Monthly Archives: Oktober 2019

Langes-Wochenende-Nachdenk-Input

Drei hoffentlich erfreuliche Tage liegen vor mir, einer davon wird von Albert Ellis geprägt sein und seinen berühmten „Muss-Sätzen“. Was muss sein? Wer sagt das? Folge ich dem, was ich für richtig, wichtig und angemessen halte oder dem, was andere von mir erwarten? Tun sie das denn auch wirklich?

Ich bin immer wieder überrascht, wie sehr wir zu wissen glauben, was andere Menschen von uns erwarten oder über uns denken. Vermutlich denken die wenigsten Menschen irgendetwas über mich, sie sind mit ihren Themen befasst. Entscheidend für meine Art zu leben ist, wie ich über mich denke. Das Gegenüber kann dann natürlich ein wunderbares Korrektiv bei Irrungen und Wirrungen sein, denn wie jeder Mensch sitze ich auf meinem Fleck im Leben und sehe die Welt aus meiner Fleckenperspektive, also weder richtig noch vollständig noch sonstwie gültig, es ist eine Idee über etwas, kein Fakt von oder gar ein „so isses“. Wir ersparten uns viel Leid und Streit, wenn wir einfach davon ausgehen würden, dass jeder aus seiner Warte schaut und es uns geht wie den Blinden, die den Elefanten beschreiben sollen. Ein jeder hat seinen Teil sehr wohl korrekt beschrieben, der Elefant aber ist noch mehr als die Summe der Beschreibungen. Wenn wir das mal in Gesprächen und Streitmomenten mitbedenken würden, wäre manches einfacher. Starten wir also gut in diesen November hinein und gönnen uns ein paar Tage des Nachsinnens, ob und was wir sprechen oder ob nicht die alte Weisheit gilt: Si tacuisses, philosophus mansisses auch brauchbar ist.

Allen einen guten Start in den Monat und ein langes Wochenende.

Danke an Theresa für das Foto aus Südafrika!

Vom Müssen

Es gibt drei „muss“, die uns zurück halten: Ich muss erfolgreich sein. Ihr müsst mich gut behandeln. Die Welt muss einfach sein.

Albert Ellis

Danke an Gabi für das erfreulich aufgeräumte Foto!

Donnerstags-Nachdenk-Input

Was für ein Abend am Dienstag in der GlücksWERKstatt. Ausgehend von der Bedeutung von Halloween, dem Allerheiligenabend, wanderten wir durch den keltischen Jahreskreis, die christlichen Feste bis Dreikönig und tauschten uns intensiv aus. Zum Abschluss des Abends lauschten wir dem Vaterunser auf Aramäisch, dessen Übersetzung ein bisschen anders ist als das Gebet, das wir für gewöhnlich damit verbinden.

Die mit dem Übergang in den November verbundene Jahreszeit macht manchen Menschen Angst. Wir werden nicht nur durch die Natur an unsere eigene Vergänglichkeit erinnert. Es muss uns bewusst sein, wie kostbar unsere Lebenszeit ist, dass wir diese Spanne, die wir auf diesem Planeten verbringen, mit Gutem füllen. Doch was ist für uns „gut“? Was bedeuten Wertungen in dieser Hinsicht? Ist Gutes nur gut, wohin mit dem Schatten, erwächst nicht aus dem Dunklen auch das Helle? Tiefe Fragen, die genau den Ton treffen, der nun anklingt im Lied des Jahres. Wir wandern vom Draußen, der Farbenvielfalt, dem Lärm der Welt, in die Stille, die Abgeschiedenheit, suchen das, was man mit Seelenfrieden bezeichnen könnte. Den finden wir eher nicht in dem Run, der die nächsten Wochen die Terminkalender füllt zwischen Weihnachtsmärkten, Geschenkeirrsinn und Feierei. Wesentlich werden, das ist der Plan. Und das bedeutet ein klares Statement zu dem Gerenne und Gejohle im Außen.

Allen einen freudigen Jupitertag, dem letzten Tag im Oktober in diesem Jahr!

Danke an Ursula für das Foto.

Vom Ursprung

Okeanos …, der doch der Ursprung ist und Anfang aller Dinge.

Homer, Ilias, 14. Gesang 246

 

Den fröhlich winkenden Delfin hat Sandra fotografiert. Herzlichst Danke für das Foto!

Mittwochs-Nachdenk-Input

Herr Rossi ist eine Figur des italienischen Trickfilmers Bruno Bozetto. Herr Rossi ist auf der Suche nach dem Glück, viele Folgen lang. Ich glaube, ein Herr Rossi steckt in jedem von uns. Wir haben unseren Alltag mit seinen Herausforderungen, Sorgen, Nöten und so mancher hofft, dass eines Tages das Glück an der Tür klingelt und sagt: „Ich bins, dein Glück! Du hast lange warten müssen und jetzt ist alles fein!“ Dann tritt das riesige große Glück ins Haus und vermutlich ist das dann wie beim Millionenlottogewinn – schnell schwindet alles und am Ende sitzen der Fischer und seine Frau wieder in der Hütte am See.

Das Glück ist nicht groß, nicht laut, nicht mit Textmarker angemalt, damit mans findet, es blinkt nicht, es jault nicht und springt uns nicht aus Ecken an.

Das Glück ist leise, fein und zart. Es tanzt in den Spinnweben, die derzeit die Astern einhüllen. Es spricht aus der Rosenknospe zu uns, es lächelt uns im Bus zu und hält uns die Tür auf, es ist ein Stein, der Herzform hat und über den wir gestolpert sind, es sind goldgelbe Quitten, deren Duft das Haus durchzieht, es singt mit Lachen eines Kindes ebenso mit wie in einer Hand, dir mir gereicht wird, wenn es holprig ist. Das Glück – es möchte entdeckt und wertgeschätzt werden und es ernährt sich von Vertrauen und Dankbarkeit. Es ist kein „Bestellschein vom Universum“ dran am Glück. Ich kann es nicht einfordern oder wünschen. Ich darf es einfach entdecken, oder wie Picasso das mal gesagt hat: „Ich suche nicht, ich finde“. Finden wir das Glück. Machen wir heute unsere Herzaugen auf, wo wir es überall entdecken können. Wem kann ich heute eine Freude machen, wem ein gutes Wort schenken, eine Tasse Tee hinstellen, weils hektisch ist? Was wärmt heute mein Herz, macht mich froh, lässt mich tief und ruhig atmen?

Wer heute gar nichts findet, kann um 19.30 Uhr bei der GlücksWERKstatt vorbeischauen (bitte anmelden). Diese frohe frische Gruppe trifft sich so, wie es für alle passt, einmal im Monat, stellt sich selbst ein Thema und das Glück finden wir im Entdecken spannender Dinge, im gemeinsamen Lachen, Singen, Sprechen. Manchmal malen wir, machen Eurythmie, versuchen uns in Zungenbrechern, legen Blumenmandalas, im November essen wir Apfelcrumble und lauschen Geschichten – die Gruppe sucht sich selbst ihre Themen aus. Wir haben schon miteinander gesungen, unsere Lieblingsgedichte vorgetragen und uns mit unseren Sinnen befasst – was immer, das, was uns alle trägt, ist die wunderbare Gemeinschaft und die herrliche Stimmung, die uns alle erfasst, wenn wir den Abend miteinander verbringen. Dann gehen wir in die Welt und werfen unsere Glückskonfetti, die wir miteinander getauscht haben, in unseren Alltag. Also, ihr Damen und Herren Rossi auf der Suche nach dem Glück – wir finden uns.

Wo bist du heute ein Glücksbringer für jemanden in deinem Alltag?

Allen einen wunderschönen Merkurtag am Mittwoch. Danke an Anne für das Rhönfoto!

Wälder und Rosen

Wohl bin ich ein Wald und eine Nacht dunkler Bäume, doch wer sich vor meinem Dunkel nicht scheut, der findet auch Rosenhänge unter meinen Zypressen.

Friedrich Nietzsche

Danke an Sigrid für den Waldpfad mit der Baumallee

Dienstags-Nachdenk-Input

Steffis Foto könnte mein Winterbildschirmschoner werden, denn in diese Blautöne kann man sich hineinversenken wie in einen warmen, weichen Mantel. Nicht umsonst ist der Mantel der Schutzmantelmadonnen immer tiefblau, diese Farbe verbinden wir mit Schutz, Sicherheit, Geborgenheit. Dem Erzengel Michael wird das Saphirblau als Farbe nachgesagt. Dieser ausgreifende Schimmer des letzten Lichts am Horizont ist zauberhaft. Es verbindet uns mit Himmel und Erde, gibt Hoffnung auf ein neues Morgen und ist ein Auftrag, das Licht bewusst aufzunehmen und durch die Dunkelheit der Nacht zu tragen.

Christian Morgensterns Rehleingebet liebe ich seit so vielen Jahren. Wenn man davon absieht, dass sie leider keine Zehlein falten, die Rehlein, bewegt es mich wie viele aus der Gedichtesammlung von Morgenstern. Irgendwann muss ich euch noch den tollen Fisch angedeihen lassen, der dann gänzlich auf Buchstaben verzichten kann, was stimmig ist, denn Fische sprechen netterweise wenig.

Nachtgebet – früher an der Tagesordnung. Heute hatte ich ein spannendes Gespräch mit einem Menschen, der mir gesagt hat, dass er nicht mehr beten kann, zu was solle er denn beten, zu welchem Gott? Die Frage war vermutlich weniger, welchen Gott er „anbeten“ soll, sondern eher, ob es eine geistige Kraft im Universum gibt, die wir mit „Schöpfer“ umschreiben, mit „Gott“. Viele Menschen fühlen sich geistig durchaus gehalten, tun sich aber schwer mit kirchlichen Aspekten. Die Gebetszeiten takten in den Klöstern den Tag. Sie verbinden den Menschen mit dem Himmel und erinnern in der Benediktinerregel ora et labora daran, dass Arbeiten und Beten abwechseln dürfen. Am Abend darf man sein Sorgenpaket ablegen und es gut aufbewahrt wissen, am Morgen danken dafür, dass man aufstehen kann.

Rudolf Steiner hat mal gesagt, wer als Kind nicht beten lernt, kann im Alter nicht segnen, das Bild gefällt mir auch sehr gut.

Ein Gebet – was ist das? Eine Bitte? Eine Anweisung ans himmlische Personal? Ein Auftrag, ein Befehl? Eine Hotline, die meine Klagen annimmt darüber, dass im Leben manches nicht so läuft wie vorgestellt? Mancher beschwert sich, dass „keine Antwort kommt“. Ich denke manchmal – wenn keine Antwort kommt, könnte das auch bedeuten, dass mir die geistige Kraft zutraut, meine irdischen Probleme durchaus selbst zu lösen. Wenns drauf ankommt, wird schon  eine Antwort wahrnehmbar sein. Manchmal muss ich vielleicht meine Antennen justieren. Glaube kann Heimat sein, wenn wir ihn nicht missbrauchen und als Waffe benutzen, um anderen „ungläubigen oder nichtgläubigen Menschen“ belehrend gegenüber zu treten. Wir sind in Europa auf einem christianisierten Boden, was nicht immer so war. Am Wochenende ist es mir enorm aufgefallen – die Akademie steht neben einer kleinen Kirche und wahrhaft alle Viertelstunde meldet sich der Kirchtum mit Glockenschlag zu Wort. Auch wenn wir nicht mehr bewusst solche „Geräusche“ wahrnehmen – sie prägen uns stark. Mir fällt auf, wie sehr ich mich unbewusst an den Glocken orientiere, wo immer ich bin. Und dass es gerade Glocken sind, die die Verbindung zwischen oben und unten in so vielen Kulturen symbolisieren und in Geschichten wie die von der versunkenen Stadt, deren Glocken manche Menschen aber immer noch hören können, weiterleben.

Welche Glocke tönt in deinem Herzen und zu was ruft sie dich? Allen einen tatkräftigen Marstag.

 

 

DAS Gebet

Das Gebet

Die Rehlein beten zur Nacht,
hab acht!
Halb neun!
Halb zehn!
Halb elf!
Halb zwölf!
Zwölf!
Dle Rehlein beten zur Nacht,
hab acht!
Sie falten die kleinen Zehlein,
die Rehlein.

Christian Morgenstern

Das passende Foto hat Steffi gemacht. Danke!

Montags-Nachdenk-Input

Ein Sommerwochenende war das an der Akademie Vaihingen, vom Sonnenschein und den Temperaturen her. Krass für Ende Oktober. Und fleißig ist diese Gruppe! Zeitumstellung – alle wollten gern zur „Sommerzeit“ anfangen und früher Feierabend machen und so haben wir es auch gehalten. Prima. So kamen alle heute hoffentlich gut auf den noch freieren Autobahnen nach Hause als am späten Nachmittag, das hilft sehr. Es war auch ein krasses Programm – Schizophrener Formenkreis, Manie, Depression, bipolare Störungen, Störungen der Impulskontrolle UND Psychosomatik. Ich sags mal so – Respekt vor eurem Durchhaltevermögen. Intensivkurs ist Intensivkurs, keine Frage, aber es ist eine Herausforderung, weil alle ja auch unter der Woche ihren Berufen nachgehen. Noch zwei Kurswochenenden wird es in diesem Jahr geben,  beim nächsten Mal hat der Kurs schon Bergfest, Halbzeit!

Die Nächte waren sternenklar und die Sonnenaufgänge beeindruckend. Die Landschaft ist ohnehin wunderschön dort und man merkt die paar südlicheren Kilometer wirklich. Rot hingen am Apfelbaum die Äpfel am Morgen und am Mittag fanden wir sie wieder in einem so köstlichen Apfelstrudel.

Die Woche wird vielfältig, so freue ich mich! Am Dienstag auf die GlücksWERKstatt mit ihrem tollen Thema Allerheiligen-Allerseelen-altes Brauchtum und Halloween, am Freitag der Tag mit den Düften von Aromapflege bis Räuchern, am Samstag Cardea mit der Arbeit von Albert Ellis, am Sonntag Carl Rogers Gesprächstherapie zur Selbsterfahrung und Fortbildung, wow. Das sind so stärkende, nährende und seelenschwingende Themen, das macht die ganze Woche einfach schön. Wer bei der GlücksWERKstatt oder dem 1. 11. Dufttag mit dabei sein mag – bitte gerne anmelden! Alle Infos dazu auch auf der Homepage www.seelengarten-krokauer.de

Besonders gefreut hat mich beim Heimkommen, dass der wunderschöne neue 2020-Kalender von Jwala Gamper angekommen ist und so herrliche Karten von ihr und ganz viel Tee von Beron Naturkost, der Winter kann also getrost kommen. Ein absoluter Freumoment war die Tatsache, dass Christoph angefangen hat, den Berg Quitten (mehrere Waschkörbe hoch voll) kleinzuhacken und mal probiert hat, ob auch er Saft machen kann – er kann. So muss ich nicht alles nebenher alleine machen, das ist echt ein Geschenk und für mich so hilfreich. Wir werden so froh sein an diesem Saft im Winter. Er hat eine großartige Farbe in diesem Jahr. Und ich habe ein Glas Quittengelee geschenkt bekommen – mit Sternanis und Zimt. Ich freue mich, sonntags gibt es zum Frühstück Toast und ich werde nächsten Sonntag mein Toastbrot mit Quittengelee genießen. Sternanis – im gesamten Studium habe ich jeden Tag eine Tasse Sternanistee mit Honig und Milch getrunken. Ich liebe Sternanis, so lange habe ich mir keinen „Spezialtee“ davon mehr gekocht.

Allen einen gesunden und schönen Wochenanfang, gewöhnen wir uns gut an die Winterzeit. Kommt alle gut durch den Wetterwechsel. Wir sehen uns!

Auch dieses Herbstfoto hat Steffi gemacht, ich danke dir sehr dafür.

Blätter und Wind

Blätterfall

Der Herbstwald raschelt um mich her.
Ein unabsehbar Blättermeer
Entperlt dem Netz der Zweige.
Du aber, dessen schweres Herz
Mitklagen will den großen Schmerz:
Sei stark, sei stark und schweige!

Du lerne lächeln, wenn das Laub
Dem leichteren Wind ein leichter Raub
Hinabschwankt und verschwindet.
Du weißt, dass just Vergänglichkeit
Das Schwert, womit der Geist der Zeit
Sich selber überwindet.

 

Christian Morgenstern

Das herrliche Foto der Windräder hat Steffi fotografiert. Dankeschön!

Wochenend-Nachdenk-Input

„Das Land ist eine Mutter, die niemals stirbt“ – ist uns der tiefe Sinn dieser Maoriweisheit bewusst? Fast alle Urvölker verehrten eine weibliche Urgottheit in dem Wissen, dass die „Erdmutter“ ihre „Kinder“, also alles, was auf ihr lebt, nährt, versorgt, ihnen alles gibt, was sie zum Leben brauchen. Mit der Entfernung von diesem Wissen um eine nährende, gebende Erdenmutter begann der Mensch, „sich die Erde untertan zu machen“. Wer sich etwas untertan macht, hat kein Interesse an einer natürlichen Autorität, die sich von selbst einstellt, wenn ein Mensch in seiner Mitte ruht und in der Würde für sich und alles, was lebt, ist. Dann ist dieser Mensch mit einer Autorität gesegnet, die das Gegenüber einfach sein lässt.

Untertanen hingegen sind untergeordnet, oft genug Lebewesen, die man nicht wertzuschätzen hat, sondern ausbeuten und ausnutzen darf. Jeder Landwirt würde seine Kuh erst melken, wenn er sie gefüttert hat, wir hingegen gehen mit Mutter Erde um, als hätten wir ein Recht darauf, uns zu nehmen, was wir wollen. Wer gibt uns dieses Recht?

Wenn Städte und Dörfer verlassen werden, holt sich die Natur nach einer gewissen Erholungszeit das Land wieder zurück, überwuchert alles und bedeckt den Boden neu. Jedenfalls war das bisher so, weil die Pflanzen noch Zugang zu Grundwasser hatten. Auch da ist der Mensch dabei, die natürlichen Gegebenheiten nach seiner Gier zu verändern.

Der Respekt, den wir Mutter Natur gegenüber an den Tag legen, sagt mehr über uns aus als über Mutter Natur. Wer nichts respektieren kann, zeigt nur, dass er sich selbst weder respektiert noch wertschätzt oder gar mag. Alles beginnt bei uns selbst. Jeder Funke Respekt, jede Achtsamkeit und Achtung, jede Wertschätzung, jede Zuneigung und Liebe. Was also treiben wir uns permanent irgendwo herum, um irgendwas zu erleben, zu nehmen, zu holen, wo es hohe Zeit ist, sich auf eine weniger egoistische, „selbstoptimierende“ Art und Weise mit sich zu befassen und sondern sich an den Tempel von Delphi zu erinnern: „Erkenne dich selbst“. Wer sich erkennt, sich annimmt mit allem Licht- und Schattenseiten, zerstört weder die Natur noch fügt er irgendeinem Lebewesen wissentlich und willentlich Schaden zu, denn er respektiert das Leben als höchsten Wert und weiß, was Freiheit bedeutet. Meine Freiheit endet da, wo die des anderen beginnt. Grundlage allen Seins ist die Würde. Daraus leitet sich alles ab. Meine Haltung zu mir, zu anderen, zur gesamten Schöpfung. Und wenn wir weiter meinen, dass wir mit der großen Schöpfkelle nehmen können, wie es uns beliebt, muss erkennen, dass dieser Topf eines Tages er-schöpft sein wird. So, wie es uns viele Menschen heute schon prachtvoll spiegeln.

Wo bist du Schöpfer einer guten neuen Welt in dir und um dich herum? Wo sorgst du für Fülle, damit andere Erschöpfte wieder Mut schöpfen und Kraft tanken können?

Allen ein schöpferisches Wochenende mit der Farbenpracht des Herbstes. NOCH schenkt uns die Natur solche Wunder. Sie gibt, weil sie Fülle kennt und Vertrauen. Und du?

 

Himmelblau

Engellieder
Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen,
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.
Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, –
und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt …
Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,
kann er frei seine Flügel entfalten
und die Stille der Sterne durchspalten, –
denn er muss meiner einsamen Nacht
nicht mehr die ängstlichen Hände halten –
seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.

Rainer Maria Rilke, 1875-1926

Danke an Ursula für das Foto dieses tiefblauen Herbsthimmels

Donnerstags-Nachdenk-Input

Wenn ein Kurs zu Ende ist und alle noch eine Stunde stehen und sich höchst angeregt unterhalten und Adressen austauschen, ist etwas gelungen, was so wichtig ist: Menschen haben sich wirklich kennengelernt, verbunden und zeigen ehrliches Interesse aneinander. Nein, die Rede ist nicht von einem Speeddating-Abend, sondern dem zweiten VHS-Abend zum Thema Herzensschätze am Dienstagabend in der Alten Synagoge in Kitzingen. Was bewegt mich zutiefst? Das war die Frage dieser Abende. Es gab an jedem Abend eine „Zettelrunde mit Fragen“, die die Zweierteams sich gegenseitig stellten und sich intensiv austauschten – da ging es fix in die Tiefe.

Großartig, dass so viele ihre Visionboards mitgebracht haben, die als Anregung für daheim beim ersten Abend mitgegeben wurde. Wir durften so wunderschöne Boards anschauen, die so viel über die Menschen erzählt haben, die sie gestalteten – Sternstunden. Highlight des Abends: Steffi teilte zauberhafte Fotokarten aus, für jeden hatte sie dazu von Hand einen wunderschönen Spruch geschrieben und Renate hat Achtsamkeitskarten für Gruppen und Einzelmenschen gestaltet, jeder durfte sich etwas aussuchen.

Ein Abend voller Wärme, Zuneigung, echtem, lebendigem Interesse am anderen und der Erkenntnis: niemand hält mich davon ab, zu tun, was mir wirklich wichtig ist. Das Bein stelle ich mir meistens selbst. Ich bin so dankbar für diesen wunderbaren Abend, der mir gezeigt hat, wie leicht es ist, wirklich tiefgehenden Austausch in kurzer Zeit herzustellen, wenn Menschen ihre Herzen öffnen.

Wenn wir das im großen Stil machen, wird die Welt von innen warm, dann müssen wir nicht mit unserem Planeten Raubbau betreiben und Klimaerwärmung anstreben, damit wir nicht mehr frieren. Das Frieren unserer Zeit kommt von Lieblosigkeit, Desinteresse, fehlender Menschlichkeit und Egozentrik. Öffnen wir uns nur einen winzigen Spalt, betreten wir Neuland und erleben Interesse, angeregtes Fragen und Berichten, Austausch, wir sind angenommen und gesehen. Das ist gelebte Wertschätzung.

Wer noch nicht den großen Mut hat, andere anzusprechen, kann sich den vielleicht heute Abend um 19.30 Uhr in der Alten Synagoge holen – da geht es um die Michaelizeit, Drachenkräfte und eben Mut, den wir vor dem Winter alle noch hurtig sammeln sollten.

Dankbare Grüße und allen einen begegnungsreichen Jupitertag.

Steffi hat das prachtvolle Foto gestern in Kitzingen gemacht, Danke dafür!

Kunst und Kohl

Es ist keine Kunst, ein ehrlicher Mann zu sein, wenn man täglich Suppe, Gemüse und Fleisch zu essen hat.

Georg Büchner

Das Foto des prächtigen Gemüsebeets hat Christoph im Garten des Goetheanums in Dornach gemacht