieder aufeinander. Die spannende Frage ist, wie das dann sein wird, denn dass sich das Virus bis dahin freundlich verabschiedet hat, ist unwahrscheinlich. Wie kann eine Rückkehr zu einem Alltag gestaltet werden, ohne dass die Massen, die jetzt geschützt sind, gefährdet werden, wenn sie aufeinander treffen? Das sind Fragen, die die Regierungschefs in enger Zusammenarbeit mit den Ärzten, Pflegenden und Klinikleitungen angehen müssen, zeitnah, wenn der Katastrophenzenit durchschritten ist.

Was uns bewegt, ist die Frage nach dem „ganz danach“, also nach der Erkenntnis, wer und was jetzt wirtschaftlich überlebt hat, wieder aufbauen und anfangen kann. Welche Welt werden wir aufbauen? Können wir dazu beitragen, die Welt der Zukunft neu und besser aufzustellen als vorher? Der Kollaps hat mehr oder minder aufgezeigt, was geschieht, wenn Massen mit Unerwartetem konfrontiert werden: Panik, die sich in unüberlegten Hamsterkäufen zeigt, absolute Egozentrik, bei der Narzissten meinen, sich über Anordnungen, die dem Schutz der Allgemeinheit dienen, hinwegsetzen zu dürfen. Das ist das negative Bild unserer Gesellschaft: die Ellbogenmentalität ist sehr weit verbreitet und Einsicht nicht schnell erreichbar, da braucht es erst die massivsten staatlichen Eingriffe, die das Land bisher nötig hatte.

Das kann einen zweifeln lassen, ob es denn darum geht, sich gut neu aufzustellen oder es vielen recht wäre, wenn der Vorcoronatrott einfach weiterginge, sie weiter ihr Grillvergnügen haben und es ansonsten nur darum geht, das eigene Schaf trocken unterzustellen. Dem stehen so viele engagierte Menschen gegenüber, Bürger, die sich vieles einfallen lassen, um Betroffenen zu helfen, Engpässe zu vermeiden und Menschen, die verstanden haben, dass ihre Haltung vielen Berufsgruppen gegenüber überdacht werden sollte.

Die Denkprozesse sind bei uns noch mitten drin, denn wir sind mit vielem in diesen Tagen beschäftigt. Das reicht vom Überlegen, wie wir unsere Kurse für die Schüler gut online gestalten und die Sprechstunden via Telefon laufen können, wie wir unsere kostenlosen Hilfsangebote wie die zwei Stunden Angsttelefon am Tag optimieren. Unsicherheit, Angst, Verzweiflung, Existenzsorgen treiben viele Menschen um. Davon ist wohl keiner ausgenommen. Aber: es kommt auf jeden Einzelnen an. Jeder ist wichtig für das gesamte System. Deshalb glaube ich, dass wir nach diesem Aufwachschock, ausgelöst durch einen winzigen Virus, gute Chancen haben, die Zukunft neu zu definieren. Dann, wenn das Virus händelbar geworden ist. Wenn die Ausmaße im Positiven (weniger Dreck im Wasser, klarere Luft etc., Erfahrung, dass Gemeinschaft etwas ist, was stärker ist als alles andere und vieles mehr) wie im Negativen (kranke Egozentrik, Rücksichtslosigkeit, Profitgier und „Kriegsgewinnler“-Haltung, aber auch Breakdown kleiner und kleinster Betriebe, Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise etc.) genau angeschaut werden können. Ich bin noch immer für eine breit angelegte Neuausrichtung.

Es war Zeit für den Break, damit wir alles mal neu denken können. Schulen müssen anders aufgestellt werden, stumpfes Lernen macht nicht stark für Herausforderungen wie diese. Das Gesundheitssystem muss neu gedacht werden, ebenso die Bezahlung vieler Berufsgruppen. Wir brauchen einen weiten Horizont, ein großes Herz und einen viel breiteren Blick, eine Neuorientierung an Werten, entlang der Kompassnadel Würde. Wir brauchen den Menschen in seiner menschlichsten Form. Lasst uns gemeinsam nachdenken und neu gestalten.

Allen einen gesunden Dienstag mit der Energie des Mars.