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Wider die Herzenshärte

Herzenshärte ist das Schändlichste von allem, weil sie keine Barmherzigkeit kennt, nichts von Liebe wissen will und weil sie nichts Gutes wirken kann.

Hildegard von Bingen, 1098-1179

Echinacea – Sonnenhut. Eine mächtige Medizin im Hausgarten. Sigrid hat genau hingeschaut mit der Kamera. Herzlichen Dank!

Schluss mit lustig

In diesen Tagen stellt sich bei uns Menschen innerlich etwas um. Wir spüren die Vorboten der nächsten Jahreszeit. Die meisten Bundesländer schicken ihre Schulkinder morgens wieder los, bald ist es auch hier soweit. Alltag kehrt vielerorts ein. Dennoch ist 2021 anders, anders auch als 2020.

Die Menschen sind nervlich schlechter aufgestellt. Sie sind müder, zermürbter, immer weniger können die Fassaden des „Tschakka“ und „alles fit im Schritt“ dem genauen und aufmerksamen Blick eines liebevollen Gesprächspartners standhalten. „Ich habe keine Ahnung“, „ich weiß es nicht“ – solche Sätze hätten wir uns vor zwei Jahren kaum getraut. Jetzt können wir uns eingestehen, dass wir eben wirklich jede Menge nicht wissen. Manchmal ist es viel schwerer, eine schwankende Showfassade aufrecht zu halten als zu sagen: Ich bin gerade ratlos.

Den meisten Menschen macht es Angst, nicht zu wissen, wie es weitergeht. Doch wenn wir ehrlich sind, wissen wir das zu keinem Moment im Leben. Wir glauben immer nur zu wissen, dass wir alle noch sooo viel Zeit haben, wenn erstmal der Urlaub, die Rente, bliblablubb am Start sind, dann starten wir sowas von durch und machen endlich das, was wir wollen. Am Ende liegen wir auf der Abschussrampe ins Jenseits und klammern uns ängstlich an den Lebensrest, weil wir bemerken, dass wir nichts von dem gemacht haben, was uns wirklich wichtig ist. Als die Kinder klein waren, waren wir mit Karriere beschäftigt, als die Enkel kamen, haben wir den dritten Beruf ergriffen und versucht, die Rente aufzustocken, im Sommer war es zu heiß für Garten, im Winter zu nass für frische Luft, Hamsterrad als Sicherheit, Augen zu und durch.

Zeiten wir diese enttarnen unsere potemkinschen Dörfer. Wir hören langsam auf, die Fototapete unserer Fantasiewelt für die Wahrheit zu halten. Die Sehnsucht nach dem Wahren, Schönen und Guten steigt. Second-hand-Leben ade, die Serienhelden sind keine Identifikationsfiguren mehr, die ein Leben leben, zu dem wir keinen Mut haben.

Ich finde, dass das eine wunderbare Chance ist. Machen wir uns ehrlich klar, wer wir sind. Was unsere Schwächen, Stärken sind. Unsere Werte. Wer uns wahrhaft am Herzen liegt. Mit welchen Menschen wir leben möchten und welche uns nur Nerven, Kraft und Lebensfreude rauben und wo vielleicht Abstand richtig wäre. Wenn wir im tiefsten Herzen ehrlich sind, entdecken wir die Stimme, die immer da war und uns gesagt hat – Mehr Schlaf. Mehr Bewegung. Trink nicht so viel, lass das Rauchen und die Süßigkeiten. Warum machst du diese Arbeit, wenn sie für dich nur ein Job ist? Reicht das für 48 Arbeitswochen im Jahr oder ist da mehr drin? DAS sind gute Fragen. Fragen sollten die gesamte Gesellschaft durchdringen – wie gehen wir mit dem maroden Schulsystem um, mit unserer Wirtschaft, dem Sozialleben? Was können weltweit neue Werte werden im Umgang mit anderen Menschen, Völkern, der Natur und dem Warenaustausch?

Entweder sind wir bereit zum großen Kassensturz und Neuanfang, der alles betrifft, oder das Schiff schwankt weiter über die Wellen des Weltmeeres und die müde desillusionierte Mannschaft schöpft mit Kaffeelöffeln das eindringende Wasser weiter aus. Es beginnt bei jedem Einzelnen, sich jetzt die richtigen zielführenden Fragen zu stellen. Richtige Fragen sind Entwicklungshelfer. Sie sind nicht bequem, sie zeigen, worum es wirklich geht. Was sind deine Fragen? Was in dir antwortet darauf?

 

Allen einen erkenntnisreichen frohen Jupitertag.

 

Bald leuchten die Herbstfarben so klar wie auf Steffis Bild. Klarheit tut vielleicht erstmal weh, ist langfristig jedoch hilfreich. Danke für dein Foto, Steffi!

Es ist Zeit

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.

Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,

und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;

gib ihnen noch zwei südlichere Tage,

dränge sie zur Vollendung hin und jage

die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,

wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben

und wird in den Alleen hin und her

unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Seit Wochen freue ich mich auf diesen Post. Er muss einfach einmal im Jahr sein. Steffis Foto stimmt uns fein auf den Herbst ein. Dankeschön!

Du bist der Funke, der die Welt retten kann

Gandalfs Aussage, dass es die kleinen Dinge, alltägliche Taten gewöhnlicher Leute sind, die die Dunkelheit auf Abstand halten, ist großartig. Sie ermutigt jeden einzelnen Menschen dazu, sich bewusst zu machen, dass es das Alltagshandeln von uns ist, das die Welt zusammenhält. Natürlich inspirieren uns die großen Taten, die geschichtsträchtigen Momente, in denen ein Held, eine Heldin über sich hinauswächst und Großartiges vollbringt. Dafür werden bis heute Lieder geschrieben. Aber das gesamte Rädersystem der Welt, das alle und alles miteinander verbindet, wird dadurch am Laufen gehalten, dass jeder an seinem Platz Seines dazu gibt. Das sollte uns durchaus ermutigen.

In unserer Arbeit haben wir es jeden Tag mit Menschen zu tun, die zweifeln, den Weg verloren haben, nicht mehr eingenordet sind. So ihre Ansicht. In Wirklichkeit sind sie mit tiefsten Menschheitsfragen befasst, ringen um Wahrheit und Wahrhaftigkeit, um Authentizität und angemessenen Umgang mit Krisen, sie struggeln und scheitern, halten sich für Versager, wenn sie das tun und bemerken oft nicht, dass sie Meisterinnen und Meister sind, die üben, die Wellen des Lebens zu surfen, egal, ob sie groß oder klein sind. Wir alle werfen uns täglich mit Heldenmut ins Getümmel. Keiner weiß, was an Aufgaben auf ihn zukommt an diesem Tag. Keiner weiß, ob wir uns am Abend ins Bett legen und schlafen können oder ob das Leben anderes mit uns vorhat. Wir können die Dinge immer nur so nehmen, wie sie sind und versuchen, das Beste daraus zu machen. Und das ist es, was zählt. Wach sein, neugierig sein, bereit sein, das Brett neu aus Wasser zu setzen oder auch mal volle Kanne zu scheitern. Scheitern macht stark, klug und uns besser.

Natürlich ist es gut, wenn wir Visionen. Ziele, Pläne haben. Entscheidend unterm Strich jedoch wird sein, was wir wirklich GETAN haben, nicht geträumt, erzählt oder geplant, sondern was wirklich gemacht wurde. An den Tagen erkennen wir den Menschen.

Selbst jemand, der sich für klein, unscheinbar und unwichtig hält, kann genau dieser eine Zauberfunke sein, der den Kosmos im Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten halten kann. Ist dir bewusst, dass es haargenau auf DICH ankommt? Das ist so ermutigend, wunderbar und großartig, wie du selbst es bist.

Theresa hat sich an der nordspanischen Küste für uns in Schräglage begeben. Das Leben ist nicht immer geradeaus oder aufwärts. Manchmal ist es total verworren, verwirrend und – schräg. Danke!

Halte die Dunkelheit fern

Ich finde, es sind die kleinen Dinge, alltägliche Taten von gewöhnlichen Leuten, die die Dunkelheit auf Abstand halten.

Tolkien, Der Hobbit, Zitat von Gandalf

Ents kann man auf dem Jakobsweg auch begegnen. Danke an Theresa, die ihn im Bild festgehalten hat.

Was ermutigt dich?

Der Wind bläst den Sommer derzeit auf die Seite. Der Regen tropft. Die ersten Frühnebel sind da. Ich mag die Morgen, an denen Würzburg im Tal total verschwunden ist in der Nebelsuppe und bei uns auf der Höhe scheint schon die Sonne. Das ist wirklich schön anzuschauen. Ich hoffe, meine lang ersehnten Brombeeren werden nicht wässrig, sondern bekommen bald noch ein bisschen Sonne, um süßer zu werden.

Demut – ein Wort, das mir persönlich viel bedeutet. Mut hat viele Kombinationen: Heldenmut, Löwenmut, Übermut, Unmut, Wagemut und auch Demut. Demut ist der Respekt vor der Herausforderung, vor der Größe einer Sache oder eines Menschen. Es bedeutet nicht Kriechen und Schwanz einziehen, sondern so etwas wie Ehrfurcht im Herzen, Achtung vor der Herausforderung und dem Wissen, dass man Mut entwickeln muss, wenn man der Aufgabe gerecht werden möchte. Dieser Mut entsteht, weil wir Ängste überwinden, wissen, dass etwas nicht leicht werden wird, wir aber diejenigen sind, die sich diesem Thema zu stellen haben.

Demut geht manchmal mit Bescheidenheit einher, auch das gehört zu den Tugenden, die nicht sehr beliebt sind in unserer „alles meins“-Gesellschaft. Bescheidenheit wird oft mit Dummheit gleichgesetzt. Ein bescheidener Mensch, der nicht mit Forderungen auftritt, wird gern übersehen, nicht für voll genommen, übergangen und überfahren. Manchmal sind es die Stillen, Bescheidenen, die im Hintergrund die alles entscheidenden Weichen stellen. Die Problemlösungen anbieten, auf die die Lauten nicht gekommen sind, weil sie mit Platzbehalten befasst sind.

Sich in Demut verneigen ist in unserer Kultur nicht gebräuchlich. Der letzte Rest war das Ritual des Dieners, den man Jungen meiner Generation noch beigebracht hat, so wie uns Mädchen der Knicks. Die Verneigung ist eine tiefe Respektbekundung und sie täte uns oft ein wenig Not. Sich vor dem anderen verneigen meint, die Göttlichkeit im Menschen anzuerkennen. Ihn als Lehrer zu betrachten, der uns etwas lehren kann über uns und das Leben. Lernen kann ich von jedem Menschen, egal, wie alt, wie groß, wie erfahren er ist. Vom Baby kann ich Vertrauen und Staunen lernen, vom Kind die Wissbegier und den unerschütterlichen Glauben, dass alles gut wird, vom Erwachsenen die Art, mit Herausforderungen umzugehen und an Krisen zu wachsen, vom Senior Gelassenheit, Weisheit und Würde der Erfahrung. Jede Lebensgeschichte ist eine heldenhafte Abenteuerreise. Sie hören zu dürfen, Anteil zu haben, ist eines der Geschenke meiner Arbeit mit Menschen.

Wie hat deine Geschichte dich geprägt? Welche Lernerfahrungen hast du in guten und schlechten Tagen gemacht und wie kannst du heute im Vergleich zu früher mit Krisen und Herausforderungen umgehen? Was macht dich demütig und was bewirkt, dass du aus der Angst heraus Mut entwickelst? Mut ist nicht Handeln ohne Angst, sondern Handeln trotz der Angst, weil es not-wendig ist, etwas zu tun. Wir können alle Ermutigung, Demut, Mut gebrauchen. Was ist deine Geschichte dazu?

Allen einen sehr kraftvollen Marstag zum Augustende 2021.

 

Maike war in den Bergen wandern und erfreut uns mit diesem Foto. Vielen lieben Dank!

Erntezeit

Einiges hat sich geändert in der ersten Hilfe. Das Thema Eigenschutz spielt eine sehr große Rolle. Was waren wir einst unbedarft – wenn irgendwie ein Notfall war, da haben wir halt hingefasst und versorgt, so schnell es möglich war. Da haben auch die meisten an Unfallorten angehalten. Heute muss ich erst über Einmalhandschuhe nachdenken und ob ich im Wald an einem Unfallort alleine aus dem Auto steige oder nicht doch erst einen Notruf absetze und dann am Unfallfahrzeug vorsichtig vorbeifahre, ob das eine Falle ist. Gut gefallen mir die Defibrillatoren, die lebensrettend sein können im Fall der Fälle. Prima, das alles wieder mal aufzufrischen und vor allem mal wieder zackig aus einem Dreieckstuch einen Kopf-, Fußverband und eine Armschlinge zu basteln. Wichtig auch die Erinnerung, bei einem Menschen im Auto nicht zwischen den Fahrer und das Lenkrad zu kommen, um nicht vom Airbag verletzt zu werden, da hätte ich im Leben nicht dran gedacht. Auch habe ich nicht gewusst, dass man mit einem Autoschlüssel eine hintere Scheibe in einem Fahrzeug einschlagen kann. Sehr nützlich zu wissen. Wir sind jetzt wieder echt fit im Leben retten, zumindest geübter.

Unsere alte Kinderbadewanne voll Holunderernte gab es. Die galt es abzustreifen und wir haben uns entschieden, nachdem es mich ja jetzt schon mit Infekt erwischt hatte, reinen Holundersaft einzukochen. Sonst wandern bei kleiner Ernte die Beeren mit den Brom-, Stachel- und Johannisbeeren in den Entsafter. Dieses Jahr waren die Beeren aber superschön. Das dauert seine Zeit, bis man sie von den Dolden gestreift hat mit dem Kuchengäbelchen. Und die Hände sind jetzt absolut farbenfreudig. Im Winter sind wir sehr froh über die Kostbarkeiten aus dem eigenen Garten. Jetzt folgen noch die restlichen Brombeeren, Äpfel und Quitten, dann ist die Ernte für 2021 an Obst beendet. Noch wachsen die Zucchini nach, die letzten Gurken und die Rosen werden vom Regen nach und nach zerlegt.

In der Praxis habe ich meine Herbstdeko ausgepackt – mein Eichhörnchen, meine beiden Füchse, die Lampionblumen und Kürbisse. Jetzt kommt meine absolute Lieblingsjahreszeit, der Herbst mit seinen Nebeln, seinen unfassbar großartigen Farben und das Leuchtfeuer der Astern. Jedes Jahr habe ich ein großes inneres Aufatmen, wenn ich die vielen Boxen mit Kürbissen am Straßenrand sehe – noch gibt es viele warme Tage, aber es ist nachts wieder fein kalt. Alles in mir ist dann Freude pur. Die Kastanien kommen, die Blätter färben sich bald, es wird abends früher dunkel, es wird gemütlich und jeder versteht, warum ich große Teetassen liebe.

Das ist gerade eine besondere Zeit, viele Menschen sind in Sommerferien und schicken Poolfotos, tolle Bilder von Eisbechern, Stränden, toller Landschaft und ich schau aus dem Fenster, der Regen macht spaghettilange Fäden, der Feuerdorn überlegt sich, ob er schon Farbe ansetzt, die Äpfel leuchten durch die Blätter, die Mispeln legen an Früchten großartig zu und die Straße ist total leergefegt– großartig.

Die Woche wird aufregend. Viele Termine mit wunderbaren Menschen und aus meiner Zottelfrisur wird meine Friseurin diese Woche wieder etwas hoffentlich Annehmbares schnippeln. Dann bin ich bereit für Spätsommer, Frühherbst und Apfelernte.

Allen einen guten Start in eine gesunde und freundliche neue Woche.

Nebeliges

Nur die Tiefe nebelt, nicht der Berg.

Jean Paul, 1763-1825

Steffi hat die ersten Frühnebel für uns dokumentiert. Ist das nicht einfach wunderschön? Diese Farben!

First aid

Am Samstag wird es um Herzdruckmassage, Wiederbelebung, Staying alive und andere feine Notfälle gehen bei der Fortbildung in Erster Hilfe (die Generalprobe hatten wir diese Woche ja dafür). Auffrischung von Wissen ist sinnvoll und bei einem Notfall möchte ich nicht überlegen müssen, wie man das nochmal macht und aus Angst vor Fehlern hoffen, dass das jemand anderes in die Hand nimmt.

Klar ist jede Form der Hilfe bei einem Unfall superwichtig und wer nicht fit in Wiederbelebung ist, kann den Verkehr regeln, die Rettungsgasse mitorganisieren oder sonst wie helfen. Jede Form von Hilfe ist wichtig, auch bei Menschen bleiben, sie mit einer Decke einhüllen und beruhigen ist nützlich. Wir wissen nie, wann wir zu einem Notfall kommen oder selbst einer werden. Da sind wir froh, wenn Helfer einfach ruhig tun, was nötig ist. Ich bin gespannt, was es in der Notfallmedizin inzwischen an Neuigkeiten gibt und hoffe, dass wir einen Defi erklärt bekommen, der in vielen Parkhäusern hängt. Was man schon mal geübt hat, macht das einem kein Kopfzerbrechen mehr.

Klar wäre es irgendwie richtig sinnvoll, die Obstberge einzukochen, die aufgelaufen sind und für Fruchtfliegenalarm sorgen. Alles gleichzeitig geht nicht. Erst der Kurs und dann das Obst.

Uuuund: Ich hab mir Berge Hafermilchschaum gemacht, weil das meine neue Kaffeemaschine so fein macht. Einfach aus Jux und Tollerei, weils Spaß macht. Und weil ich gerade jetzt keinen Kaffee trinken darf, war es halt der Getreidekaffee und der mag auch Milchschaummützen. So schön können Tage sein. Den Film „Mr Holland’s Opus“ will ich gern sehen, nachdem ich mir neulich die halbe Nacht um die Ohren geschlagen habe für die Doku „I am not your Guru“. In dem Alter ist das nicht mehr gut, nach Mitternacht ins Bett zu gehen. So what, der Film war es allemal wert.

Allen ein tolles Wochenende.

 

Steffi hat diesen Senior auf Rügen entdeckt. Ist er nicht großartig?

Ozean der Wahrheit

Ich weiß nicht, wie ich der Welt erscheine
Aber mir selbst komme ich nur wie ein Knabe vor;
der am Meeresstrand spielte und sich damit vergnügte,
hin und wieder einen glatten Kiesel
oder eine hübschere Muschel als gewöhnlich zu finden.
– Während der ganze große Ozean der Wahrheit unentdeckt vor mir lag.

Isaak Newton, 1643-1727

Muscheln auf Rügen – eingefangen von Steffi mit der Kamera. Danke!

Manchmal muss es Blaulicht sein

Nur im äußersten Notfall soll man zu gewaltsamen Mitteln greifen (wenn auch bei Rochefoucault bei der Suche nach dem Glück). Ich habe heute auch zu Notfallmitteln gegriffen. Ein gutes Gespräch mit einem Klienten geht zu Ende. Wir besprechen einen neuen Termin. Der Klient wird plötzlich still, blass und atmet schwer. Erklärt mir, dass das jetzt schon das dritte Mal diese Woche so ist. Wir warten ein bisschen ab. Hinlegen. Blutdruckmessen. Der Puls rast. Da Diabetiker, die Routinefrage: Wann hast du das letzte Mal was gegessen? Keine Ahnung, gestern. Ein winziges bisschen Traubenzucker zum Test, ob es besser wird, nein. Ein Schluck Wasser löst Übelkeit aus. Die Hände werden kalt, Zittern kommt dazu. Kurz beobachtet und dann die Entscheidung – Notarzt.

Ganz fix ist ein super routiniertes, gut gelauntes und supernettes Team da. Prüft Zucker, Puls, Blutdruck, EKG. Vorhofflimmern. Ab ins Krankenhaus zum Check in der Kardiologie. Im Rettungswagen die Infusion angelegt und los geht’s, vorab Anruf in der Klinik, dass da gleich ein Herznotfall kommt.

Dann die Familie ruhig verständigt, das Auto sicher abgestellt. Jetzt können die Ärzte im Krankenhaus schauen, was mit dem Herzen ist und die entsprechenden hilfreichen Maßnahmen einleiten. Wer weiß, ob das nicht supergut war, dass das gerade hier bei mir passiert ist, denn wir bleiben in aller Regel ruhig und handeln, was jemand daheim ganz alleine in der Form vielleicht gar nicht mehr selbst tun kann.

Da bin ich immer froh, dass Fortbildung in Erster Hilfe für uns dazu gehört und wir keine Scheu davor haben, notfalls eben die „heftigeren Maßnahmen“ wie Notarzt herbitten einzuleiten, auch wenn niemand gern überraschend ins Krankenhaus geht.

Es ist so beruhigend zu wissen, dass wir Hilfe bekommen können, wenn es nötig ist. Dass es den Rettungsdienst gibt, das Team total entspannt und freundlich war, parallel gearbeitet hat und alles fix gegangen ist. In Anbetracht dessen, was gerade in der Welt geschieht, ist es ein Geschenk, dass heute so schnell Hilfe möglich war. Und wer weiß, ob der Klient nicht heute auf der Suche nach dem Glück nicht einen guten Schritt vorangekommen ist und bald froh sagen kann: Zum Glück konnte Schlimmeres verhindert werden.

 

Gestreifte Zucchini sind nicht nur optisch schön.

Für den äußersten Notfall

Mit dem Glück muss man es machen wie mit der Gesundheit: Es genießen, wenn es günstig ist, Geduld haben, wenn es ungünstig ist und zu gewaltsamen Mitteln nur im äußersten Notfall greifen.

François de la Rochefoucault

Die Laternen werden schon rot im Garten.

Gastfreundschaft

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, heißt es. Wenn Menschen viele Jahre hintereinander verschiedene Teile des Jakobswegs gehen, bringen sie wie Theresa netterweise viele Fotos mit, so dass wir Daheimgebliebenen ein wenig mitreisen können. Nicht jedes Foto erzählt, wie mühsam ein Anstieg war, wie kalt der Wind geblasen oder wie heiß die Sonne gestochen hat.

Gastfreundschaft ist etwas, was wir heute kaum mehr kennen. Klar sind wir in Bezug auf Gäste auch neuerdings alle sehr außer Übung, doch die vielen Sprichwörter, die davon erzählen, dass man, wenn man einen Gast beherbergt, einen Engel oder gar Gott beherbergt, zeugen von dem enorm hohen Stellenwert der Gastfreundschaft in alter Zeit, wo es keine Hotels und B&B-Möglichkeiten oder gar Couchsurfing gab. Das kommt vermutlich der alten Gastfreundschaft noch am nähesten, weil mit Familienanschluss.

Die Zeiten sind so, dass junge Menschen nicht mehr so ins Ausland können, was ich für sehr wichtig halte. Man muss eine Zeit in einem anderen Land wirklich gewesen sein, keinesfalls als Tourist, sondern dort den Alltag mitleben. Essen, was die Menschen vor Ort essen, ihre Musik hören, ihre Lieder singen, ihre Kulturgüter kennen lernen, die Art, wie sie leben, Werte definieren und den Alltag bewältigen. Ich würde es allen jungen Menschen sehr wünschen, dass sie das alle erleben dürfen. Dann wird uns sehr bewusst, dass Menschen überall auf der Welt ähnliche Bedürfnisse haben nach einem sicheren Dach über dem Kopf, Nahrung und Wasser, Bildung und einem stabilen Gemeinschaftsleben.

Wir verlernen gerade die Grundwerte einer Gesellschaft wie Freundlichkeit, Offenheit, Nächstenliebe, aufeinander achten (nicht im Bespitzelsinn), Anteil nehmen am Leben der Nachbarn. In Großstädten kennen Menschen nicht einmal ihre Mitbewohner im gleichen Haus. Dorf kann das andere Extrem sein, wenn jeder weiß, wer wann was macht, aber so ein Mittelding wäre sehr brauchbar. Dann fällt keiner durch die Maschen des Gesellschaftsnetzes, wenn es ihm schlecht geht. Wir haben gesehen, dass es eine Frage von Minuten ist, in denen das, was wir für sicher gehalten haben, weggeschwemmt, unterspült oder von Tornados zerstört wird. Jeder kann jeden Tag in die Lage kommen, dass er sehr viel Hilfe braucht. Gastfreundschaft ist gelebte Nächstenliebe und setzt zwei Seiten voraus: Eine, die ein Dach über dem Kopf und Nahrung geben kann und eine, die das annehmen kann und nicht ausnutzt.

Wann hast du das letzte Mal Gäste bewirtet oder über Nacht zu Besuch gehabt? Was war das Besondere daran? Wie hat das dein Leben bereichert?

Allen einen freudigen Jupitertag.

 

Danke an Theresa für das Unterwegsfoto. Beim Pilgern wird viel Gastfreundschaft spürbar.

Besucher empfangen

Wer zu Hause keine Besucher empfängt, wird in der Fremde keinen Wirt haben.

Aus China.

Eine wunderschöne Herberge außen wie innen hat Theresa bei ihrer Wanderung auf dem nordspanischen Jakobsweg entdeckt. Danke für dein Foto!