Monthly Archives: Oktober 2021

Vom Gleichgewicht oder: Der Barfußindianer

Ich liebe dieses Foto wegen der beiden Steinstelen im Garten von Primavera. Sie erinnern mich stets an das Wort „Erdakupunktur“, das ich vor Jahren bei Marko Pogacnik entdeckte, der mit solchen Steinstelen Landschaften ins Gleichgewicht bringt. Es kann eine wundervolle Aufgabe sein, sich um Gleichgewicht zu kümmern, oder? Alles im Leben strebt nach Homöostase, dem Ausgleich in Systemen. Ein gestresstes System wünscht sich Entspannung, ein gelangweiltes Abwechslung, ein krankes Gesundheit und so weiter. Alles strebt nach Ausgleich. Deshalb sind wir immer wieder eingeladen, zu prüfen, ob wir uns nach großen Ausschwüngen in die eine oder andere Richtung wieder einmitten können.

In Märchen ist der mittlere Weg oft der zielführende, den manchmal der „Dummling“ geht, der unbewusst Agierende, der sich jedoch nicht von seinem Ego auf andere Wege hat wegleiten lassen. Das Ego, unser Willi-Ich, das dauernd etwas haben will und hat es was, stellt es fest, dass das Gras des Nachbarn grüner ist und deshalb muss sofort … ihr kennt das Muster.

Die Natur findet im Lauf vieler Jahrtausende ihr Gleichgewicht wieder, wenn nicht eingegriffen wird. Wir finden auch unser Gleichgewicht, wenn uns bewusst wird, wo wir die Mitte verloren haben. Dann können wir aktiv den Ausgleich suchen. Ein entspanntes Leben auf Dauerschleife wäre vermutlich allen irgendwann zu langweilig, nur Stress macht krank.

Das krasseste Entstressungsmittel habe ich diese Woche erlebt. Auf dem Programm der Fortbildung stand „Barfußpfad gehen“. Wir alle wegen der Temperaturen gut eingemummelt am Start. Der Barfußindianer kommt, Toni Fenkl. Im Hemd mit Weste drüber, Ärmel aufgekrempelt, mit Sandalen ohne Socken und kurzer Lederhose. Alle Mann Schuhe aus und die ersten 200 Meter über die gefrorene Wiese, weil Bodenfrost. Der Pfad ist knapp zwei Kilometer lang. Er führt durch stehendes und fließendes Gewässer, durch ein Schlammloch, über Steine, Balken, Blähtonkügelchen (die Hölle!), das kalte Gras kam uns mit der Zeit wie der weichste Teppich vor. Bei uns allen waren am Mittag die Füße warm wie vermutlich noch nie im Leben. Die Referentin des Nachmittags wunderte sich über eine restlos stumme Klasse, weil wir so fertig waren, dass keiner mehr irgendwas sagte und um 19 Uhr nach Kursende war wohl keiner von uns mehr in der Lage, irgendwas zu machen. Bestückt war die Wanderung mit Toni mit besten Zitaten von Kneipp, einem unglaublichen Wissen, der Einladung, jederzeit Schuhe wieder anzuziehen, wenn nötig – was ich zwischendurch durchaus auch mal gemacht habe – damit jeder lernt, auf sein Gefühl zu hören, und unfassbar viel Wissen, das auf dem Weg vermittelt wurde. Die Erfahrung war so, wie Toni das vorhergesagt hatte: „Ihr werdets merken, wie gegroundet ihr neudeutsch gsagt dann seid.“ Sprachs, sprang sandalenbekleidet und weiterhin ohne Jacke und Socken auf sein Radl und fuhr mit wehendem Bart und Haar mit blitzenden lebendigen Augen an uns vorbei nach Hause. Tiefsten Respekt für diese eindrückliche Lerneinheit. Übrigens ist das jetzt mehrere Tage her und keiner ist krank geworden bisher. Soviel zu unserer fixen Vorstellung, das man sofort krank wird, wenn man Ende Oktober barfuß anderthalb Stunden herumrennt im Freien.

Wo bist du schon eingemittet und wo brauchst du dringend einen Ausgleich? Wenn dir das im Moment gar nicht greifbar erscheint – Ende November starten wir mit dem Mitte-Kurs, vielleicht suchst du ja nach alltagstauglichen Miniinterventionen, um dich innerlich runterzufahren? Hier ist der Link zum Kurs:

https://www.seelengarten-krokauer.de/mittefinden/

 

Von Herzen einen guten Start in die neue Woche. Es ist ja nicht so häufig, dass ein neuer Monat auch mit einem Montag beginnt. So etwas finde ich großartig.

Freundliche Mittel

Das Wasser ist nicht böse, es ist ein liebliches, ein freundliches Mittel der Besserung und Heilung.

Sebastian Kneipp, 1821–1897

Dieses herrliche Armbecken steht im Garten von Primavera.

Bist du freundlich?

Morgenstern, dessen Galgenlieder ich sehr schätze, war dem Gras gegenüber schonungsvoll beim Darübergehen, denn ihm war bewusst, dass die meisten Menschen darauf nicht sonderlich achten. An dieser „Grausamkeit der Menschen“ hat sich nichts verändert. Morgenstern allerdings bemerkte auch die Grausamkeit der Natur, die gnadenlos sein kann. Auch das ist ein bedeutsamer Umstand, denn die Natur kann sich heftig zeigen in Wind, Sturm, Wasser, Erdbeben und Feuer. Dann sind wir Naturgewalten hilflos ausgeliefert, denn dagegen können wir uns nicht schützen.

Ein schonungsvoller Umgang mit allem wäre ein Verhalten, das wir heute so fein mit dem Begriff der Achtsamkeit umschreiben. Achtsamkeit ist eine wunderbare Alltagsübung übrigens. Dieser Tugend frönen wir bei unserem neu startenden „Mittekurs“, bei dem es an den Kurstagen um die Frage nach der eigenen inneren Mitte geht, die bei vielen Menschen in den letzten Monaten verloren gegangen ist. Unsere Mitte wieder finden – mit kleinen Alltagsübungen und Bewegungseinheiten, die uns helfen, wieder mehr ins Bewusstsein für uns selbst und die Welt zu kommen auf eine ruhige, unaufgeregte Art. Wir sind oft zu schnell auf 180 in dieser Welt, das muss gar nicht sein und bringt auch wenig. Mehr innere Ruhe, Eingemittetsein, Kraft wahrnehmen ist hilfreich und genau das geht uns immer wieder und immer mehr verloren.

Ab und an dürfen wir uns erinnern. An unsere Kraftquellen, unseren Weg, unser Sein. In Ruhe, in Freude, in Freundlichkeit uns selbst gegenüber.

Bist du freundlich dir selbst gegenüber oder nur zweckbestimmt gegenüber anderen? Bist du echt, authentisch oder schillert deine Oberfläche und spiegelt, was dein Gegenüber sich vorstellt? Folgst du dem Wahren, Schönen und Guten im Leben?

 

Allen einen freundlichen Gruß zu einem hoffentlich guten Wochenende mit einem Bildergruß vom Primaveragarten in Oy-Mittelberg, wo wir kürzlich zu Gast sein durften.

Schonungsvoll sein

Wer die Grausamkeit der Natur und der Menschen einmal erkannt hat, der bemüht sich, selbst in kleinen Dingen wie dem Niedertreten des Grases schonungsvoll zu sein.

Christian Morgenstern, 1871 – 1914

Es ist zwar kein Gras, aber faszinierend, dass an diesem Schilfrohr die Samen wie Löwenzahnblüten hervorquellen.

Schlicht und wirksam

In diesen Tagen befassen wir uns mal wieder sehr intensiv mit den Erkenntnissen von Sebastian Kneipp. Es gehört viel Mut dazu, so einen Lebensweg wie Kneipp zu gehen. Er war der Sohn armer Weber und musste bereits als Kind richtig viel mitarbeiten, um das Überleben der Familie zu sichern. Er wollte unbedingt Priester werden und legte sich alles, was er nebenher verdienen konnte, auf die Seite, um mit seinem 21. Lebensjahr zu schauen, wer ihm helfen könnte, Priester zu werden. Er sparte jeden Pfennig. Kurz vor seinem 21. Geburtstag brannte sein Elternhaus nieder und damit alles Geld, das er mühsam erspart hatte.

Kneipp jedoch hielt an seinem Wunsch fest und vertraute darauf, dass er schon Priester werden würde, wenn Gott das so will – er fand einen Mäzen, machte sein Abitur und studierte Theologie. Er erkrankte schwer an Tuberkulose und es gab wenig Hoffnung, dass er seinen Abschluss machen könnte. Ihm fiel ein Buch in die Hand von Hahn, dem berühmten „Wasserdoktor“, über die Wirkung von Wasseranwendungen. Kneipp las aufmerksam das Buch und begann fortan mit Bädern in der im November sehr kalten Donau. Er genas im Lauf vieler Monate vollständig und vertraute fortan in vielen Tausenden von Fällen der Kraft des Wassers. Viele Prozesse ertrug er, er eckte ohne Ende an, da er als Priester kein Arzt war und den Ärzten und Apothekern durch seine Heilerfolge rein mit Wasser und Kräutern angeblich Verdienste wegnahm. Unbeirrt ging der spätere Monsignore seinen Lebensweg und schuf ein überzeugendes Programm zur Gesunderhaltung und Gesundung der Menschen, die erkannt haben, dass die moderne Lebensführung nicht immer dem Besten dient.

Wasser, Bewegung, Heilpflanzen, Ernährung und – wie eine übergeordnete Klammer alles umfassend – die Lebensordnung sind die fünf Säulen der Kneippschen Lehre. Alle Anwendungen sind schlicht, mit einfachen Mitteln zu erreichen und von jedem anwendbar, vom Säugling bis zum Senior. Nicht nur kalte Güsse bietet das System, das wie kaum ein zweites die Selbstheilungskräfte des Körpers fördert und die Abwehrkräfte stärkt.

Ich finde, dass wir in diesen Zeiten sehr von Kneipps Erkenntnissen profitieren können. Keine einzige Anwendung ist kompliziert oder wäre nur mit Riesenaufwand und finanziellem Einsatz umsetzbar, im Gegenteil. Oft genügt eine Gießkanne und wer auch das nicht hat, findet sicher einen kleinen Bachlauf oder eine Wiese zum Tautreten, oder? Wer in seine Gesundheit investiert und das jeden Tag, muss weniger Zeit, Geld und Ressourcen aufwenden, um wieder gesund zu werden, wenn er durch unsere Lebensführung und alles, was Tag für Tag auf uns einprallt, krank geworden ist.

Es gehört viel dazu, seinen Kindheitstraum so vehement und unbeirrt zu verfolgen, weil er nicht anders konnte, wie Kneipp das tat. Er war mutig und gerade heraus, sicherlich nicht jedermanns Liebling, aber er hatte einen liebevollen Blick auf Menschen und ihre Schwächen, wenngleich er mächtig wettern konnte gegen „Verweichlichung“ und Zivilisationskrankheiten. Letztlich half er, wo er konnte und gab nicht auf. Mich inspiriert so ein Vorbild im Dranbleiben in Zeiten, in denen vieles nicht mehr trägt. In meiner Arbeit mit Klienten erlebe ich oft, dass der Glaube (an was auch immer der Mensch glauben mag) wahrlich Berge versetzen kann. Und dass einfache Dinge oft am besten wirken.

Allen einen liebevollen Freitag!

 

Solche Tafeln findet man in Bad Wörishofen mit vielen hilfreichen Gesundheitstipps von Pfarrer Kneipp.

… oder wir machen einen!

„Entweder wir finden einen Weg, oder wir machen einen.“ Diese klare Aussage wird Hannibal zugeschrieben, der sonst eher gern vor Türen stand. Das ist schon eine Ansage. Entweder gibt es Lösungen oder wir kreieren eben welche, könnte man das auch übersetzen. Hannibal war Feldherr, ein Krieger und Eroberer, dem war das relativ egal, wie die Elefanten über die Alpen kommen, Hauptsache, auf der anderen Seite landen. Manchmal braucht es im Leben auch so eine Klarheit, dass man weiß, was man will und wohin man will und sollte es dafür keine bewährte Reiseroute geben, dann entwickelt man sie halt, weil man keine Lust darauf hat, auf irgendwelche Fremdlösungen zu warten. Nimmt man der Aussage ein wenig die machtpolitische Komponente, könnte das durchaus in unseren vagen Zeiten ein Ansporn sein, seine eigenen Wege zu entdecken und zu gehen, weil wir mit den Dauerschleifen unserer Verhaltensweisen so langsam erkennen müssen, dass wir unterwegs sind im Leben wie Menschen mit Panik im Kreisverkehr. Sie bleiben halt mal einfach eine Stunde auf dem engsten Kreis unterwegs, bis sie wieder die Nerven haben, rauszufahren.

Wir rasen im Kreisverkehr des Lebens herum, wünschen uns Abfahrten und merken nicht, dass wir es sind, die das Steuer bewegen. Im Leben braucht es immer wieder mal gewaltig Mut, um etwas anders zu machen als gewohnt. Wenn das, was beim Gewohnten als Resultat herauskommt, nur noch nervt, brauche ich nicht noch fünf Runden vom Gleichen, oder?

Mach dir bewusst: Wo im Leben brauchst du einen neuen Weg? Gibt es bereits brauchbare Alternativen, die du gehen kannst oder machst du es wie Hannibal und ebnest dir deinen ureigenen Weg? Hast du am Start, was du dazu brauchst oder was fehlt dir? Man muss nicht immer schon die Komplett-Sicher-Ausstattung an Bord haben, um erste Schritte zu gehen. Manche Ressource gabelt man erst unterwegs auf.

Allen einen spannenden Jupitertag.

 

Anne hat in Spanien fotografiert. Danke von Herzen für dein Foto!

 

Auf Wechsel gefasst sein

Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.

Johann Wolfgang von Goethe

Lebendig und regelrecht glühend erscheint manchmal der Abendhimmel. Christoph hat diesen Anblick festgehalten. Danke!

Auf Wechsel gefasst sein

Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.

Johann Wolfgang von Goethe

Lebendig und regelrecht glühend erscheint manchmal der Abendhimmel. Christoph hat diesen Anblick festgehalten. Danke!

Abschiede und Zeitläufte

Derzeit ist viel los. Vielleicht nur bei uns, doch höre ich das auch von anderen Menschen. Das Tempo zieht an und daran wird sich sicher nichts mehr verändern, denn das gehört zu den Zeichen der Zukunft. Wir werden lernen, mit dem Tempo anders klarzukommen, sonst geht es uns wie dem Hamster im Rad, dreht es sich zu schnell, fliegt er mit viel Schwung hinaus.

Oft ist es sehr hilfreich, wenn alles nur rast und einem an den Ohren vorbeipfeift, einen Schritt zurückzutreten. Durchzuatmen und zu staunen. Aha! Was ist da denn gerade los? Aha! Sowas aber auch! Ein Problem? Nein! Ein Phänomen. Etwas, das ich anschauen, untersuchen, wahrnehmen kann. Vielleicht ist es hilfreich, lädt mich zu guten neuen Wegen ein oder zum Einsatz besserer Schuhe für den bisherigen.

So viele Informationen prallen auf uns ein. Letzte Woche habe ich zutiefst erfahren, dass all dieser Lärm draußen irrelevant wird, wenn andere Themen anstehen. Wenn es vollkommen egal ist, was im Außen passiert, weil es Wichtigeres gibt als irgendwelchen Krach im Außen. Was ist wahrhaft wichtig? Das Leben an sich, als Wert, als Geschenk, als Kostbarkeit. Es noch zu haben oder zu verlieren kann ein einschneidendes Erlebnis sein. Menschen auf ihrem Weg zur letzten Türe im Leben zu begleiten ist tiefgreifend und wichtig. Entscheidend für mich war, dafür zu sorgen, dass alles gut verläuft, wesentliche Begegnungen noch stattfinden können und wie schwer es ist, etwas zu akzeptieren, was alles verändern kann. Hierbei zu begleiten, zu stehen und zu halten ist schwer, aber wichtig. Es braucht Ruhe, um Entscheidungen zu treffen. Ruhe, um Menschen bei sich selbst ankommen zu lassen. Ruhe, um Raum zu geben, Abschied zu nehmen, zuzulassen, dass Menschen gehen und nicht mehr wiederkehren.

Von manchen Menschen kann man sich in Ruhe verabschieden, weil sie lange krank waren und Entwicklungen absehbar sind. Von anderen nicht, da kommt der Abschied unerwartet, ungeplant. Keiner weiß, wie das für uns selbst aussehen kann. Der Tod ist ein Übergang, der uns alle erwartet. Keiner weiß, wie er darauf reagiert, wenn es ihn selbst oder Menschen, die er liebt, betrifft. Wir können uns darauf nicht wahrhaft gut vorbereiten oder üben. Wir können uns Gedanken machen und doch erscheinen Dinge surreal, wenn sie dann wirklich stattfinden. Alles braucht Zeit. Auch das Annehmen und mit etwas umgehen können.

Deshalb immer wieder wichtig, egal, in welcher Lebenssituation wir uns befinden: Nehmen wir Lärm, Chaos und Verwirrung ruhig wahr. Atmen wir durch. Treten wir einen Schritt zurück. Begeben wir uns in die Stille, um innerlich selbst wieder in die Mitte zu kommen. Verurteilen wir uns nicht, wenn wir aus unserer Sicht nicht adäquat reagieren. Wir sind Menschen, dürfen also verwirrt sein, Angst haben, keine Ahnung haben, wie wir etwas angehen oder gar lösen können. Weinen oder rumschreien, weil wir hilflos sind.

Fakt ist: Wege entstehen immer. Nötig dazu ist immer nur der erste winzige Schritt. Dann ergibt sich der nächste. Selbst wenn Wege im Dunkeln liegen, kommen wir mit kleinen achtsamen Schritten durchaus erstmal gut voran.

Allen, die gerade gestresst sind vom Lärm der Welt oder in schwierigen Situationen stecken, die vielleicht keine gute Lösung denkbar machen, eine liebe Umarmung. Seien wir verwirrt und traurig, wütend und durcheinander. Atmen wir durch. Und erlauben uns kleinere Schritte. Irgendwann wird daraus ein neuer Weg.

Beginne zu leben

Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben.

Mark Aurel, 121 – 180

Quitten warten auf Verarbeitung. Da müssen sie noch ein wenig warten, bis Zeitfenster kommen, aber netterweise sind sie lagerfreundlich. Allein der Duft ist ein Göttergeschenk in jedem Jahr!

Frieden für die Welt

Knackig kalt ist es am frühen Morgen! Ich habe heute mein dünnes Jäckchen in die Waschmaschine gesteckt und das dicke Teil rausgekramt. Ich glaube, lange muss ich mit der Mütze auch nicht mehr warten. Die kleinen Schulkinder laufen dick eingemummelt wie Wurzelzwerge im Dunkeln an mir vorbei, schnattern, machen Wolken beim Atmen und frieren noch ein bisschen, so aus dem warmen Haus hinaus in die Schulwelt. Je kleiner das Schulkind, desto größer erscheint einem der Ranzen.

Bei den Aufstellungen am Sonntag waren wir mit einem Thema konfrontiert, das in die meisten Familien unbemerkt hineinspielt und unbemerkt sein Gift verbreitet. Eine der aufstellenden Personen war eine Dame von 70 Jahren, die einige offene Fragen klären wollte und mit einem Schlag stand der Krieg im Raum. Für manche war das das erste Mal, dass sie mit diesem Thema konfrontiert wurden und wie kaum ein zweites bringt es unnennbaren Schrecken, Schwere und ein Gefühl totalen Ausgeliefertseins mit sich.

Das ist die Atmosphäre, in der unsere Vorfahren oft leben mussten. Für viele Menschen, die nach dem Krieg geboren sind, ist das nicht bewusst erfahrbar. An der Betroffenheit der Stellvertreter gestern habe ich wieder gesehen, was für eine Kostbarkeit Frieden für Menschen bedeutet. Nimmt man noch den Aspekt dazu, dass Kriege oft aus kleinen Dingen erwachsen, darf jedem Menschen wirklich bewusst sein, dass Frieden etwas ist, was wir stets anstreben müssen, sei es im Kleinen in den Beziehungen der Menschen untereinander als auch im Globalen. Frieden ist die Grundlage für ein Leben, in dem man sich entfalten kann. Im Krieg entfalten sich auch Qualitäten, doch da geht es weniger um Potentialentwicklung als um Überlebenskunst.

Erst Frieden ermöglicht uns, zu wählen zwischen Optionen, zu reisen, zu lernen und fremde Kulturen kennen zu lernen. Frieden macht Entwicklung aller Art möglich. Frieden ist wie Gesundheit kein fixer Moment, sondern von jedem täglich neu zu beachten und anzustreben. Frieden ist für die Welt, was Gesundheit für den Einzelnen ist.

Was wird heute dein Beitrag zum Frieden der Welt und zu deiner eigenen Gesundheit und der dir anvertrauter Menschen sein? Ist dir bewusst, dass der Frieden der Welt deinem Herzen entspringt und deine Gesundheit ebenso?

Einen wunderschönen, friedlichen und gesunden Marstag mit der vollen Kraft, das Gute in die Welt zu stellen, wünsche ich dir von Herzen.

 

Manche Menschen schätzen Meditationsbilder sehr. Dieses hier von Steffi hat die besten Voraussetzungen dazu. Dankeschön!

Warmes Gold

Im Nebel ruhet noch die Welt,
noch träumen Wald und Wiesen.
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
den blauen Himmel unverstellt,
herbstkräftig die gedämpfte Welt
in warmen Golde fließen.

Eduard Mörike, 1804–1875

Steffi hat dieses wunderschöne Farbspiel festgehalten. Danke dir!

Übergangszeiten

Das letzte Ausbildungswochenende der angehenden Cardea-Therapeuten vor ihrem Abschlusswochenende ist vorbei. Damit sind auch für diesen Kurs die letzten Aufstellungen vorbei. Wenn die Teilnehmer im Dezember zum Aufstellen mit dazu kommen, sind sie schon nicht mehr nur übend, sondern helfen ihren Nachfolgern mit, sich mutig in die Arbeit mit dem Feld einzufinden. Der Staffelstab wird weitergetragen. Ich mag diese Übergangsmomente.

Übergänge prägen unser Leben. Dinge beginnen. Dinge enden. Dazwischen ist eine Spanne Zeit, von der wir oft nicht wissen, wie lange die Spanne umfasst. Endlichkeit schafft Kostbarkeit.

Übergänge holpern und bringen uns oft aus jedem Takt. Die Phase des Chaos‘ entspricht den Geburtswehen des Neuen, das geht nicht so einfach und ist oft sehr turbulent. So, wie Geburt ein gewaltiger Einschnitt ist, ist der Tod ein gewaltiger Einschnitt. Dazwischen sind die Übergänge oft genug dramatisch und mit viel Aufregung verbunden.

Der Herbst ist eine Zeit, in der wir das Loslassen von der Natur gezeigt bekommen, in der wir oft ernten, doch bedenken müssen, was wir neu einsäen, damit es wieder eine Ernte geben kann. Es braucht eine Zeit des Erntens, dann eine des Ruhens und des Dankens, der Neuorientierung und des Mutfassens für den Beginn.

All diese Übergänge rufen nach Riten und Ritualen, bewusst gestaltete Momente. Altes bewusst hinter sich lassen, Neues bewusst anfangen. Sich zum Westen hin verabschieden und zum Osten hin öffnen sind die Himmelsrichtungen, die seit alters her mit Abschied und Neubeginn verknüpft werden.

Gestern bin ich nachts unterwegs gewesen und habe den abnehmenden Vollmond ganz tief am Himmel stehend bewundert. Seit ich Kind bin, frage ich mich, was denn der Mond erzählen würde, wenn er sprechen könnte. Ich fand es unbegreiflich, dass er älter ist als jeder Mensch, so alt, dass mir das nicht fassbar war. Ich nahm an, dass er so dick und rund war, weil er all diese Geschichten behalten musste und dachte ewig, wenn der Mond nur eine schmale Sichel war, dass das dann sein „Aufschreibgesicht“ sei, scharf wie ein Messer oder ein seltsamer Federkiel, der auf Himmelspapier alles festschreibt, was berichtenswert ist. Mir erschien das Leben des Mondes als hocherstrebenswert – Geschichten sammeln und aufschreiben.

Meine Arbeit ist genau das. Ich darf Geschichten sammeln, die mir die Menschen berichten. Aufgeschrieben werden sie von mir nicht, aber dennoch weiß ich tief im Herzen, dass alle Geschichten, die wir Menschen jemals erleben, in einem riesigen Buch festgehalten werden, denn keine geht verloren. Nicht die von kleinen unbedeutenden Menschen, nicht die von Weltbekannten. Jede einzelne Geschichte ist die eines gelebten Lebens und damit des Aufschreibens wert.

Schreibst du deine eigene Geschichte ins Buch des Lebens? Welche Kapitel liegen dir am meisten am Herzen?

 

Allen einen sanften Montag.

 

Silke hat im Wald die bunten Blätter gefunden. Dankeschön!

Sonnengold im Haar

So möcht ich sterben …

So möcht ich sterben, wie ich jetzt mein Boot
aus sonnenbunten Fluten heimwärts treibe.

Noch glüht die Luft, noch liegt ein gütig Gold
auf mir und allem um mich her gebreitet.

Bereit und heiter tu ich Schlag auf Schlag
dem Schattensaum der stillen Ufer zu …

So möcht ich sterben, Sonnengold im Haar!
Der Kiel knirscht auf – und mich umarmt die Nacht.

Christian Morgenstern, 1871-1914

Sigrid hat im Wasser die Reflektion der Bäume entdeckt, lieben Dank für dein Foto!