Monthly Archives: Januar 2020

Dienstags-Nachdenk-Input

„Es wächst viel Brot in der Winternacht“ heißt es in einem alten Lied. Oh ja, in der Natur bewegt sich vieles. Die Temperaturen sind auch erstaunlich, so ein Hin- und Hergewoge. Schnaken tanzten im Garten. Meine Weihnachtsamaryllis ist aufgeblüht, sie ist weiß mit lachsfarbenen Rändern, erstaunliche Zauberblüten sind das. Und stehen ein wenig im Kontrast zu den ebenfalls daneben blühenden Hyazinthen am Fensterbrett. So begegnen sich Winter und Frühling auf eine besondere Weise.

Hui, geht das ab, das 2020! Was manche Menschen in diesen 13 Tagen des neuen Jahres bereits erlebt haben, würde für ein halbes Jahr reichen, ich staune. Das Tempo scheint sehr hoch zu sein, die Schwelle zum Ausflippen niedrig. Schnaufen wir doch erstmal durch, das Jahr kann nix dafür, dass mancherorts so viel Chaos ist. Es wird sich wieder lichten, keine Frage, die Wellen können hoch sein, sie bleiben es aber nicht. Und ja, viele Menschen sind zur Zeit sehr krank, egal, ob körperlich oder seelisch. Es ist schon sehr heftig. Was draußen in der Welt los ist, spiegelt sich im Mikrokosmos des Einzelnen.

Was ist zu tun? Erstmal Dampf rausnehmen. Erstmal durchatmen. Erstmal sich klarmachen, dass die Ereignisse, die uns widerfahren, nicht bedeuten, dass 2020 ein Horror wird. Das Jahr hat durchaus noch Chancen, abschreiben würde ich es frühestens am 31. 12. Aber versuchen wir immer wieder, die Meeresstille des Gemüts zu erreichen, die Mitte zwischen den Extremen, flexibel wie ein Bambusrohr, geschmeidig und beweglich, aber immer gewillt, die Mitte aufzusuchen, das Auge des Hurrican, in dem es ruhig scheint. Atmen, nur atmen, nur sein, sonst nichts.

Allen, denen das Chaos um die Ohren fliegt – nichts bleibt. Das Schöne nicht, das Schlimme nicht. Wir schicken euch beste Gedanken und Support, was möglich ist. Allen, die sich gerade zu Tode langweilen – keine Sorge. Es verteilt sich schon übers Jahr alles. Das Gute, das Negative. Wer weiß, ob das Negative nicht zum Guten sich wenden kann und das vermeintlich Gute sich als unerfreulich entpuppt. Bleiben wir also im Sturm entspannt und lassen unsere Ängste, unsere Wut, unsere Traurigkeit aufsteigen, benennen wir sie und erlauben ihr, zu sein. Aber lassen wir nicht alles an anderen aus. Unter jedem Dach ein Ach, jeder hat seine Sorgen zu tragen.

Im Wort Besonnenheit kommt Sonne vor – vielleicht braucht der eine oder andere ein wenig das Gefühl von Sonne. Wärmt mit einer Wärmflasche euer Sonnengeflecht und lasst eure eigene kleine Sonne langsam wieder aufgehen. Es wird für alles einen Weg geben, auch wenn wir ihn nicht sehen können. Niemand geht alleine. Wir sind da.

Allen einen wenig angriffslustigen Marstag.

Montags-Nachdenk-Input

Wochenende 2 im neuen Jahr war bestens genutzt. Die HPP-Gruppe an der Akademie Vaihingen widmete sich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Schlaf- und Sexualstörungen und dem Anfang der Forensik. Ich glaube, weiter kann man den Bogen in drei Tagen nicht spannen. Im Februar ist der Kurs schon fertig, wie schnell fliegt die Zeit.

Raus aus der Akademie, rein ins Auto und ab ins Krankenhaus, denn am Freitag hat das Knie des Bruders zum xten Mal beschlossen, Keime am falschen Ort explodieren zu lassen, das bedeutet bei seiner Schwerstbehinderung ja immer ein Art Auszug aus Ägypten mit Begleitperson. So hat der Papa seinen 84. Geburtstag mal wieder unfreiwillig stationär verbracht, war der Abstecher dahin auch sehr notwendig zur Hebung der Moral. Daheim dann erstmal alles auf Stand bringen, damit die Woche gut starten kann.

Der Vorteil von Kursen in einer Institution, in der die Teilnehmer auch übernachten, ist einfach, dass man unglaublich viele Menschen kennenlernt. Wir hatten dieses Wochenende das große Glück, mit dem Kurs Organisationsentwicklung parallel zu laufen – was haben sie für tolle Sachen gemacht, leider ist meine Bücherbestellliste dick angeschwollen. Klasse, dass die Küchentischgespräche Einblicke geben in das, was die anderen Gruppen gerade tun oder auch, was einzelne Menschen so bewegt. Die Akademie bietet viel Raum, es gibt viele lauschige Ecken, in denen man sich zu zweit oder zu mehreren hinsetzen und sich austauschen kann. Das ist wunderbar bereichernd! Es weitet auf eine wunderbare Weise jeden Horizont! So habe ich meine sensationelle Sammlung von selbstgedrechselten und mit bestem wohlriechenden Öl eingelassenen Kugelschreibern aufstocken können (Danke, Doro!), ein mir unbekanntes Gedicht von Rose Ausländer „Im neuen Jahr“ hat mich tief bewegt (Danke, Ulrike!) und wir haben eine Menge wunderbarer Geschichten aus dem Leben von Menschen gehört. Das Miteinander Speisen hat ebenfalls eine wunderbar verbindende Qualität, vor allem, wenn es mit Liebe und besten Zutaten gekocht wurde. Da ich selbst ja immer für meine Schüler koche, genieße ich es, ein Wochenende lang selbst bekocht zu werden. Ach, das ist toll!

Der heftige Wind hat mich flott nach Hause geweht und so werden wir vielleicht mit warmen Temperaturen und viel Luft unter den Flügeln in die dritte Woche des Jahres starten. Allen eine wunderbare Vollmondnacht und einen herrlichen Monden-Tag!

Das Foto hat Sandra gemacht – ist das nicht wunderschön? Danke!

Mehr!

Alles, was mehr aus Ihnen macht, als Sie bisher in Ihren besten Stunden waren, ist recht.

Rainer Maria Rilke am 4. 11. 1904 in einem Brief an Franz Xaver Kappus

Danke an Theresa für das herrliche Januarfoto.

Freitags-und-Wochenendnachdenk-Input

Was ist Glück? Erstmal eine Entscheidung im Kopf. Zu jeder Sekunde meines Lebens habe ich die Entscheidungsfreiheit, zu wählen, was ich denke und was ich fühle. Ich kann mich in das Hamsterrad des Jammerns und Klagens begeben mit dem Resultat, dass sukzessive meine gesamte Stimmung, mein gesamtes System, also mein körperlicher, seelischer und geistiger Zustand, Richtung worst case unterwegs ist. Schmerzt der Körper, sieht die Welt gleich noch viel schlimmer aus und das Rad bekommt mehr Fahrt.

Glück und Gesundheit werden oft gekoppelt. Ich denke, selbst schwer erkrankte Menschen können auf viele Weisen glücklich sein über Dinge. Das habe ich oft erlebt, dass Menschen mit einer massiven Krankheit einen auf etwas Wunderschönes hinweisen, was niemand vor lauter Rennerei bemerkt. Sie haben verstanden, dass Glück das Ausnutzen eines zauberhaften Moments ist und in diesem Augenblick haben sie für eine kleine Weile weniger Schmerzen, sehen einen wunderbaren Sonnenaufgang und strahlen mit der Sonne um die Wette. Im Krankenhaus sehe ich oft mehr Glück in den Augen der Menschen als wenn ich durch die Fußgängerzone gehe.

Also – in wie vielen Momenten kannst du dich heute für einen Moment des Glücks entscheiden? Beim Anblick von etwas, das dein Herz wärmt, in einem guten Gespräch, vor einem guten Teller Suppe? Bei der Lektüre eines tollen Textes, beim Hören deines Lieblingsstücks, wo immer du heute Glück entdecken kannst? Warst du heute schon Glücksdetektiv?

Allen feine Tage.

Die zwei glücklichen Ziegen haben wir im Garten des Goethanums vor einigen Jahren entdeckt.

Donnerstags-Nachdenk-Input

Ein Eisstern. Die Natur ist eine Künstlerin, vor der wir staunend stehen dürfen.

An das Zitat über die Vergangenheit aus „König der Löwen“ musste ich heute denken, denn spontan ergab sich aus der Arbeit mit einem Klienten eine sehr intensive Aufstellungsarbeit zur Kindheit. Manchmal tut es weh, Dinge zu erkennen, sie dann in die eigene Biografie einzuschreiben, denn dort ist sie ohnehin verankert. Wenn wir Erlebnisse hineingearbeitet und verstanden haben, dass sie zwar unser Leben auf andere Bahnen brachte, so auch andere Ressourcen entstanden sind, die wir später nutzen können, hören sie auf, uns zu verletzen, sondern sind Bestandteil unseres Lebens. Nichts an der Vergangenheit können wir ändern, doch wir haben Einfluss darauf, wie wir damit umgehen. Das sind keine Prozesse, die in einer Stunde ablaufen, sie dürfen ihre Zeit brauchen. Dinge werden nicht bewältigbarer, nur weil wir mal eben den Blickwinkel gewechselt haben. Aber eine veränderte Sicht auf Dinge macht es möglich, noch einmal neu und anders hinzuschauen, andere Fragen zu stellen und dann ergeben sich vielleicht auch andere Wege des Einschreibens und des Umgangs, des Wachstums. Möge die Arbeit von heute lange Zeit tragen und stärken und die nächsten Entwicklungsschritte möglich machen.

Ich stehe demütig im Raum nach so einer Arbeit. Es ist unglaublich, was Menschen erleben, überleben, aushalten und wie sie damit umgehen lernen. Wie sie um ihre Verletzung herumwachsen, ihr System versucht, das alles einzuschließen und abzukapseln, damit das gesamte System überleben kann. Sehr beeindruckend, was über die Jahrtausende im Menschen für Mechanismen wachsen konnten, damit Überleben machbar ist.

Geben wir der Angst keinen Raum. Fragen wir sie, worauf sie uns hinweisen möchte, was ihr Anliegen ist. Schauen wir hin, nicht weg. Drehen wir uns um und blicken ihr ins Auge – manchmal ist da nichts. Manchmal doch, das Erkanntwerden macht den Unterschied. Dann ist Gespräch, Austausch, Entwicklung wieder neu möglich, kann etwas frei werden durch Bewusstheit. Mutig ist das, befreiend und stärkend.

Allen einen frohen Jupitertag und viele Momente mit einem guten Gefühl der inneren Stärke!

 

Das Eissternfoto hat Silke gemacht, vielen Dank dafür!

Vergangenes

Simba: Au. Hey, warum hast du das gemacht?

Rafiki: Ist doch egal. es ist Vergangenheit.

Simba: Ja, aber es tut immer noch weh.

Rafiki: Oh ja, die Vergangenheit kann weh tun. Aber wie ich es sehe läuft man entweder davon, oder man lernt davon.

Für diesen König-der-Löwen-Drachen schloss sich der ewige Kreis in der Krone eines Baums, dort hat ihn Sigrid entdeckt und setzt ihm mit ihrem Foto ein Denkmal. Danke!

Mittwochs-Nachdenk-Input

Der Dienstagmorgen fühlte sich wie ein Montag an, wie oft nach Feiertagen. Jetzt steht der Wecker wieder gnadenlos auf ganz miesen Uhrzeiten. Was mich dann tröstet, wenn ich meine Hausrunde mache und alle Läden hochziehe, wohl wissend, dass die nächsten fünf Stunden kein Tageslicht hereindringen wird, ist die Tatsache, dass in vielen Häusern um uns herum das Licht brennt. Der Nachbar sitzt am Tisch, liest Zeitung und trinkt Kaffee. Seine Katze hängt im Fenster und starrt hinaus in die Dunkelheit. Die Ersten werfen verbotenerweise vor 7 Uhr Tonnen von Altglas in den Container, ist ja wurscht, ob das die ganze Straße weckt.

Dauertelefon und viele Mails zeigen – Weihnachtsferien halten nicht immer, was sie versprechen. Familienfeiern sind nicht nur schön, Konflikte brechen schnell auf, weil die Fluchtmöglichkeiten nach draußen im Sommer einfach größer sind. Viele haben über die Weihnachtsferien wahre Alpträume mit Krankheiten und Tod erlebt. Oft gehen meine Gedanken nachts in die Kliniken, denn nachts ist bei den Menschen die Angst am größten, die Dunkelheit fühlt sich bedrohlich an, die Einsamkeit und die Konfrontation mit sich selbst ist massiv. Schmerzen werden verstärkt wahrgenommen oder Sorgen, wie es denn mit der Gesundheit werden wird, nehmen zu. Vom Pflegepersonal höre ich von Kürzungen und für wie viele Betten jeder zuständig ist. In anderen Ländern übernehmen die Familien die Pflege der Patienten im Krankenhaus, da ist nur der Arzt, der die notwendigen Interventionen durchführt, aber gepflegt wird der Patient von seiner Familie. Wie sähe das bei uns aus? Familienmitglieder sind oft Hunderte von Kilometern weit weg, sie arbeiten, sie haben keine Zeit oder kein Interesse, man hat sich auseinandergelebt. Da käme keiner zum pflegen, weil jeder das Recht auf sein eigenes Leben, seine Verwirklichung proklamiert. Das Pflegepersonal soll beim Patienten leisten, was Erzieher in den Kitas (wie vermisse ich das zauberhafte Wort des Kindergartens) leisten sollen – wir verlagern grundmenschliche Tätigkeiten nach außen, schieben Verantwortung weg. Gründe gibt es viele. Mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Angst, etwas falsch zu machen, Bequemlichkeit und tausenderlei mehr, viele Gründe sind nachvollziehbar, andere weniger.

All das wird langfristig die Welt, die wir kennen, unterhöhlen. Im Außen zeigt uns die Natur, das vieles nicht mehr zusammenpasst, das „Imperium zurückschlägt“ und in unseren familiären Systemen sehen wir zunehmend Vereinsamung, mangelhafte Bindungen, die zu vielen Trennungen führen, Patchworking, Familien, die sich auf Zeit zusammenbinden, um sich leicht wieder zu lösen und neue Bindungen einzugehen. Menschen haben Angst, weil ihnen Sicherheit fehlt, Vertrauen und Verbindlichkeit, Verlässlichkeit. Lösung: fange bei dir selbst an. Sei du selbst verbindlich, verlässlich, das Vertrauen wert, das andere in dich setzen. Sicherheiten gibt es nur die, dass alles, was lebt stirbt und nichts bleibt, wie es ist, mehr Sicherheiten haben wir nie. Aber wenn ein Mensch weiß, dass da ein anderer Mensch ist, der zuhört, die Hand anbietet, ist das Gold wert.

Allen einen bewegten Merkurtag mit dem Schwung des Tanzes.

Danke an Christoph für die Gartenfotos. Der Kräutergarten träumt dem Frühling entgegen und ich meiner Warenlieferung der Blumenschule Schongau, wo ich am Wochenende meine Pflanzenfrühjahrsbestellung abgegeben habe * vorfreu*

Heimweh

Ich habe manchmal Heimweh, ich weiß nur nicht wonach.

Mascha Kaléko

Vielleicht hat auch der Garten Heimweh nach Sonne. Gemach. Es findet sich.

Dienstags-Nachdenk-Input

Bei uns war am Dreikönigstag Feiertag. Die Könige kamen, bestens geschminkt und warm eingemummelt, sagten ihren Spruch und schrieben dieses Jahr mit Kreide ihren Haussegen an, denn das Beschriften der Türen mit wasserfestem Stift hat Beschwerden ausgelöst. Es gibt so Momente, da denke ich nur „what?“ Aber gut, jetzt ist alles mit einem leicht abwischbaren Wachsmalstift erledigt und ich hoffe, das Haus fühlt sich ebenso geschützt. In der Nacht habe ich meine übliche Dreikönigsrunde mit White Sage, einem Bündel mit Weißem Salbei, gemacht. Möge alles gut geschützt sein über das Jahr vor allem, was kommen mag.

Nachdem die letzten Tage turbulent waren, war der Dreikönigstag als Klausurtag für die Schule gedacht. Jeder Kurs wird angeschaut – was war gut, was nicht, was bleibt, was geht? Was wird auch 2020 übernommen und was ist auf der Abschussrampe? Wohin steuert das Schiff und wo hätten wir es gern? Was für Aufgaben ergeben sich daraus? Das ist unsere jährliche „kleine Inventur“. Es gibt auch eine längere, wo wir über mehrere Tage hinweg einzelne Themen anschauen, oft auch aufstellen und überlegen. So können wir sehr schnell Veränderungen durchziehen und auch schauen, was die Themen sind, die uns für mehrere Jahre beschäftigen. Da hat sich ein Thema vertieft, das letztes Jahr schon angesprochen, aber nicht angegangen wurde und es zeigt sich – wichtig. Also intensivieren. – für solche Dinge ist ein Zusammensitzen und über alles nachdenken sehr hilfreich. Im letzten Jahr ist der HerzWegWeiser aus der Jahreswechseltagung entstanden, der demnächst auch wieder verteilt wird, die erste Ausgabe im zweiten Jahr für euch!

Schauen wir, welche Kräfte der Dienstag, der Marstag, entwickeln möchte und ob uns allen dieser Tag viel frischen Wind und Energie unter die Flügel bringt. Für manchen ist jetzt der Start ins neue Jahr arbeits- und schultechnisch, möge euch alles gut gelingen!

Einen feinen Dienstag!

Danke an Steffi für dieses Foto, das mich so staunen lässt. Ein Foto wie ein Gemälde. Herrlich!

Übergänge

Ich glaube, dass fast alle unsere Traurigkeiten Momente der Spannung sind, die wir als Lähmung empfinden, weil wir unsere befremdeten Gefühle nicht mehr leben hören. Weil wir mit dem Fremden, das bei uns eingetreten ist, allein sind, weil uns alles Vertraute und Gewohnte für einen Augenblick fortgenommen ist; weil wir mitten in einem Übergang stehen, wo wir nicht stehen bleiben können.

Rainer Maria Rilke, Brief an einen jungen Dichter

Das wunderschöne Brückenbild hat Steffi mit der Kamera festgehalten. Danke!

Montags-Nachdenk-Input

Wenn man um 17 Uhr feststellt, dass man den ganzen Tag wirklich krass viel gemacht hat, aber nix von dem, was eigentlich auf der Agenda stand, ist das ein wenig schwierig. Es gibt einfach so Tage. Da steht man auf, will seine Sachen machen und schon bringen Telefonate und Unerwartetes alles durcheinander, nichts funktioniert.

Es macht manchmal keinen Sinn, an seiner Tagesplanung festzuhalten, vor allem, wenn sehr unerwartete Dinge geschehen wie eine Krankenhauseinweisung notfallmäßig. Oder wie die Tatsache, dass wir nach unserer Systemumstellung feststellen, dass wir alles neu einstellen müssen. Gewohnte Routinen, die massiv Zeit sparen, sind nicht übernommen worden. Oberflächen sehen anders aus, verlangen andere Vorgehensweisen. Das ist nervig, aber nicht zu ändern. Mein Kopf weiß das, doch mein Temperament leider nicht. Da kann ich mir noch so oft „Ruuuuuhig“ vorsagen. Spart auf jeden Fall Mengen von Tee und meine zwei Tassen Kaffee habe ich heute auch sicherheitshalber weggelassen. Nun heißt es Geduld haben mit dem System. Wir werden uns gewöhnen, weil uns gar nichts anderes übrig bleibt.

Wichtiger ist, wie es mit unserer Patientin laufen wird. Bei einem Alter von fast 95 Jahren muss man mit allem rechnen. Insofern war das erste Wochenende des neuen Jahres gleich mal vollkommen anders als erwartet. Vielleicht sollten wir das nicht überbewerten. Sollten wir das aber als Orakel nehmen, können wir uns 2020 gleich von der Illusion verabschieden, dass die Dinge geschmeidig laufen. Jo. Wenigstens hat die Illusion fünf Tage durchgehalten, das ist doch schon der erste Rekord für das Jahr. Ich geh mal Mittagessen machen, das ist in dem Gewusel heute auch ein wenig verschoben worden.

Allen einen guten Start in die neue Woche und für alle, die morgen Dreikönigstag haben (wie wir, zum Glück, der Tag muss es rausreißen!) – viel Spaß mit dem Abbau des Baums und der Freude auf die Sternsinger.

Das klasse Schneefoto ist nicht aus unserem Garten, Ursula hat es fotografiert, vielen lieben Dank.

Wochenend-Nachdenk-Input

Spannend. Zwei Bücher liegen hier zum Lektorat. Jahrelang hat das Lektorieren von Büchern und das Begleiten von Autoren meinen Alltag ausgemacht, bis ich beschlossen habe, das zu verändern. Jetzt mache ich nur noch ab und an Bücher für Autoren, die ich schon lange begleite für einen Verlag, mit dem wir ebenfalls schon lange Wege gehen. Viele, die das gar nicht aus meinem Leben wissen, schlagen mir immer wieder froh vor: „Schreib doch mal ein Buch“. Öh, nö. Sag niemals nie, keine Frage, aber durch unsere Hände sind in über 30 Jahren ausreichend viele Bücher gegangen.

Dennoch hat die Buchwelt nie etwas von ihrer Faszination verloren und das Einzige, was es bei uns wirklich gibt, sind Bücher. Als Kind habe ich mir geschworen, jede Woche ein Buch zu lesen und bis auf wenige Ausnahmen habe ich das konsequent bis heute durchgezogen (und werde weiterlesen, bis meine Augen so schlecht sind, wie es mir meine Eltern früher nachts, wenn sie die heiße Lampe anfassten, schworen). War es früher „schöne Literatur“, wurden es mit den Jahren immer mehr Sachbücher. Heute genieße ich es, ab und an wieder ein Buch „zum Spaß“ zu lesen. Als Vorgeschmack auf die Hesseverfilmung von „Narziss und Goldmund“, die im Frühling ins Kino kommen soll (und die ich mir vermutlich gar nicht anschauen werde), habe ich meine Sammlung Hessebücher rausgekruscht, allesamt zerfleddert, am schlimmsten sieht „Siddharta“ aus, mein meistgelesenes Hessebuch neben den „Märchen“. Interessant, wie sich Hesse nach vier Jahrzehnten der Abstinenz für mich heute liest. Früher hätte ich alles gegeben, wie Hesse zu schreiben, ehe mich dann Rose Ausländer, Paul Celan und Hilde Domin auf andere Wege zogen.

Beim Nachdenken über die Bücher ist mir eingefallen, dass ich schon im Kindergarten Menschen eingeteilt habe in „lesen gute Bücher“ und „auf keinen Fall weiter hingehen, die lesen nicht“. Bis heute geht mein erster Blick auf die Suche nach dem Lesestoff, wenn ich irgendwo bin und an der Einteilung hat sich wenig geändert.

Wenn mich jemand fragte, wie ein perfekter Tag aussähe, gäbe es nur eine Antwort: Im Hintergrund rauscht das Meer (möglichst kalt und stürmisch). Ich sitze in einem großen Ohrensessel und habe ein Tischchen neben mir. Darauf steht eine sehr große Kanne Tee (okay, und Kekse) und es findet sich ein Stapel Bücher. Sollte es noch Musik geben, wäre es mit Sicherheit Bach. In dem Moment, in dem ich den Buchdeckel öffne, möchte ich hineinfallen und nichts existiert mehr außer einer guten Geschichte und der Teetasse. Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass es heute Bücher über Therapien, Therapeuten oder Sinnfragen wären, am höchsten ist. Dann verbinden sich meine Welten, die der Bücher und die der Arbeit mit Menschen, perfekt. So stelle ich mir mein Leben in 20 Jahren vor, wobei das Meeresrauschen hier in Rottenbauer eher vom Mühlstein im Garten kommen wird.

Allen ein wunderschönes erstes Wochenende im neuen Jahr. Möge es ein belesenes sein!

 

Das schöne Meeresfoto ist auch von Theresa auf dem Jakobsweg in Spanien gemacht. Danke dir!