Author page: Christine Krokauer

Schönste Harmonie

Das Gegnerische finde zusammen und aus den Verschiedenheiten entstehe die schönste Harmonie.

Heraklit

In diesem Foto von Theresa (DANKE) finden sich Natur und Menschenkunst aufs Schönste zusammen.

Mittwochs-Nachdenk-Input

Wenn wir ab nächster Woche Ferien haben, bedarf es der Bedächtigkeit. Unsere Liste der Dinge, die wir „mal machen, wenn wir Zeit haben“ ist lang. Da uns Corona nicht weniger, sondern mehr Arbeit beschert hat, war es nichts mit Abarbeiten dieser Liste während des Lockdowns. Da steht viel drauf, das Meiste wird direkt weiter draufbleiben. Gartenarbeit bei den Temperaturen besteht nur im Gießen, Ernten und Verarbeiten, was viel Säftemachen bedeutet. Der Rest wird liegen bleiben.

In diesem Jahr wird die Auszeit ein Thema haben – lernen. Es ist das Zeitfenster, in dem wir uns in Ruhe hinsetzen und für unsere Klausur und Prüfungen im Herbst lernen können. Derzeit liegen viele hochinteressante Bücher auf dem Ungelesen-Tisch, für die darf auch Zeit sein. Ich freue mich auf das nächste Jahr schon riesig vor, da steht eine weitere hochspannende Fortbildung an, die unser Portfolio bestens abrundet. Seit Jahren möchte ich sie machen. Nie war Zeit. Jetzt nehme ich sie mir, sie wird uns auf eine weitere Ebene des Arbeitens bringen. Allein die Vorfreude ist toll.

Wir dürfen wieder lernen, gut für uns selbst zu sorgen. Das hat dieses Jahr sehr intensiv gezeigt. Viele Menschen haben keine Ahnung mehr, wie man das macht. Sie haben seit Jahrzehnten die Verantwortung für ihre körperliche und mentale Gesundheit abgegeben, verlernt, dass die großen Dinge oft sehr schlicht sind, es nicht um mehr, abgefahrener oder schräger geht, sondern um ein Heimkommen in sich selbst und mit ausgewählten lieben Menschen.

Lebensordnung wird wichtig, wenn äußere Versorgungssysteme versagen. „Der Mensch bringt täglich sein Haar in Ordnung, warum nicht auch sein Herz“ heißt ein Sprichwort. Es geht um Rhythmus, um Ernährung, die auch Medizin ist, ausreichenden guten Schlaf, angemessene Bewegung, damit wir wieder in die eigene Kraft kommen, anstatt uns auf Pillen und Urlaubsfluchten zu verlassen. Es geht nicht um komplexes Gedöns mit riesigem Aufwand, sondern recht einfache Handlungen.

Vielleicht gelingt es uns, mehr Menschen mitzunehmen auf diese Reise, die nicht in eine nostalgisch verklärte Vergangenheit führt, sondern sehr wohl altes Wissen mit modernsten Erkenntnissen verbindet und daraus nachvollziehbare, schlichte und stärkende Schritte macht. Wie wesentlich Gesundheit ist, haben wir 2020 gelernt. Doch wie wir diese Gesundheit jeden Tag ausbalancieren, dazu fehlt vielen das Vertrauen und die Erkenntnis, dass es ihre vordringliche Aufgabe ist. Nur wer gesund ist, kann gut arbeiten, leben, wachsen und sich entwickeln. Der kranke Mensch hat nur eine Aufgabe – gesund zu werden.

In diesem Sinne allen einen sehr beweglichen Wochenteilungstag in einer Woche, die man durchaus als heiß bezeichnen kann.

Für alle mit Sehnsucht nach Abkühlung und blauer Stunde ein Foto von Stephanie! Danke!

Erholung!

Erholung ist die Würze der Arbeit.

Plutarch, 45-120

Theresa hat einen der schönsten Blicke auf Würzburg von der Festung aus festgehalten. Danke!

Dienstags-Nachdenk-Input

Brücken – sie verbinden Menschen, Städte, Länder. Sie ermöglichen Übertritte an Stellen, an denen man es braucht, um sich zu begegnen. So muss keiner kilometerweit wandern, um eine Furt zu suchen, die man gefahrlos queren kann. Deshalb war das Zerstören von Brücken in Kriegszeiten ein bewährtes Mittel, um Schaden anzurichten. Heute gibt es Luftbrücken, die Nöte lindern können.

In unserer Gesellschaft fehlen derzeit viele Brücken. Menschen haben ihre Brücken zueinander abgebrochen. Die Pandemie sorgt für Abstand, Abstand trennt auch innerlich. Verschiedene Meinungen schaffen Lager. Wer Lager hat, muss Feindbilder pflegen. Gelegentlich fühlt es sich so an, als wäre das genau Absicht. Lagerbildung erzeugt Angst, Angst macht schwach und schwache Menschen werden schneller krank, glauben eher Demagogen und lassen sich einfach führen. Ich wage mal die kühne Behauptung, dass noch im Januar Dortmund- und Bayernfans miteinander auskommen konnten, vielleicht mühsam, aber meistens ging es doch. Und nun streiten wir um Masken, Abstand, Schulordnungen und vieles mehr und splittern uns gesellschaftlich immer mehr auf.

Die psychiatrischen Kliniken und Ambulanzen melden steigende Zahlen von Erkrankten – wen wundert das. Homeoffice und –schooling belastet Familien massiv, wirtschaftliche Ängste kommen dazu und oft enge Wohnverhältnisse in der Stadt. Das wird gerade bei knapp 40 Grad mürbgekocht. Das Aggressionspotential kann man mit Händen greifen. Egal welche Medien man aufschlägt oder einschaltet – die Pandemie mit ihrer zweiten Welle ist das Thema überhaupt und sorgt für tiefe Ängste von Angestellten, Eltern, Selbstständigen, die früher mal einen Mittelstand gebildet haben und das Grundgerüst der Gesellschaft waren.

Unvernunft waltet, vor allem, wenn Menschen im Urlaub ihren Alltag vergessen wollen und das dann auch in jeder Hinsicht tun. Ich habe Klienten, deren Immunsystem durch Erkrankungen unterdrückt wird, sie haben berechtigt Angst vor Infektionen. Ich mache mir Gedanken, wie ab September der Unterricht in unserer Schule funktioniert oder ob es einen weiteren Lockdown gibt und wir wieder auf Filme umsteigen müssen.

Lasst uns neue Brücken bauen. Es geht nicht, dass Angst unser Handeln bestimmt oder dass wir aus Angst in Grübeleien und damit langfristig Depressionen verfallen. Es geht nicht, dass Angst aus Menschen mit Verstand zittrige Schafe macht, die ohne nachzudenken tun, was andere sagen, deren Gründe lauter sein können, aber nicht müssen. Versuchen wir das, was man „gesunden Menschenverstand“ nennt, erneut mit Leben zu füllen, anstatt die Energie in Hasstiraden zu stecken.

Bleiben wir wach, achtsam und sorgsam. Benutzen wir unser Gehirn für vernünftige Haltungen, ein offenes Herz für die anderen. Wer Brücken einreißt, erkennt oft erst dann, wie wichtig diese Brücken gewesen wären. Nicht immer lassen sie sich leicht wieder errichten. Manchmal ist zu viel zerstört.

Allen einen kraftvollen und klugen Marstag, der viel Energie mit sich bringen kann und uns auffordert, ins Tun zu kommen.

 

Auch dieses wunderbare Foto hat Stephanie gemacht! Danke!

Brückenbauer

Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluss des Lebens schreiten musst, niemand außer dir allein.

Friedrich Nietzsche

Diese Brücke hat Stephanie fotografiert. Dankeschön!

Montags-Nachdenk-Input

Nestroys Zitat greift es schön – kaum ist etwas bewältigt, folgt  die nächste Herausforderung. Letzte Woche meinte ein Klient ein wenig genervt: „Wird es denn auch mal ruhig?“ Ich glaube schon. Es gibt in jedem Leben Phasen der Ruhe, auch wenn sie gefühlt kurz sind. Phasen, in denen Dinge funktionieren, wir Alltag haben. Der nervt uns irgendwann und es heißt: „Tretmühle“. Erstaunlicherweise ist es genau dieser Alltag, den sich die meisten Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten wünschen, wenn sie sagen: „Ich möchte einfach mal wieder einen ganz normalen Tag haben.“

Offenbar sind wir sehr geneigt, uns stets mit dem Abwesenden zu beschäftigen, nicht mit dem, was gerade ist. Grübelschleifen fräsen sich in unser Denken, denen wir ausgiebig folgen und meinen, mit noch mehr Nachdenken würden wir irgendwann auf gute Lösungen kommen. Reflektion ist sinnig. Wenn das Denken zum Selbstläufer wird und permanent in Schleifen läuft, müsste uns auffallen, dass das weder zur Lösung des Problems noch zur Steigerung der Stimmung beiträgt.

Das Bambusfoto erinnerte mich daran, wie wichtig Flexibilität ist. Der Bambus ist hochflexibel, im Sturm biegt er sich, bricht aber nicht. 2020 ist ein Jahr, in dem trainieren wir das kollektiv. Theoretisch jedenfalls. Praktisch haben wir die Situation, dass sich viele in jeweiligen Nischen festsetzen und ihre Ansichten betonieren und neue Schleifen pflegen.

Probleme löst man nicht durch permanentes Wiederkäuen wenig zielführender Marter- und Foltergedanken. Das kann man mal ne Zeitlang machen, das ist vollkommen in Ordnung, aber irgendwann muss man die Hacke in die Hand nehmen und den Boden auflockern, um Neues zu säen. Denn an irgendeinem Tag möchte ich ja wieder etwas ernten und das kann ich erst, wenn ich mich der Mühe des Hackens, Grabens, Säens, Hegens und Pflegens unterzogen habe.

Gestern habe ich einen großartigen Input bekommen zum Thema Selbstdisziplin, Zeitmanagement und Prioritäten von Peter Kreuz und Anja Förster, deren neues Buch erschienen ist. Klare Aussagen für Menschen, die gewohnt sind, Verantwortung für ihre wertvolle Lebenszeit zu übernehmen. Manchmal ist das der Unterschied zwischen Menschen, die trotz aller Lebensrückschläge, Krisen und Katastrophen, die alle treffen, aufstehen und immer wieder neu anfangen und Menschen, die aufgeben. Dieser Moment des Umschwungs zwischen „wird ja nie mehr gut“ zu „schauen wir einfach mal, was geht.“ Genau diesen Moment wünsche ich allen zum Wochenstart, die gerade in Grübelschleifen hängen. Zukunft „geschieht“ nicht einfach so. Wir gestalten sie. Wie soll sie für dich sein?

Allen einen wunderbaren Montag.

 

Den hochgewachsenen Bambus hat Theresa fotografiert, vielen Dank!

Den Acker neu pflügen

Kaum ist die Ernte einer Erfahrung glücklich eingebracht, so wird der Acker vom Schicksal neu umgepflügt.

Johann Nepomuk Nestroy, 1801–1862

Das erntereife Getreide hat Manuela fotografiert!

Wochenend-Nachdenk-Input

Erntezeit. Die meisten Felder sind geleert. Die Bauern haben die Ernte des Getreides teilweise beendet und es war nicht das beste Jahr. Im Grunde das dritte Dürrejahr in Folge, nur unseren modernen Warenströmen verdanken wir das Vermeiden von Nöten. Ein Luxus, den sich nicht viele Länder leisten können. Lughnasad liegt hinter uns, das Fest, das uns darauf verweist, nicht nur zu ernten, sondern auch gleichzeitig die Saat für das nächste Jahr auszusortieren und wegzulegen. Dankbar zu sein für die Möglichkeit, etwas ernten zu können. Garben wurden gebunden und es wird auch um Schutz für den Rest der Ernte gebeten, denn vieles steht noch auf den Feldern und in den Gärten, manches wird jetzt erst gesät, damit wir im Herbst noch einmal frischen Spinat und Feldsalat haben. Ich warte die Hitzewoche noch ab, dann werde ich auch für den Herbst säen.

Saint-Exupéry stellt klar, dass wir nichts Lohnenswertes ernten, wenn wir aus Profitgründen säen. Das ist im richtigen Leben auch oft so. Wir stecken Erwartungen in Projekte und Menschen mit dem Ziel, dass möglichst viel für uns selbst dabei herausspringt und werden dann entsprechend oft enttäuscht. Natürlich müssen wir Gewinne erwirtschaften, um Geld zu verdienen, denn diese Gesellschaft funktioniert derzeit noch so. Es ist auch gar nicht verboten, Geld zu verdienen. Es geht nur um die Frage, womit man das tut.

Vor Jahren gab es eine Bankenwerbung, die mir gut gefallen hat: „Was macht mein Geld im Kindergarten? Sinn“. Das fand ich prima, denn es zeigt auf, dass das Geld, was ich zurücklege und was meine Bank dann investiert, etwas antreiben kann, was wichtig für die Zukunft ist. Das eine fördert das andere, eine gute win-win-Situation. Sinn, so stellte bereits Viktor Frankl fest, ist die Sache, die das Leben erst lebenswert macht. Wem der Sinn abhanden kommt, kämpft im Überlebensmodus. Ohne Sinn wird es eng.

Sinn ist sehr oft ein Thema in der Praxis. Ich werde gefragt: Was ist denn der Sinn des Lebens? Darauf gibt es keine Patentantwort. Sinn will entdeckt, gefunden werden. Manche Menschen werden geboren und sie wissen schon mit drei, was sie werden sollen und ziehen es konsequent durch und werden Meister ihres Fachs. Andere haben viele Begabungen und verzweifeln, welche sie denn ausbauen sollen, anstatt die zu forcieren, die ihnen gerade am meisten liegt und die anderen mitnimmt für später. Menschen, die den Lebenssinn verlieren, neigen dazu, das Leben loszulassen. Vielleicht besteht der Sinn darin, manches einfach auch auszuhalten und ins Vertrauen zu gehen, dass sich der Sinn schon erschließt. Er kann auch beim Gehen des Lebensweges entstehen – der Sinn ist das Gehen, nicht das Ziel erreichen.

Was immer uns antreibt, morgens aufzustehen, also unser Ikigai – es muss nichts weltbewegend Großartiges sein, sondern etwas, das uns gemäß ist, das unser Herz wärmt. Für manche besteht der Sinn darin, für andere Menschen da zu sein, andere retten Wale, den Urwald oder schreiben Bücher. Wieder andere sind tolle Köche, wunderbare Altenpfleger und großartige Eltern. All das ist und macht Sinn. Manchmal ist Sinn, einfach da zu sein, die Arme auszubreiten und Trost zu geben.

In Zeiten, in denen uns der Sinn zu fehlen scheint, brauchen wir die Kraft, das auszuhalten. Nicht jeder kann das aushalten. Wir können ebenfalls nicht jeden halten, der die Kraft nicht aufbringt und seine Entscheidung gegen das Leben trifft. Dann ist es wichtig, sich um die Familie zu kümmern und für den Menschen gute Gedanken zu haben. Zu versuchen, sich selbst stark zu machen, damit man selbst immer wieder im Feuer des Lebens stehenbleiben kann, ohne zu verzweifeln.

Vielleicht denkt der eine oder andere, dass das schon heftige Themen fürs Wochenende sein mögen. Ja und nein. Wir erleben inzwischen in erhöhter Frequenz in der Praxis, dass Menschen den Sinn nicht mehr greifen können, Fragen ans Leben haben und mit zerstörtem Vertrauen massiv kämpfen. Wenn die Sonne scheint, kann man das offenbar eher abpuffern. In wenigen Tagen klopft der Herbst an und damit die eher dunkle Jahreszeit. Bleiben wir offen für das, was ist. Laden wir selbst immer wieder neu das Leben ein, uns Sinn zu zeigen und Wege zu eröffnen, die wir gehen können oder uns stärkt, dass wir die Phasen, in denen sich wenig Licht am Horizont zeigen mag, aushalten können. Es gibt immer Wege, Möglichkeiten und Türen. Manchmal braucht es die Zeit des Aushaltens und Offenbleibens.

Allen ein gutes Wochenende mit Freude, Freundlichkeit und vielen Momenten, in denen der Sinn des Lebens greifbar werden mag. Und allen, denen es nicht gut geht – geht raus, bewegt euch, wandert in der Natur und lasst Erwartungen auf schnelle Lösungen los. Manchmal kommen die Antworten erst, wenn wir losgelassen haben. Wu wei. Wir geben alles, lassen los und – die Zukunft kann uns die Hand reichen.

 

Den Gong hat Christoph selbst geschmiedet und er ruft bei uns die Lernenden zu den Mahlzeiten und zurück in den Kurs.

Freitags-Nachdenk-Input

Das Zitat von Rudolf Steiner ist über 100 Jahre alt. Steiner wünscht sich als soziale Grundtugend, dass sich die Menschen gegenseitig das Vertrauen schenken. Für einen Moment war das im Frühjahr vorhanden – die Menschen haben sich zurückgezogen und vertraut, dass Patienten gut versorgt werden, alles getan wird, um eine Katastrophe zu verhindern. Inzwischen machen wir eher die Erfahrung von Gräben, die wir zwischen uns ausheben, weil Meinungen unterschiedlich sind und Misstrauen statt Freundlichkeit toxisch unsere Adern durchströmt.

Vor den Erlebnissen dieses Jahres leuchtet das Zitat von Steiner für mich förmlich heraus. Wie oft erlebe ich das massive Leiden unter Vertrauensbrüchen in der Praxis. Die meisten Probleme der Menschen entstehen durch gestörtes Vertrauen. Ein Kind wird missbraucht – wem sollte es jemals wieder trauen können, wenn es das Schlimmste erfahren hat, wenn Menschen seine Integrität überrennen und ihrem Schutzauftrag für ein Kind nicht nachkommen? Partner betrügen sich und missbrauchen damit das Vertrauen, das in eine Beziehung gesteckt wird. Im Geschäftsleben wird Vertrauen missbraucht durch Diebstahl, in die eigene Tasche wirtschaften, jemanden übervorteilen. Im Sozialen unterstellen wir Menschen, die Hilfe beziehen, Faulheit, sich in der sozialen Hängematte ausruhen und vieles mehr in allen Bereichen unserer Lebenswirklichkeit.

Es ist vollkommen richtig, dass es immer und überall Menschen geben wird, die das Vertrauen verspielen. Auf der anderen Seite stehen Millionen Menschen, die das nicht tun. Wenn ich den Tonfall betrachte, der in den Medien herrscht, das Gefühl von fehlerhafter oder mangelhafter Information, die Tatsache, dass wir keinen klar kommunizierten Fahrplan haben für den Herbst, was die Pandemie betrifft und die Bundesländer aus politischen Gründen eigene Suppen kochen, anstatt dass sich wenigstens innerhalb eines Landes die Menschen einigen, was gesunder Menschenverstand sein könnte, stelle ich fehlendes Vertrauen fest. Menschen trauen sich nicht einmal mehr selbst. Sie können weder ihrer Wahrnehmung vertrauen (was durchaus richtig ist, denn wir sehen die Welt nie, wie sie ist, sondern so, wie wir selbst sind) noch ihren Beziehungen (was tragisch ist) noch sich selbst (was uns in tiefste Verzweiflung stürzen kann).

Vertrauen beginnt mit einem Vorschuss in den anderen Menschen. Ich schenke ihm mein Vertrauen erst einmal ohne Grund und Anspruch. Damit bekommt der andere die Möglichkeit, das Vertrauen zu rechtfertigen oder zu enttäuschen. Enttäuschung bedeutet Ende der Täuschung, ich weiß also über den anderen Bescheid in der Zukunft. Ich ziehe jedoch daraus keinen Allgemeinschluss auf die Menschheit, sondern auf eine Person.

Wir werden immer mehr gezwungen, uns miteinander auf neue, gute und auf „gesundem Menschenverstand“ (falls ihn jemand findet, bitte melden) basierende Weise an einen Tisch zu setzen, um die Fragen der Menschheit zu lösen. Jeder, der an diesem Tisch sitzt (also alle Menschen auf dem Planeten) wird freundlich gebeten, Vertrauen mitzubringen, nur so können wir uns an unsere guten Seiten erinnern. Wem Misstrauen begegnet, handelt gemäß der selffullfilling prophecies „Hab ichs doch gleich gesagt, denen kannst du nicht trauen!“ Es braucht Ruhe, Besonnenheit, eine neue Form der Offenheit, sehr viel Lernbereitschaft und die Fähigkeit, mit dem Herzen zu lauschen, den Verstand einzuschalten und zu versuchen, wertungsfreier zu werden. Dann kann Vertrauen wachsen. Vertrauen braucht Raum, Fürsorge und ein paar Zutaten wie gegenseitige Wertschätzung, auch wenn die Ansichten divergieren, die Fähigkeit, das Ego zu beschneiden und den Mut, zunächst unvorstellbare Wege zu probieren.

Allen einen Venustag voller Vertrauen. Beginnen wir wie immer bei uns selbst: trauen wir uns heute selbst über den Weg. Trauen wir uns zu, heute so zu handeln, wie die beste Version von uns handeln würde. Was würde das Vertrauen tun? Was würde die Liebe tun? Was tue ich?

Manuela hat die Hummel im Bild festgehalten. Dankeschön dafür!

Vertrauen in den Menschen

Notwendig ist, dass in der Zukunft vergrößert werde dasjenige, was man Vertrauen des einen Menschen zum anderen nennen kann. Es wäre eine soziale Tugend, eine soziale Grundtugend. In unserer Zeit der sozialen Forderungen ist diese Tugend am wenigsten vorhanden, denn die Menschen fordern, dass für die Gemeinschaft gelebt werde, aber keiner hat das Vertrauen zum anderen. In unserer Zeit der sozialen Forderungen walten die allerunsozialsten Instinkte.

Aus einem Vortrag von Rudolf Steiner, gehalten in Dornach am 14. Dezember 1929

Danke an Sigrid für das feine Foto aus dem Norden.

Donnerstags-Nachdenk-Input

Auf Hebbels interessante Aussage zur Kultur bin ich gestoßen. Viele Schritte führen zur Höhe einer Kultur, nur einer nach unten. Kultur kommt von colere, das lateinischen Wort bedeutet urbar machen, bebauen, pflegen, ausbilden. Unter Kultur verstehen wir heute alles, was die Menschen selbstgestaltend tun im Gegensatz zur Natur. Kultur und Zivilisation bedeuten zweierlei, beschrieben hat es Immanuel Kant so: „Wir sind im hohen Grade durch Kunst und Wissenschaft cultivirt. Wir sind civilisirt bis zum Überlästigen, zu allerlei gesellschaftlicher Artigkeit und Anständigkeit. Aber uns für schon moralisirt zu halten, daran fehlt noch sehr viel. Denn die Idee der Moralität gehört noch zur Cultur; der Gebrauch dieser Idee aber, welcher nur auf das Sittenähnliche in der Ehrliebe und der äußeren Anständigkeit hinausläuft, macht blos die Civilisirung aus.“ (in: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 1784).

Ich dachte die letzten Tage viel über das nach, was wir unter Kultur verstehen, denn es ist sehr unterschiedlich, was Menschen alles Kultur nennen. Dabei ist mir wieder aufgefallen, dass wir viele Begriffe haben, sie oft im Alltag nicht sauber definieren. Ein Klient hatte letzte Woche gesagt, wenn wir so weitermachen, sei das der Untergang unserer Kultur. Er meinte vermutlich unserer derzeit gepflegten Lebensform und ich bin mir nicht sicher, ob das nicht gar ein Vorteil wäre.

„Civilisiert bis zum Überlästigen“ nannte es Kant und bemängelte fehlende Moral. Begriffe wie „ehrbarer Kaufmann“, „zu seinem Wort stehen“, „per Handschlag besiegeln“ sind nicht mehr im Gebrauch bei vielen und die, die sich daran halten, erleben oft genug Ausnutzung ihrer „Gutmütigkeit“.

Immer wieder kehren wir in der Frage, wie wir unser Leben leben möchten, zu Grundwerten zurück. Dass wir bei dieser Menge Menschen auf dem Planeten permanent jemandem begegnen, der in keiner Weise unsere Weltsicht teilt, liegt in der Natur der Sache. Dass mich „das Andere“ verunsichert, verängstigt und verwirrt, ist klar. Ich empfinde das weniger als negativ, eher als Bitte an den anderen, mir seine Weltsicht zu erklären ohne missionarischen Eifer. Wahrscheinlich hat er aus seiner Sicht genauso Recht wie ich aus meiner, beide sind wir garantiert nicht im Besitz einer Wahrheit.

Kultur basiert auf Werten. Werte teilen wir mit vielen Menschen. Sie zu achten, nach ihnen zu handeln und das Herz und den Geist offen zu halten für den anderen, der ganz anders denkt und fühlt und von ihm seine Welt erklärt zu bekommen, ist ebenfalls ein Stück Kultur. Werte sind unveräußerlich. Ignoranz, Beleidigungen, Rechthaberei und Niedermachen gehören für mich nicht zu einer irgendwie gearteten Kultur. Ich muss niemandes Meinung teilen. Niemand muss meine Meinung teilen. Aber haben dürfen wir verschiedene Meinungen. Diese verändern sich durch Begegnung, Austausch, Erkennen, Verstehen und Begreifen. So kann Neues wachsen. Wiederholungen des immer Gleichen machen dies noch nicht zur Wahrheit.

Allen einen freudigen Jupitertag. Wer weiß, was uns an diesem Tag begegnet, das uns verwirrt, verändert, einlädt, gewohnte Wege zu verlassen und Neuland zu entdecken.

Den Termitenhügel hat Theresa in Australien entdeckt. Danke für das Foto!

Die Höhe der Kultur ist die einzige, zu der viele Schritte hinaufführen und nur ein einziger herunter.

Friedrich Hebbel, 1813 – 1863

Die Landschaft des Ayers Rock gehört zum Kulturgut der australischen Ureinwohner. Danke an Theresa für das Foto!

Mittwochs-Nachdenk-Input

Sich auf die Zukunft vorbereiten empfiehlt Perikles. Wie gelingt das? Vielleicht mit dem Lösen von Erwartungen, wie sie auszusehen habe. Ich halte es für bedeutsam, dass man weiß, an welchen Stern man seinen Lebenskarren hängen mag, wie es da Vinci als Aussage zugeschrieben wird. Gemeint ist damit die Vision, welcher der Mensch im Leben folgt. Die ist ein sehr hohes, übergeordnetes Thema und daraus resultieren dann Ziele, die ich erreichen kann. Sie dürfen eine gute Herausforderung sein, sonst ist uns schnell langweilig, aber nicht so schwer sein, dass Scheitern vorprogrammiert ist. Und dann gibt es noch das Unerwartete. Das, was von außen geschieht und nicht in unserer Hand liegt. Wir können das Verhalten anderer Menschen nicht einschätzen. Ebenso wenig wissen wir, wie das Wetter wird, ob es weitere Pandemien oder weltweite Stromausfälle gibt, wir uns schlagartig verlieben oder krank werden, Kinder bekommen oder Großeltern werden – all das liegt nicht in unseren Händen und kann von uns auch nur mit einem flexiblen Innenleben beantwortet werden. Wer aber eine sture Vorstellung hat, was wo wie zu sein hat, scheitert rasch und resigniert.

Die beste Investition, die meiner Meinung nach von einem Menschen getätigt werden kann, ist Bildung. Nicht unbedingt das Wissen, das ich auch nachschlagen kann, sondern Herzensbildung. Ein anderes Wort wäre Charakter. Er basiert auf unseren Werten, die sich im Feuer des Lebens immer wieder umschmieden lassen, sich verändern und bearbeitet werden möchten. Er basiert auch darauf, wie wir mit dem, was uns widerfährt, umgehen. Wachsen wir an Herausforderungen oder gehen wir in die Überforderung? Können wir lernen, Probleme zu lösen und so im Vertrauen sein, dass bei künftigen Problemen auch eine Lösung kommt (das wäre die sogenannte Mastery experience, das Vertrauen, dass uns was einfallen wird)? Oder erwarten wir stets den worst case und bekommen auch genau den, damit unsere Erwartungen auch gut erfüllt werden?

In seine eigene Entwicklung zu investieren ist kein Egoshooting, sondern vernünftig. Wer gut in sich ruht, sich vertraut, seine Fähigkeiten, Stärken und Besonderheiten ebenso wie seine Schwächen kennt, steht anders in den Wellen des Lebens. Er kann surfen, ans Ufer gehen oder sich einfach auch mal treiben lassen, weil er weiß – ich hab den Kompass in der Hand. Ich kann segeln und weiß, wo es langgeht von der groben Richtung her.

Was sehe ich in diesem Jahr? Rumgedümpel. Jeder geht auf Warteschleife Marke „och, wenn ich jetzt was anfange und es kommt der nächste Lockdown“ oder „wozu investieren, lohnt ja eh nicht mehr“ und anderes. Oder es wird gejammert. Wegen ausgefallenem Urlaub (das scheint die größte denkbare Katastrophe zu sein. Nach wie vor denke ich: Wenn dein Leben so bescheuert ist, dass du nur für den Urlaub lebst, wäre es da nicht irgendwie intelligent, für ein besseres Leben zu sorgen anstatt alles in vier Wochen Abhauen zu investieren mit dem Wissen, dass die Erholung laut Statistik in exakt DREI Wochen aufgebraucht ist?). Wegen Chaos. Sorgen und Nöten.

Es gibt unfassbar viele hoch berechtigte Sorgen und Nöte, allem voran Gesundheit. Auch da bin ich aber als mündiger Mensch zum größten Teil in der Eigenverantwortung. Es liegt an mir, ob ich ausreichend schlafe, mich vernünftig ernähre (das ist keine Geldfrage), meine Gedanken freundlich und gelassen halte, nicht an Chefs, Kollegen oder meiner grauenhaften Vergangenheit oder der grauenhaften Zukunft. Und wenn mir meine Arbeit nicht passt, ist es doch ebenfalls meine Aufgabe, das zu verändern! Dann qualifiziere ich mich für etwas anderes oder lerne, das, was ich habe, zu lieben, das findet in meinem Kopf statt und wird mir nicht serviert von außen.

Deshalb wäre es schön, wenn wir uns auf gute Weise in den Fokus nehmen: Wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Schlaf, Lebensfreude, Gemeinschaft? Auf welche positive Zukunft möchte ich mich konzentrieren? Wie viel Ablenkung erlaube ich mir in meinem Alltag und was nutzt mir das? Entspannung ist super. Fernsehen und stundenlang Daddeln oder in den asozialen Medien unterwegs sein ist keine Entspannung, es ist Stress fürs System. Wir haben ganz schön verlernt, auf unsere gute innere Stimme zu hören. Im Herbst starten wir einen Kurs, der gegen Nervosität, Verzettelung und Chaosdenken stark macht. An vier Wochenenden werden wir uns auf den Weg in die innere Mitte begeben. Wer mitmachen möchte, ist herzlich willkommen, schaut mal hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/mittefinden/

Allen einen guten Wochenteilungstag!

Dieses wunderbare Foto hat Steffi gemacht. Ich danke dir sehr!

 

Zukunft

Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein.

Perikles

Wohin dieser Weg führen mag? Sigrid lässt das mit ihrem Foto offen. Danke!