Montags-Nachdenk-Input

Manchmal muss man Entscheidungen treffen, mit denen man wochenlang gerungen hat. Es gibt Gründe in großer Zahl für und gegen etwas. Nur gibt es auch einen Punkt im Leben, an dem man weiß: Jetzt ist es genug. Jetzt ist eine Grenze erreicht, jenseits der eigene Werte, das, was einem selbst wirklich lebenswichtig ist, in Gefahr ist. Keinen Schritt darf es jenseits dieser Grenze geben. So ging es mir mit der Absage eines Ausbildungskurses. Was gab es im Vorfeld nicht alles an Diskussionen. „Ich möchte nur bestimmte Tage machen“. „Ich kann da und da aber nicht.“ „Zwei Jahre sind viel zu lang, geht das auch schneller?“ „Dieser und jener Teil passt mir nicht, den möchte ich nicht belegen.“ Das habe ich mir nicht Tage, sondern Wochen angehört. Und nun habe ich nach nur einem einzigen Kurstag diese Ausbildung für ein Jahr ausgesetzt. Weil es das Herzstück meiner Arbeit ist und das, was daraus werden würde, käme ich den Vorstellungen nach, einfach nichts  ist, was ich vertreten möchte.

Weil man nicht in Wunschmodulen Therapeut wird. Weil eine Therapeutenausbildung bedeutet, als Mensch zu wachsen, zu reifen. Weil es bedeutet, sich nicht die Rosinen rauszupicken, sondern auch mal Themen anzunehmen, die einem auf den ersten Blick seltsam erscheinen, aber vielleicht die Entdeckung des Lebens werden können. Weil Entwicklung Zeit braucht und weil wir uns ausbilden für Menschen, die heute mit anderen Problemen aufschlagen als vor einigen Jahren. Die Zeiten sind ganz anders und deshalb muss man sich auch ganz anders dafür ausbilden. Und bevor ich das aufgebe, gebe ich lieber den Kurs auf. Für die Menschen, die wirklich mit Herzblut diese zwei Jahre mutig angegangen wären, gab es gute Lösungen.

Lange habe ich überlegt. Sehe ich das alles zu eng? Bin ich stur und Argumenten gegenüber uneinsichtig? Das ist es nicht gewesen. Nur weiß ich – es gibt Dinge, die können nicht „weniger“ werden, weil sie eigentlich noch viel mehr sein müssten. Nicht weniger Kurstage, nicht weniger Übung, nicht weniger Wachstum. Sondern Tiefe, Klarheit, Verständnis. Und das erringt sich nicht in Modulen, in Stunden oder wenigen Tagen. Eher in mehr.

Es ist ein allgemeiner Trend – schnell und sofort soll alles sein. Möglichst einfach zu haben. Die Masse der Willi-ichs, die immer nur etwas wollen, ist gigantisch. Auf der anderen Seite sind die Menschen nicht mehr geübt im Überwinden von Schwierigkeiten. Zu viel von klein auf auf dem Silbertablett serviert schafft unfreie Erwachsene.

Ich denke: Man wird nicht über Nacht zum Therapeuten. Es braucht sehr viel eigene innere Schulung, natürlich Techniken für Gespräch und Unterstützung, auch das muss gelernt und geübt werden, und es braucht Zeit, um gelernt, geübt und erarbeitet zu werden, damit es Bestandteil unserer Persönlichkeit wird. Es wird bei mir keine Expressausbildung geben. Unsere Klienten haben auch keine Expressprobleme. Alles andere wäre mangelnde Wertschätzung mir selbst, meiner eigenen Arbeit, aber auch den Nöten der künftigen Klienten gegenüber und deshalb auch einmal eine Entscheidung, die vielleicht nicht jeder nachvollziehen kann. Zur Authentizität eines Menschen gehört einfach, dass er seine Werte prüft, seine Ansichten, wenn sie nicht mehr zeitgemäß sind, anpasst, sich hinterfragt. Aber wenn er all diese Dinge geprüft und für angemessen empfunden hat, gibt es auch nur einen gangbaren Weg.

Allen einen guten Start in die neue Woche. Bleiben wir authentisch. Alles andere macht krank.

1 Kommentar

  • Posted 14. Oktober 2018 14:53 2Likes

    Danke für diesen Impuls der Klarheit, des Mutes und daraus folgend der Authentizität. Nur so kann auch etwas wertvolles entstehen.

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