Monthly Archives: September 2019

Seelenwasser

Über den Wassern deiner Seele schwebt unaufhörlich ein dunkler Vogel: Unruhe.

 

Christian Morgenstern

 

Danke an Sigrid für dieses wundervolle Formationsfoto am Himmel!

Donnerstags-Nachdenk-Input

Verbindung zwischen Menschen – das ist es, worum es geht. Wir alle brauchen das Gefühl, Bestandteil einer Gemeinschaft zu sein, miteinander in einem guten Austausch zu stehen. Das gibt uns Geborgenheit, Sicherheit und Vertrauen. Hesse beschreibt, dass es dennoch immer eine Trennung, gar einen Abgrund gibt zwischen uns – letztlich ist jeder Mensch mit all seinen Entscheidungen in letzter Konsequenz alleine, muss die großen Fragen für sich beantworten und sich auf sich selbst verlassen und ins Unbekannte springen. Aber Hesse benennt auch den Notsteg der Liebe. Und solange wir uns mit Menschen durch Notstege verbunden wissen, gibt es keine totale Einsamkeit, nur eine relative. Deshalb macht es viel Sinn, denke ich, sich eine Meisterschaft im Stegerrichten anzueignen und sich im Lieben des Mitmenschen und der gesamten Mitschöpfung zu üben, denn die Brücke zum anderen gibt es nicht nur zwischen Menschen, sondern zwischen allem, was lebt.

So ein Jupitertag ist doch perfekt geeignet, um Freude in unser Leben und das um uns herum zu schenken, oder? Allen einen wunderbaren Donnerstag.

Danke an Christoph für das Foto aus dem Hofgarten in Veitshöchheim

Stege über den Abgrund

Es bleibt zwischen Menschen, sie seien noch so eng verbunden, immer ein Abgrund offen, den nur die Liebe, und auch nur mit einem Notsteg, überbrücken kann.

Hermann Hesse

Danke an Theresa für das Brückenfoto aus Amerika!

Mittwochs-Nachdenk-Input

Wenn Kinder staunen, staunen sie mit ihrem ganzen Sein – Augen offen, Mund offen, Herz offen, alles offen. Das ganze Kind ist lebendiges Staunen. Es gibt ja so viel zum Staunen. Die Natur ist in allem staunenswert. Der Sternenhimmel lässt einen staunend am Erdboden stehen ob der Vielfalt des Funkelns des größten Märchenbuchs der Welt. Und Menschen bringen einen zum Staunen. Weil sie überraschend sind, großartig, umwerfend und manchmal staunt man auch über so manchen Gedankengang, auf den man selbst nie gekommen wäre.

Wer staunt, ist plötzlich gepackt. Er ist zwischen sich und dem Bestaunten, wörtlich „Inter esse“. Es wird ein Bezug hergestellt zu dem, was das Staunen auslöst. von Aquin hat es die Sehnsucht nach Wissen genannt. Staunen kommt vor dem Wissenserwerb. Ich hoffe, dass die ABC-Schützen, die diese Woche eingeschult werden, beides erfahren dürfen, das Staunen und das Wissen. Es braucht immer wieder bis ans Lebensende beides, das Staunendürfen und –können sowie die Sehnsucht nach dem Wissen und der Erwerb desselben. Dann kann Weisheit wachsen, ausgelöst durch einen Moment des Stillstehens und Schauens, Erlebens und einer Frage. Wie oft im Leben hängt alles an der richtigen Frage, denken wir nur an Parzival. Also – welche Fragen möchtest du stellen und aus welchem Grund tust du es nicht?

Allen einen staunenswerten wunderbaren Tag.

Danke für das zauberhafte Wasserperlenfoto von Ursula!

Dienstags-Nachdenk-Input

Immer wieder mal fällt mir die Ordensregel des Heiligen Benedikt von Nursia in die Hand, die ich für ein wunderbares Lehrstück halte. Auch wir heutigen Menschen können sehr viel daraus lernen. Der Wechsel zwischen ora und labora, Gebet und Tun, gefällt mir gut. Er bedeutet, dass es Zeiten des Tuns, des Handelns, des vita activa gibt, und Zeiten der inneren Einkehr, der Besinnung, des Gebets, der Meditation, der vita contemplativa. Der Wechsel belebt, macht aufmerksam. Das Schweigen ermöglicht, lauschen zu lernen auf Wesentliches.

Leben wir in so einem guten Wechsel, erfahren wir aus dieser Disziplin Stärkung, indem wir handeln, aber auch Zeiten der Besinnung darauf haben, was genau und konkret denn wirklich zu tun ist. Es wird nichts überstürzt, aber auch nichts verzögert, wenn wir immer wieder wagen, wirklich zu tun, was ansteht und uns nicht zu zerfleddern mit Ablenkungen aller Art, um Entscheidungen zu vermeiden aus Sorge, wir treffen eine falsche. Ja, dann ist das so. Wer weiß denn schon, was der Lerneffekt daraus sein wird, vielleicht lebensentscheidend in eine neue gute Richtung, was also sollte dann daran falsch sein? Aus Momenten der Stille erwächst Kraft, aus dem Tun entsteht Klarheit. Und so entsteht aus Demut Schritt für Schritt Mut.

Wo hast du in deinem Leben Raum für ora und labora? Überwiegt eines davon auf eine Weise, die dir nicht gut tut? Wie kannst du für Gleichgewicht sorgen? Hast du Angst vor der Begegnung mit dir in der Stille? Wer kennt dich besser als du dich selbst? Check it out.

Allen einen spannenden Marstag.

Danke an Theresa für das Foto der herrlichen Hortensien

Laufen und handeln

Jetzt müssen wir laufen und tun, was uns für die Ewigkeit nützt.

Aus dem Prolog der Ordensregel des Heiligen Benedikt von Nursia

Danke an Theresa für das Foto vom Jakobsweg. Meisterleistung im Laufen.

Montags-Nachdenk-Input

Rauchende Köpfe – am Wochenende war Differentialdiagnosekurs angesagt. Eifrige Prüfungskandidaten haben sich mutig ins Abenteuer gestürzt, einmal durch die ICD-10 durchzugehen und zu allen Diagnosen Differentialdiagnosen zu erarbeiten und sich durch Berge Prüfungsfragen durchzuforsten. Das ist ein superkompaktes und anstrengendes Wochenende, und ich finde es sehr hilfreich, so konzentriert einmal durch das gesamte Spektrum durchzugehen und so das Vernetzen und Agieren innerhalb der einzelnen Diagnosen zu üben. Darauf kommt es später in der Praxis auch an – Symptome erkennen ist schön,  zu überlegen, ob es eher diese oder jene Thematik sein könnte, die dahintersteckt, hat Folgen für die Therapie. Respekt! Allen, die sich auf die diversen HP-Prüfungen im Oktober vorbereiten, ob „groß“, „Psycho“, „Physio“ oder „Podo“ – gebt jetzt nochmal richtig Gas mit dem Lernen, es lohnt sich. Nehmt die Prüfung in den Fokus, stellt alles andere beiseite, bleibt intensiv dran, bald ist es geschafft. Euch allen gute Prüfungen! Wer denkt, dass ihm eine Lerngruppe gut täte: haben wir. Für die Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, ihr könnt durchaus zur laufenden Gruppe, die für die Herbstprüfung trainiert, dazustoßen, im November startet die neue Gruppe mit Ziel Märzprüfung.

Diese Woche beginnt der Alltag wieder und für die Erstklässler startet nun ein neuer Lebensabschnitt. Die Fünftklässler überwinden ebenfalls eine Schwelle so wie jene, die einen neuen Arbeitsplatz starten – „und allem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben“. Möge sich alles gut entwickeln und ihr reifen und wachsen zu Persönlichkeiten.

Wer denkt, dass auch ihm eine Entwicklung, ein Reifen und Neuland gut täte – herrlich. Dann herzlich willkommen zu einem intensiven Kurs der Selbsterfahrung zum Themenkreis „Respekt, Achtung, Wertschätzung, Empathie“! Am Sonntag, 15. September, startet unsere sechstägige Reise für Therapeuten aller Genres und zur Selbsterfahrung im Rogers-Kurs. Carl Rogers steht für Empathie, Wertschätzung und vieles mehr und genau das wollen wir lernen und vor allem intensiv üben und erfahren. Es gibt noch Platz im Kurs. Traut euch! Sechs Tage voller Wertschätzung sind vermutlich mehr, als so mancher in seinem Berufsjahr erfahren darf. Und wer die Kraft dieser Werte und der dahinterstehenden Ethik erfahren hat, weiß auch, wie er sie weitergibt, damit Freundlichkeit und Miteinander wachsen können. Infos hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/rogers/

Alle, die noch auf der Suche nach einer Therapiemethode sind, mit der sie dann in ihrer Praxis (egal, ob großer oder kleiner Heilpraktiker) arbeiten können – wir starten die Cardea-Therapie®-Ausbildung am 14. September und auch hier gibt es noch zwei freie Plätze. Gesprächstherapie verschiedenster Art, Achtsamkeit, Biographiearbeit, systemisches Arbeiten und Hypnotherapie gehen in dieser Ausbildung eine wunderbare Verbindung ein. Alle Infos hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/cardea/

Allen einen guten Start in die neue Woche, ins neue Schuljahr, den nächsten Lebensabschnitt. Möge Segen auf allem liegen, Wachstum im besten Sinne möglich sein und Freude wachsen.

Danke an Manuela für das Foto der aufmerksamen Waldbewohner. Wunderschön!

Muscheln und Perlen

Mein Herz gleicht ganz dem Meere,

Hat Sturm und Ebb’ und Flut,

Und manche schöne Perle

In seiner Tiefe ruht.

Heinrich Heine

Muscheln ohne Perlen – Danke an Theresa für das Unterwegsfoto vom Jakobsweg

Wochenend-Nachdenk-Input

September. Lang von mir ersehnter Monat. Als die Kinder klein waren, endeten dann die Sommerferien, war es Zeit, sprangen sie von barfuß fast in Halbschuhe, war für den Schulweg morgens der Walkjanker schon recht.

Die Blätter der Bäume sind auch in diesem Jahr recht müde. Dass die Wiesen bei uns grau sind, ist mir in der Rhön aufgefallen, denn dort waren sie an vielen Stellen noch grün. Hier oben regnet es nur, wenn frisch geputzte Fenster wichtig wären und seit zwei Jahren auch das nur noch bedingt.

Für die Schulkinder in Bayern und Baden-Württemberg geht die Schule wieder los, die meisten sind aus den Ferien wieder am Start und der Alltag verschluckt rasch die vermeintlich getankte Energie, die die sehr heißen Tage bei einigen gleich verbraucht haben. Schnell laufen wir in den Hamsterrädern, spielt sich der durch die Kinder getaktete Alltag ein, werden Routinen wieder Standard und die Träume des Sommers weichen der leidvoll süßen Klarheit.

Für mich beginnt jetzt die Zeit, die Morgenstern so schön beschreibt – die Zeit der Klarheit, der Wahrheit. Sie ist leidvoll und süß, sie bedeutet Erkenntnis und aus Erkenntnis kann neues Handeln entstehen. Der Winter ist perfekt zum Denken und im Herbst, wenn wir uns der Tag- und Nachtgleiche Ende September nähern, ist die beste Zeit, um mit Drachenkräften und neuem Schwung Neues in die Welt zu stellen, sich beflügeln zu lassen zum Denken, zum Lernen und zum Entwickeln neuer Projekte.

In unserer Schule SeelenGarten & LebensRaum starten die neuen Ausbildungen in Therapie und Persönlichkeitsentwicklung, ist Probeunterrichtszeit, für manche dieses Wochenende Differentialdiagnosekurs (Kurzentschlossene: anmelden, diesen Samstag und Sonntag 9 bis 16 Uhr!!!) als Prüfungsvorbereitung für die angehenden Psycho-Heilpraktiker.

In der Praxis geht es um Themen wie Loslassen, wie kann ich die Freude des Sommers mitnehmen in die dunkle Jahreszeit, Anschauen von Themen, die oft sehr tiefgreifend sind und manche Veränderung im Schlepptau haben. Dafür ist die kommende Jahreszeit perfekt. Im Sommer wollen alle draußen sein, Farbe, Licht, Luft und Sonne tanken, doch jetzt, jetzt geht es ans Eingemachte im wahrsten Sinn des Wortes, an die Klärung offener Fragen, die leidvoll und süß ist, denn das kann bedeuten – loslassen, was nicht mehr trägt. Einladen, was nun ins Leben treten will.

Ob das nun in der Praxis oder gar mit dem Start einer Ausbildung geschieht – von Herzen bist du bei uns willkommen!

Allen ein schönes Wochenende mit viel frischer, klarer Luft und dem Mut, die ersten Schritte nach Neuland zu wagen.

 

Danke an Theresa für das Kachelfoto vom Jakobsweg 2019.

Des Herbstes leidvoll süße Klarheit

Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit,

die dich befreit, zugleich sie dich bedrängt;

wenn das kristallene Gewand der Wahrheit

sein kühler Geist um Wald und Berge hängt.

Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit.

Christian Morgenstern

Danke an Manuela für das zauberhafte Weinlaubfoto!

Freitags-Nachdenk-Input

Brücken faszinieren. Sie verbinden zwei Ufer miteinander und ermöglichen Kontakt, Austausch, das Reisen, ersparen kilometerlange Umwege. Brücken zwischen Menschen werden gebildet aus Freundschaft, aus Zuneigung, aus Interesse im wahrsten Sinn des Wortes, denn inter esse bedeutet dazwischen sein.

Unsere Welt ängstigt viele. Sie ist laut, verrückt, oft unmenschlich, voller Hass und Egoismus. Allein das Brückenbilden von Herz zu Herz ist in der Lage, sie zu einem wunderbaren und liebenswerten Ort zu machen (der sie von sich aus übrigens ist). Wir sind es, die daraus Kampfgebiete, Arenen der Gier und ein Aufeinanderprallen der Egoismen machen.

Nichts in der Natur ist wie der Mensch. Viele Vögel sammeln sich hier oben zur Zeit. Da sehe ich nicht, dass einer vorweg alle anschreit, sie sollen ordentlich fliegen und Gas geben, weil der Winter naht. Mal fliegt der eine vorne weg, mal der andere. Ohne Wahl. Ohne Propaganda. Einfach, weil der vorne auch mal müde wird, dann wird halt offenbar einfach durchgetauscht. Vielleicht haben wir nur nicht mitbekommen, dass dem Vogelzug monatelange Arbeitskreise, Sitzungen und Verhandlungen vorausgegangen sind.

Wo bist du Brücke von Herz zu Herz? Oder eine Brücke zwischen dir und dem „anderen Teil“ der Natur? Wo verbindest du etwas miteinander? Und aus welchen Gründen tust du das? Im Idealfall, weil es dir ein Herzensanliegen ist, Verbindungen zu schaffen. In diesem Sinne möge dir die gute Energie des Venustages helfen, neue Brücken zu bauen und den ersten Stein in Richtung anderes Ufer zu setzen. Vielleicht stehen da ebenfalls Menschen, die das ihrerseits tun, ihr trefft euch in der Mitte und lernt euch kennen. Viel Freude!

Das herrliche Baumfoto hat Christoph gemacht, vielen Dank!

Donnerstags-Nachdenk-Input

Carpe diem wird oft übersetzt mit „nutze den Tag“. Vor vielen Jahren las ich „pflücke den Tag“. Die „nutze den Tag“-Variante klingt immer ein bisschen nach Selbstoptimierung, nach Druck und wenig Lebensfreude. Carl Spitteler hat das anders gesehen, er hat es übersetzt mit „freue dich, solange du gesund bist“. Das ist ein anderer Aspekt als den Tag möglichst perfekt auszunutzen und viel reinzuquetschen. Vielleicht bleibt man auch nur gesund, wenn man zwischen die Aufgaben die Freuerle streut, die kleinen Dinge, die das Leben zauberhaft machen. Die in Ruhe genossene Tasse Tee. Die einzelne Blüte in der Vase auf dem Tisch. Dem Lauschen der emsigen Hummeln. Dem tiefen Durchatmen, um sich von einer Sache zu lösen und die nächste anzugehen.

Was Spitteler beschreibt, ist etwas, das ich oft beobachten kann. Kaum ist etwas schön, wird sich nicht wirklich gefreut oder es genossen. Nein! Es folgt sofort das Memento mori, die Mitteilung, dass es vorbeigehen wird. Ja klar wird es das! Wie alles! Aber in diesem kostbaren Augenblick, in dem etwas wirklich schön ist, darf ich das Leben feiern. Wer sich nicht das Leben nimmt, das ihm anvertraut wurde, und das Beste daraus macht, ist eines Tages so freudlos, so niedergedrückt und ohne Perspektive, dass er es sich auf andere Weise nehmen möchte. Finde den Fehler.

Allen einen freudigen Jupitertag!

 

Danke an Christoph für das Mühlenfoto, auch aus Fladungen

Freue dich

„Carpe diem“, hat einmal jemand gesagt. Das heißt auf Deutsch: Freue dich, solange du gesund bist, ob das nun mit Sechseläuten und Jass, oder Tanz und Fastnacht, oder Reisen und Toiletten, oder Rosen und Kamelien geschieht, einerlei; das muss jeder selber am besten wissen. Aber wer im Frühling darüber jammert, dass später der Herbst kommt, oder von einem schönen Mädchen ächzt, dass sie einmal Großmutter wird, oder von einem hübschen Gärtchen jeremiaut, dass es möglicherweise einmal erfriert, der ist ein Schwachmatikus.

 

Carl Spitteler, 1845 – 1924

Danke an Christoph für das Foto, es zeigt den Bauerngarten an einem der Häuser im Freilichtmuseum Fladungen