Monthly Archives: Juli 2021

Ein Anfall von Romantik

Mitten im Sommer überfällt mich gern der Drang, den Vorratsraum zu füllen mit dem, was der Garten so hergibt. Wer weiß, was der Winter bringt, Sonne im Glas hat was. Früher wurde so viel selbst eingekocht, was praktisch war, denn die gefüllten Weckgläser standen in Reih und Glied, nach Sorten eingeteilt und warteten stromlos auf Verwendung. Da gab es keine Tiefkühlkost, die Menschen waren unabhängig von der Stromversorgung, das gefällt mir gut.

Ab und an hege ich Gedanken an einen Weck-Automaten. Ebenso fände ich die Idee, die Schränke sauber auszuwischen und den Garten tipptopp zu haben, schön. So, wie ich auch gehäkelte oder gar (Steigerung: selbst) geklöppelte Spitze wunderschön an massiven Holzregalen finde.

Meine Realität sieht anders aus. Die Johannisbeeren habe ich in tiefer Nacht von den Stängeln gezupft, sie harren im Gefrierschrank der Versaftung, wenn alle Beeren des Jahres beisammen sind. Dann wandert alles in den dickbauchigen Entsafter und gut. Von wegen sortenreine schwarze Johannisbeere, weiße Johannisbeere, rote Johannisbeere. Mix wie immer mit Stachelbeeren, Brombeeren und allem, was an Beeren sonst im Garten wächst inklusive Aronia. Ich lege nicht 1000 kleine feine Gurken in der alten Kinderbadewanne ein, um dann Gläser mit Senfkörnern, Dill und feingeschnittenen Zwiebelringen für den Essigsud vorzubereiten.

Manche Dinge finde ich am modernen Leben schade. Natürlich könnte ich die Priorität setzen und sagen – das Einlegen von Gewürzgurken hat Vorrang. Daneben stehen Menschen, die im Moment Unterstützung brauchen. Kurzes Überlegen und die Entscheidung fällt: Die Gewürzgurken legen die ein, die das gut können und ich mache das, was ich gut kann.

Die Romantik alter Zeiten entbehrt jeder Grundlage. Ich weiß, wie ich es als Kind gehasst habe, Tonnen von Kirschen und Zwetschgen entsteinen zu müssen, während die anderen Kinder gefühlt im Freibad waren (sie waren ebenso wie ich daheim pissy mit Kirschen und Zwetschgen beschäftigt). Im Winter gab es die Zwetschgen, die dann durchaus sehr tot aussahen, auf dem Grießbrei und ich schwor mir – das tu ich keinem Kind an.

Von daher wundert mich gelegentlich mein Anfall von Folklore. Vielleicht ist es die Sehnsucht in uns Menschen im Sommer, für den Winter ausreichend Vorräte zu haben, weil es eben doch überlebenswichtig ist. Und ein kleiner Teil in mir misstraut dem Tiefkühler, denn: Strom weg, Essen weg. Das Glas braucht keinen Strom.

Nettes Argument heute Morgen: im Laden kann man das kaufen. In Gläsern. Ohne Strombedarf. Klar. Und dann rattert es los – wer hat es angebaut? Wurde es mit Liebe gepflückt, wuchs es ungespritzt auf und womit wurde es haltbar gemacht? Manche unserer heutigen Fragen waren für Ururoma kein Thema. Sie hat eingemacht, was im Garten gewachsen ist. Kein Transportweg. Kein Schnickschnack. Einfach nur die selbstverständliche tägliche Handarbeit und unsere Vorstellung, wie schön das wohl gewesen ist. Es war alles außer schön.

Ich habe jetzt mal ein paar Gläser Gurken auf die Einkaufsliste geschrieben. Der Hamstergeist in mir fühlt sich dann vermutlich besser. Und Erbsen im Glas und vor allem drei Sorten Bohnen, grüne, gelbe und weiße, falls man sie kaufen kann. Zur Sicherheit. Der Winter naht.

Allen einen freundlichen Merkurtag mit guten Ernten und wenig Wetterchaos.

 

Steffi hat den Himmel fotografiert. Der Blick nach oben ist derzeit für viele von Sorgen begleitet. Möge alles gutgehen.

Der Morgen kam

Zueignung

Der Morgen kam; es scheuchten seine Tritte

Den leisen Schlaf, der mich gelind umfing,

Dass ich, erwacht, aus meiner stillen Hütte

Den Berg hinauf mit frischer Seele ging:

Ich freute mich bei einem jeden Schritte

Der neuen Blume, die voll Tropfen hing;

Der junge Tag erhob sich mit Entzücken,

Und alles war erquickt, mich zu erquicken. (…)

Johann Wolfgang von Goethe, Ausschnitt aus seinem Text „Zueignung“

Zauberhafte Morgenstimmung, DANKE an Steffi!

Mal kurz die Welt retten!

Gestern berichtete mir jemand, dass wir in Würzburg die höchste Inzidenzzahl im Land haben. Vermutlich geht es mir wie den meisten – die Zahlen schaue ich mir schon lange nicht mehr an. Über den Satz habe ich dennoch nachgedacht, auch darüber, wie heftig derzeit die Wetter wüten. Krank wird man, wenn das Immunsystem die Last der Bedrohungen nicht mehr schafft und der Geist durch Schock und Schreck belastet wurde. Da haben wir in Würzburg genug gehabt in den letzten Wochen. Das ist ein von mir konstruierter Zusammenhang zwischen Schock und Zahlen, ebenso wie zwischen Missstimmung und Wetter. Dennoch spiegelt derzeit häufig das Außen unser Inneres wider. Wir sind aufgewühlt, genervt, verwirrt, das Wetter ebenso. Die Schäden sind riesig. Die Ernten sind in Gefahr.

Wir lernen derzeit auf allen Ebenen, was es bedeutet, dass alles mit allem verbunden ist. Was muss die Erde noch tun, damit wir hinschauen und aufwachen? Früher hätten die Winter nach solchen Sommern in der Hungersnot geendet. Wir importieren das Getreide (das dann anderen fehlt, doch das merken wir nicht) und fertig. Da wir nicht mehr direkt davon abhängen, was auf der Scholle vor unserer Haustür wächst, erleben wir solche Naturkatastrophen eher geldgefiltert.

Menschen bekommen derzeit selbst die einfachsten Dinge nicht mehr auf die Reihe, sind total überreizt vom Lärm, der wieder herrscht, überfordert von Kontakten und dem, was nach 18 Monaten zuhause in den Köpfen geschehen ist. Alltagsroutinen von früher funktionieren nicht mehr. Wir haben uns unseren jeweils eigenen Gang angewöhnt, wie schaumgebremst, alles kostet Mühe. Das ist auffallend und erschreckend.

In dem Tempo retten wir weder die Welt noch sorgen wir dafür, dass Dinge auf gute Wege kommen. Wir brauchen Inspiration, Mut, Vertrauen und eine gewisse Unaufgeregtheit. Wir rasten so schnell aus aus nichtigen Gründen. Kommen wir mal wieder runter. Stellen wir uns dem Leben mit frischer Kraft und voller Schwung, denn es gibt jede Menge Herausforderungen! Alleine das hat genug Power, um uns vom Stuhl zu reißen. Erinnern wir uns bitte daran, dass wir unser Leben gestalten, es aus uns heraus schöpfen und kreieren. Jetzt gilt es, ins Tun zu kommen an allen Ecken und Enden. Die einen brauchen Hilfe beim Wiederaufbau dessen, was vom Wasser zerstört wurde. Andere benötigen Ermutigung, Schwung und Lebensfreude. Wir alle brauchen jede Menge Liebe, Leichtigkeit und tiefstes Vertrauen auf eine gute Zukunft. WIR sind Zukunft. Wir gestalten Zukunft. Wir geben die Richtung vor. In welche magst du steuern? Welches ist die beste Kreation von Welt und Zukunft, die du dir vorstellen kannst? Was ist heute dein Beitrag, damit sie Wirklichkeit wird?

Allen einen kraftvollen Marstag.

 

Danke an Ursula für das Foto!

Bluuuuuuubb

Fisches Nachtgesang

U U

U U U U

U U U U

U U U U

U U U U

U U

Christian Morgenstern, Galgenlieder

Danke an Ursula für das entsprechende Foto.

Wann meldest du dich an?

Spannend, wenn therapeutische Prozesse laufen. Auch wenn man als Begleiter eines solchen Weges einen bestimmten Plan verfolgt, eine Technik einsetzen möchte, kann es sein, dass das Unterbewusste des Klienten ganz andere Vorstellungen und Ideen hat. Denen dann zu folgen kann hochgradig zielführend sein. So haben wir es auch am Samstag erlebt, als wir die 10 Jahrhunderte alte Technik des Dämonenfütterns üben wollten, dann beim Probanden andere Sachen hochkamen und wir an einem Ziel herausgekommen sind, das wir nicht hätten erwarten können. Wunderbar. Manchmal wollen sehr alte Verletzungen geheilt werden und es stellt sich heraus, dass die Folgen des Nichtheilens Mitursachevon vielen der derzeitigen Probleme waren. Hat man die Ursache, kann man auch die Folgen erkennen, als wäre es eine Pflanze, die man sehr vorsichtig ausgräbt, um an das Wurzelwerk zu kommen und über die Verzweigungen und die starken Wurzeln einfach nur staunt. Da entsteht dann tiefe Dankbarkeit. Wunderbar.

Die Woche hat viele Termine unterschiedlichster Art. Fortbildung, aber auch eine Verabschiedung an der Universität, zu der ich eingeladen bin, am Donnerstagabend ist der Vortrag über „Dankbarkeit“ in der Alten Synagoge Kitzingen um 19.30 Uhr, zu der ihr herzlich eingeladen seid (einfach kommen, an der Abendkasse wird ein kleiner Unkostenbeitrag erhoben).

Wir versuchen gerade die nächsten Monate schultechnisch zu planen, was für das Überleben einer Schule in solchen Zeiten lebenswichtig ist. Im September startet der neue Ausbildungsgang für angehende Heilpraktiker für Psychotherapie. Das ist eine sehr herausfordernde und umfangreiche Ausbildung, die eine sehr notwendige Grundlage für das Arbeiten mit Menschen in vielfältigsten Bereichen ist. Wir haben ausreichend Erfahrung nach über 40 Lehrgängen. Wer da mit dabei sein will, kann sich gern anmelden, alle Infos sind hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/hpp/

Im November starten die neuen Kurse in Cardea-Therapie® (unsere „große“ Therapeutenausbildung, die viele Techniken der Gesprächspsychotherapie mit systemischer Arbeit und Hypnotherapie verbindet, Infos hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/cardea/) und unser Herzkurs über Carl Rogers, der sowohl für Therapeuten aller Schulen als Fortbildung hilfreich ist, aber auch für alle zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, es geht um Authentizität, Wertschätzung, Empathie, Kommunikation und vieles mehr, Infos hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/rogers/

Sollten die Kurse wegen Pandemie nicht als Präsenzkurse laufen: Wir haben wahrhaftig ausreichend Onlineerfahrung, so dass wir auch problemlos „Homeschoolingzeiten“ überstehen. Auch in den Übgruppen finden die Treffen dann virtuell statt, nach so vielen Monaten haben wir auch da unsere Hausaufgaben gemacht. Allerdings lässt sich nicht ernsthaft planen ohne Anmeldungen. Deshalb freuen wir uns, wenn ihr euch anmeldet, weil wir dann entscheiden können, ob wir starten können. Drei Anmeldungen reichen nicht für einen Kursstart.

Die Zeiten für Aus- und Fortbildung waren niemals besser. Jetzt gilt es, sich gut aufzustellen, um für die Zukunft gut gerüstet zu sein. Michelle Obamas Zitat mag da eine Inspiration sein – wo ist deine Grenze? Hast du dir ein gutes Ziel gesetzt und bist bereit, dafür intensiv zu arbeiten? Wer, wenn nicht du? Wann, wenn nicht jetzt?

Allen einen gelungenen Start in die neue Woche voller Ziele, Inspirationen und Weggabelungen, die euch auf eure Spur bringen.

Danke an Theresa auch für dieses Foto vom Jakobsweg.

Wie weit reicht dein Traum?

Die einzige Grenze für die Größe Ihrer Leistungen ist die Reichweite Ihrer Träume und Ihre Bereitschaft, für sie zu arbeiten.

Michelle Obama

Theresa hat sich schon mehrfach zum Ziel gesetzt, auf unterschiedlichen Wegen die Kathedrale von Compostela zu erreichen. Danke für dein Foto!

Ein Baum am anderen Ende der Welt

Die Lerngruppe für die angehenden Heilpraktiker für Psychotherapie ist gestartet und bereitet die Teilnehmer auf die Oktoberprüfung vor. Viel Stoff möchte gelernt sein, es ist viel Arbeit, diese Ausbildung. Doch wir sind stolz auf unsere Schüler, die ausgezeichnet abschneiden und freuen uns, dass wir im September mit dem nächsten Kurs beginnen. Wer an der Lerngruppe, die offen für alle Schüler aller Schulen ist, mitmachen möchte, kann sich gern melden und auch für den neuen Ausbildungskurs könnt ihr euch bereits anmelden.

Ich bin gespannt, wie mein Garten auf diesen Regentag reagiert. Gestern beim Kräuterernten wurde ich schon bestraft, weil ich den Garten nur betreten habe. Die Tiere finden, ich störe da nur und tun alles, damit ich schnell verschwinde. Allein die kurze Zeit hat für eine volle Biotonne Gartenmüll gereicht neben der Ernte. Man sieht hier was und da was und schwupps, ist der Arm voll. Meterlanges Zeug, das alles überwuchert.

Zum Muttertag habe ich einen Macadamianussbaum geschenkt bekommen und der wurde nun aus der Baumschule heraus eingepflanzt. Ich freue mich sehr darüber, denn solche Projekte schaffen Arbeitsplätze, sind aktiver Klimaschutz und bringen Sauerstoff in die Atmosphäre. Christoph bekam zum Vatertag eine Weiße Mangrove, auch sie wurde schon eingepflanzt und schützt den Boden. Ab und an bekommen wir Fotos von unseren Bäumen und das macht richtig Freude.

Am Wochenende befassen wir uns in der Ausbildung der angehenden Cardeatherapeuten mit einer elf Jahrhunderte alten Technik aus der Achtsamkeitsarbeit. Darauf freue ich mich sehr, es ist ein intensiver Ausbildungsblock und bald kommen „die Küken“ ins zweite Jahr und stellen auf. Dieser Wechsel nach dem ersten Jahr ist immer etwas Besonderes.

Allen ein gutes, freundliches Wochenende!

 

Danke an Steffi für das wunderschöne Erholungsfoto!

Freiheit

Als ich aus der Zelle durch die Tür in Richtung Freiheit ging, wusste ich, dass ich meine Verbitterung und meinen Hass zurücklassen musste, oder ich würde mein Leben lang gefangen bleiben.

Nelson Mandela, 1918–2013

Sigrid hat diesen Ballon auf seiner Fahrt im Bild festgehalten. Danke!

Einfach nur staunen

Im Morgengrauen draußen im Garten – vieles ist endlich ins Haus zu holen und zu trocken wie Lavendelblüten, Bergtee und das duftende Bergbohnenkraut. Kaum über die Büsche gebeugt, springen die Stechviecher in Zehnerreihen hoch, wenn sie mich sehen. Egal, heute musste es sein, sonst stehen wir im Winter da und haben nichts. 24 Stiche in 20 Minuten sind echt typisch für mich. Auch zweimal Haarewaschen reicht nicht, um alles aus den Haaren zu bekommen. Das Seltsame – weder am Meer noch im Allgäu habe ich diese Probleme draußen. Vielleicht, weil Seminare für mich ein bisschen wie Urlaub sind oder weil es dort einfach andere Tiere gibt, die mich nicht so stechen. Nun duftet es nach frischen Kräutern, endlich! Im Winter kann ich aus dem Vollen schöpfen. Netterweise blüht mein Lavendel in Etappen, so habe ich immer was zum Trocknen und genug Blüten im Garten für die Bienen.

Prüfungen können Menschen derart zusetzen, dass sie regelrecht krank daran werden. Manche Studiengänge sind so angelegt, dass viele Prüfungen in kurzer Zeit angesetzt werden und das bedeutet für die Studenten, in wenigen Tagen eine Klausur nach der anderen zu bewältigen. Das stresst oft Monate im Voraus schon. Nicht wenige können nicht mehr essen und schlafen. Ich frage mich: Ist das wichtig zur Vorbereitung auf wahrhaft stressige Berufe, in denen man in Sekundenbruchteilen und nach einem vielleicht schon langen Dienst noch lebensrettende Entscheidungen treffen muss oder dient es zum Aussortieren nicht stressresistenter Kandidaten oder ist es einfach nur tradierte Schikane.

In der Praxis ein weiteres Phänomen, das derzeit häufiger anzutreffen ist: Generationenkonflikt vom Feinsten. Zwei Generationen, zwei unterschiedliche Menschen, keine Einigung in Sicht trotz großer Bereitschaft auf der einen Seite und körperliche Reaktionen wie zu viele Herzschläge, die die Gesundheit bedrohen. Unser Herz reagiert auf psychische Belastung sehr feinfühlig und hochsensibel. In diesen Umbruchzeiten haben zahllose Menschen Herzbeschwerden, die oft durch die Umstände im Außen mit verursacht werden.

Mutig, Vermittlungshilfe anzunehmen, um Fehlentscheidungen zu verhüten und mutig, dann auch weitreichende Entscheidungen zu treffen, um sich selbst nicht zu verlieren und zu verbiegen.

Manchmal stehe ich sehr ehrfürchtig vor dem, was meine Klientinnen und Klienten tragen, bewältigen und welche Wachstumsfelder sie sich gewählt haben. Was für ein Geschenk, die Menschen erleben und begleiten zu dürfen.

Allen einen freundlichen und liebevollen Freitag. Das Leben ist zu kurz für Streit, Hass, Konflikte und Angst. Mögen wir gute Tage haben.

 

Herzensdank an Ursula für das Foto.

Es war ein solcher Vormittag …

Es war ein solcher Vormittag

Es war ein solcher Vormittag,

wo man die Fische singen hörte;

kein Lüftchen lief, kein Stimmchen störte,

kein Wellchen wölbte sich zum Schlag.

Nur sie, die Fische, brachen leis

der weit und breiten Stille Siegel

und sangen millionenweis‘

dicht unter dem durchsonnten Spiegel.

Christian Morgenstern, 1871–1914

Ursula nimmt uns mit in diese Sommeridylle. Dankeschön!

Chaos erzeugt Löwenmut

Nicht nur das Wetter schlägt Kapriolen und pendelt zwischen schwülwarm und leichtem Frösteln hin und her. Der Garten wächst um Meter gefühlt am Tag. Wenn in den ersten beiden Tagen der Woche schon Krisenfälle kommen, die berechtigt gerade nicht wissen, wo ihnen der Kopf steht, weiß ich, wie es draußen ausschaut. Krasse Diagnosen, die von einer Sekunde auf die andere das komplette Leben verändern. Todesfälle. Beziehungen, die sich an Kleinigkeiten so aufreiben, dass sie mit einem Schlag beendet werden, ohne dass der wahre Grund auf den ersten Blick sichtbar wäre – so ist es derzeit. Wenn schon Wallung, dann richtig, scheint mir die Devise zu sein.

Gestern Abend sagte ein Klient etwas erschöpft: „Sind denn alle grad verrückt?“ Ich hoffe doch, dass wir gerade dabei sind, unseren vermeintlichen Verstand ein wenig zu verlieren und uns zu erinnern, wer und was wir sind und was unsere Aufgabe auf diesem Planeten ist. Die lineare Entwicklung früherer Jahrhunderte, in denen die Menschheit Zeit hatte, sich an Neuerungen zu gewöhnen, weicht der exponentiellen Explosion: alles scheint gleichzeitig zu passieren und das erzeugt das Gefühl in uns, dass wir nicht mehr nachkommen, kaum mehr durchblicken und von der Komplexität der Welt total überrollt werden.

Ja. Das ist gerade so. Chaos löst in jedem Menschen erst einmal Unbehagen aus. Was, wenn das Chaos die Geburtswehen einer neuen Zeit sind? Einer, in der wir begreifen, dass wir nicht mehr alles durchblicken können und deshalb auf ein Miteinander angewiesen sind? Was, wenn das Chaos bedeutet, dass unsere Komfortzone nicht mehr existiert und wir eingeladen sind zu neuen Entwicklungswegen? Was, wenn wir klar bekennen dürfen: Ich habe Ängste. Ich bin verwirrt. Ich weiß nichts? Weil es so ist und ehrlich!

Jeder hat Ängste, jeder ist verwirrt und fragt nach Orientierung, die sicher nicht von „starken Männern“ kommen darf. Wir wissen immer weniger von immer mehr, was uns das Gefühl der Kontrolle nimmt. Gut so. Wir können nicht einmal uns selbst kontrollieren, also dürfen wir das loslassen und damit fällt ein Teil des Stresses weg.

Werden wir wach, offen, neugierig. Sind wir bereit, die nächsten Schritte zu gehen und uns verwirren zu lassen von der Vielfalt, die auch Chance ist, nicht nur Bedrohung! Kommen wir aus der Angstecke heraus und entwickeln notgedrungen Demut, Bescheidenheit und Löwenmut. Den Mut, neu anzufangen. Den Mut, alles neu zu denken, zu hinterfragen und die Wahrheit wieder mit ganzem Herzen zu suchen und zu finden.

Das ist Arbeit. Das ist mühsam. Das ist richtig, richtig anstrengend und wir haben keine Ahnung, wo und wie das alles gehen soll. Wunderbar! Wenn keiner was weiß, können wir doch gemeinsam herausfinden, wo die Menschheit hingehen mag. Und jeder ebenso für sich, welchen kleinen und kleinsten Schritt er heute gehen kann auf seinem Weg, denn wo wir hinwollen, wissen wir im tiefsten Inneren immer. Wenn wir denn mal ehrlich zu uns selbst sind, oder? Unser Herz weiß genau, was wir wollen und was nicht. Unser Lebenssinn lässt uns unsere Schritte gezielt setzen, auch wenn sie zufällig scheinen mögen. Vertrauen wir dem Prozess.

Welchen Schritt wirst du heute tun auf deinem Weg? Wird er für dich nützlich sein und langfristig für den Planeten? Dann setze ihn in Freude und voller Mut. Stecke Menschen mit Freude, Mut und Abenteuerlust gern an. Solche „Viren“ lassen uns wachsen und erlauben Gedeihen und Vertrauen.

Allen einen freudigen Donnerstag.

 

Letztes Jahr sah es gut aus mit dem Obst. Schauen wir, was im Herbst in diesem Jahr zu ernten sein wird.

Die Seele spannt die Flügel aus

Es war, als hätt der Himmel

Es war, als hätt der Himmel

die Erde still geküsst,

dass sie im Blütenschimmer

von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,

die Ähren wogten sacht,

es rauschten leis‘ die Wälder,

so sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte

weit ihre Flügel aus,

flog durch die stillen Lande,

als flöge sie nach Haus.

Joseph von Eichendorff, 1788–1857

Katja hatte zartesten Fingerbesuch. Dankeschön für dein Foto!

Von Splittern und Balken

Gestern kam das Gespräch auf die Matrixtrilogie. Der Grund ist einfach: Erstaunlich viele Menschen erleben derzeit eine Lücke zwischen dem, was im Außen geboten ist und dem, was sie innerlich denken. Wir trauen in diesen Wochen unseren Augen nicht mehr, weil vieles unverständlich wirkt.

Ich mag das Zitat von Morpheus und das Bild mit dem Splitter im Verstand, der einen in den Wahnsinn treiben kann. Viele Splitter haben wir in unserem Verstand, die wir als Balken ins Außen projizieren. Was ist die Wahrheit? Gibt es das überhaupt? Unser Gehirn erschafft seine eigene Realität, alle anderen Gehirne tun das ebenso. Wir können uns begegnen auf unseren Inseln der Realität, die des anderen kennen lernen, aber wir leben dort nicht. Wir sind nur ein Gast.

Splitter im Verstand werden auch durch unsere begrenzenden Gedanken gesetzt, unsere Glaubenssätze, Be- und Verurteilungen. So erschaffen wir uns unser eigenes Gedankengefängnis, in dem wir wie Rilkes Panther hin- und herlaufen, von der Freiheit träumen und uns als Opfer der Umstände fühlen. Splitter können eitern und massive Probleme machen. So ist das auch mit dieser Art Gedanken.

Ich muss nicht unbedingt für Erkenntnis eine rote Pille schlucken. Wer Wahrheit sucht, kann sie finden. Egal wo, egal wann. Tief im Herzen sind uns viele Wahrheiten bewusst, selbst wenn der Verstand sie leugnen mag. Folgen wir unserer Herzenswahrheit, sind wir auf unserem Lebensweg. Folgen wir ihr nicht, werden wir beeinflusst von Meinungen anderer, was gut für uns wäre. Dann sind wir Fähnchen im Wind, der sich schnell drehen kann, und kommen immer weiter weg von uns selbst.

Wer magst du sein, tief im Herzen? Welcher Wahrheit möchtest du folgen? Ist dir bewusst, dass die Welt, die dein Kopf dir spiegelt, nicht das ist, was ist, sondern das, was du daraus gemacht hast? Weißt du, dass der Schritt aus dem Gefängnis der Gedanken deine eigene Größe und Bewusstheit ist?

Allen einen erkenntnisreichen, beweglichen und bewegenden Merkurtag.

Für alle mit der tiefen Sehnsucht nach Ruhe und stillem Sein ein Foto von Stephanie. Dankeschön!

Splitter in deinem Verstand

Was du weißt, kannst du nicht erklären, aber du fühlst es. Du hast dein ganzes Leben lang gespürt, dass mit der Welt was nicht stimmt. Du weißt nicht, was es ist, aber du weißt, es ist da, wie ein Splitter in deinem Verstand, der dich zum Wahnsinn treibt. Wie es scheint, kommt das Schicksal nicht ohne einen Sinn für Ironie.

The Matrix. Morpheus zu Neo

Ganz ohne Ironie kommt Sigrids zauberhafte Rose daher. Danke!

Die Qualitäten der Tage

Ich habe nichts gegen Montage. Und doch ist mir ein Phänomen aufgefallen, das ich mit Montag oft in Verbindung bringe. An Montagen brauchen manche Dinge länger. Wenn am Wochenende andere Rhythmen das Leben bestimmen, muss sich das System erst wieder eingewöhnen. Zum Beispiel ist gefühlt am Montagmorgen mehr Saft auf den Leitungen, alles kocht schneller (über). Die Uhr geht rascher, meine These! Ich höre dann sofort logische Gegenargumente: Du hast auch heute viel mehr Wäsche gehabt wegen Wochenende (da fallen einige Tischdecken, Trocken- und Handtücher, Putzlappen an durch die Kurse am Wochenende). Da sind heute mehr Teekannen gewesen, weil du für den Tag Tee vorgekocht hast, damit wir kalten Tee haben (stimmt auch). Und weil Montag war, fallen mehr Mails an, obwohl ich sie Sonntagabend prüfe. Die Nacht auf Montag ist für viele der Punkt, mir zu schreiben, weil sie einen Termin möchten und es doch gar nicht mehr alleine geht bei dem, was derzeit alles los ist.

Dienstage haben Kracherqualitäten. Was das Gewitter für die Luft ist, ist der Dienstag für die zwischenmenschliche Stimmung. Da merkt man die Marsenergie. Da kann man auch mal was ganz fix klären, zackbumm und durch. Aus die Maus.

Der Mittwoch übt unsere Wendigkeit. Merkur, der Götterbote, hat es eilig, die viele Post mit seinen geflügelten Schuhen hin und her zu tragen und so sind auch wir aufgefordert, wie Quecksilberkügelchen zu springen.

Mein Entspanntag ist der Donnerstag. Jupiter ist weise und fröhlich, gern hätte ich drei Tage davon pro Woche. Da gehen die Dinge friedlich und fein voran. Wie Miniinseln im Fluss der Woche.

Freitag ist Venus gewidmet, im Grunde ein liebevoller Tag. Für mich der anstrengendste in der Woche, da sind die beiden Haushalte dran, weil sich das leider nicht entzerren lässt, plus Großeinkauf, da ich für zwei Haushalte und für die Schule einkaufe, damit alle am Wochenende etwas zu essen haben. Bis alles sauber ist, gewaschen, gebügelt und versorgt, für die Eltern mitgekocht und Berge Gemüse für Eltern und Schule geschnippelt sind, rauschen die Stunden so durch. Samstag und Sonntag sind Kurstage, also Begegnungen unterschiedlichster Art. Saturn, dem der Samstag gewidmet ist, beendet die Woche und der Sonntag mit der Sonnenkraft lässt uns frohgemut hineinstarten, damit wir den Mondentag erneut mit Schwung bewältigen.

So wirken die Planetenkräfte in unser Leben. Wenn wir eine Weile darauf achten, bemerken wir diese Qualitäten und können manches danach einrichten. Ein Surfer wartet suf die passende Welle, er stellt das Brett nicht aufs Wasser, wann es ihm einfällt, sondern wenn die Welle kommt. Dann wird er nicht vom Brett geworfen und hat Freude. Probiert es einfach aus, ob ihr die Qualitäten der einzelnen Tage bemerken könnt!

Für die Kneippfans unter euch (übrigens vielen Dank für eure Rückmeldungen zu diesem Thema, ich sehe – das macht euch Spaß. Frage: Sollen wir mal ein Kurswochenende zu Kneipps Säulen machen? Also Pflanzenheilkunde, Lebensordnung, Wasser, Ernährung und Bewegung? Dann gebt bitte Bescheid. Machen wir gern!): Wem es zu kalt ist zum Gießen: vergesst das morgendliche Tautreten als Immunstärkung nicht und den Gesichtsguss, wer kein Glaukom hat, denn beides ist gut als Vorbeugung für den Herbst. Wem das heute alles nicht passt und dennoch ein bisschen Frische hermuss: Ihr könnt eure Pulse am Handgelenk mit kühlem Wasser begießen, dann mit den nassen Händen in den Nacken fassen und nach oben am Hinterkopf hochfahren. Und wer dann noch mit Pfefferminzhydrolat einen Sprühstoß in den Nacken gibt, ist wach und kann – bei ausreichender Trinkmenge am Tag – Kopfweh vorbeugen.

Allen einen tatkräftigen Marstag.

 

Steffi war unterwegs und hat Sommerfarben eingefangen. Dankeschön!