Monthly Archives: März 2023

Diese Tage

Diese Tage! Wie oft ich die Krankenkasse angerufen habe. Termin beim Pflegestützpunkt, die einen mega Job machen, super beraten (DANKE!). Die Aussichten auf einen Pflegedienst: kaum Chancen. Heimplatz: witzige Frage. Ich fülle gefühlt 1000 Anträge aus. Die Stadt hat beim Einwohnermeldeamt keine Termine frei. Einen Schwerstpflegefall kann ich nicht alleine im Haus sitzen lassen, um in die Stadt zu fahren, zu warten ohne Ende und dann wieder zurück. Online geht nicht. Termine soll man frühs spontan schauen (als ob ich spontan oder nicht spontan das Haus verlassen könnte, das geht einfach gar nicht).

Wundmanagement – läuft. Medizinische Fußpflege: versuchen Sie es bei allen Podologen. Hausbesuche macht kaum jemand. „Wenn Sie mal nicht können, kommt der Pflegedienst.“ Anrufe bei Pflegediensten: „Wir haben keine Leute, können niemanden mehr aufnehmen.“ Heißt auf deutsch: Wenn ich krank werde, ist Feierabend, denn Einmalkatheter machen auch die Pflegedienste so gut wie nie, sie dürfen nur Dauerkatheter, was in dem Fall nicht machbar ist. Aber ich kann mich freuen, ich bin unfallversichert beim Windelwechsel. Immerhin.

Family rockt – gestern wurde im Wohnzimmer pflegefreundliches Klickvinyl verlegt. Wow. Danke an Annemarie und Frank, die das organisiert und in die tausend Ecken gepfriemelt haben.

Ich hoffe, ich komme rasch mit allem durch, damit wir das neue normal starten können. Heute am Telefon: „Das glauben Sie ernsthaft?“ Ohne Witz – ja. Glaube ich.

 

Stephanie hat diese herrliche Morgensonne fotografiert. Lieben Dank für dein Bild!

Vogeleien

Die drei Spatzen

In einem leeren Haselstrauch

Da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.

Der Erich rechts und links der Franz

Und mitten drin der freche Hans.

Sie haben die Augen zu, ganz zu,

Und obendrüber da schneit es, hu!

Sie rücken zusammen dicht an dicht.

So warm wie der Hans hats niemand nicht.

Sie hören alle drei ihrer Herzlein Gepoch.

Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.

Christian Morgenstern

Fakefoto. Keine Spatzen. Und auch nur zwei. Aber ein zauberschönes Foto von Sandra. Danke dir!

Daumen drücken

Am Mittwoch ist der Tag der Wahrheit für alle, die sich auf die verschiedenen Heilpraktikerprüfungen vorbereiten – wir drücken allen Teilnehmenden die Daumen, dass sich das Lernen auszahlt! Wenn die schriftliche Prüfung rum ist, ist ein großer erster Schritt bewältigt, dann noch das Mündliche und gut. Auch für viele Mediziner stehen Prüfungstermine mit dem Physicum an – alles Gute für alle Menschen, die Prüfungen vor sich haben, egal, in welchem Bereich. Auch das Leben bietet ja jede Menge Prüfungen in vielerlei Hinsicht.

Bei uns herrscht noch ein wenig Ausnahmezustand, bis sich neue Routinen einstellen. Ein schwerer Pflegefall ist durchaus ein Umstellung, auch wenn ich es ja gewohnt bin, aber eben noch nicht bei uns zuhause. Das Haus ist einfach klein und kompakt, was weder ein Pflegebett noch ein Rollstuhl ist, aber gut, wir gewöhnen uns. Und daran, dass wir dreimal am Tag Zucker messen müssen, damit alles rund läuft und wir nicht anfangen wollen zu essen und dann alle losrufen: Stopp, nicht essen, erst Zucker messen! Wir üben.

Allen einen freundlichen Start in eine Woche, in der der Frühling kommen soll.

 

Wenn jeder Samenschirm ein Wunsch sein darf, bietet Löwenzahn ja wirklich alle Möglichkeiten. Danke an Stephanie für dein Vorfreufoto auf den Frühling.

Er ists

Er ist’s

Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte;

Süße, wohlbekannte Düfte

Streifen ahnungsvoll das Land.

Veilchen träumen schon,

Wollen balde kommen.

– Horch, von fern ein leiser Harfenton!

Frühling, ja du bist’s!

Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike, 1804-1875

Das zauberhafte Hellgrün, wenn im Frühjahr die Bäume anfangen auszutreiben. Danke an Stephanie für das Foto!

Neuer Mitbewohner

Jemand schnarcht leise neben meinem Schreibtisch und das ist unser neuer Mitbewohner Stephan. Ein aufregender Tag. Mit dem Krankenwagen zu uns war stressig. Morgens wurde das Pflegebett aufgebaut – ohne Matratze. Also dort bei ihm die Matratze aus dem Bett und in den Panda. Mit drei Fahrten voll bis unters Dach war alles hierher geschafft, der Rollstuhl kam dann mit dem Krankentransport. Als er sein gemachtes Bett mit den gewohnten Kuscheltieren vorfand, war er ruhiger, sonst bedeuten Krankenwagenfahrten Klinikaufenthalte. Nach einer Mahlzeit und der Kühlschrankinspektion kam die Entspannung. Schauen wir, dass er sich gut eingewöhnen kann. Der Vater besucht ihn morgen, um auch ruhiger zu werden, wenn er den Sohn gut versorgt weiß, dann kann er sich auf seine OP am Dienstag besser vorbereiten.

Jetzt ist im Haus jeder Millimeter vollgestopft mit Windeln, Kathetern, Verbandsmaterial, der Rollstuhl blockiert den Flur und im Bad stapeln sich die Utensilien. Ich hoffe, wir gewöhnen uns alle bald daran.

Zum Glück ist dieses Wochenende kein Kurs, so haben wir Eingewöhnungsmöglichkeiten auf allen Seiten. Und was dann kommt, werden wir sehen.

Familie ist eine Herausforderung

Was für ein Ritt in dieser Woche. Der Vater ist bis Dienstag aus dem Krankenhaus entlassen. Hoffnung hatten wir in drei Tage Kurzzeitpflege gesetzt, damit wir den Bruder in Ruhe umziehen können. DAS ist eine Masterclass. Entscheid des Amtsgerichts abwarten bezüglich Wohnsitzveränderung. Pflegebett organisieren und zwar so, dass eines hier aufgebaut wird, während er in seinem noch sitzt. Tausend Anrufe bei Sanitätshaus, Krankenkasse. Aufbautermin fürs Bett Freitag 9 Uhr. Super. Um 10 Uhr sollen wir mit dem Vater bezüglich Betreuung etc. bei Hausarzt sein, 50 km weiter weg. Also Orga, wer beim Aufbau hier ist. Anruf Rettungsleitstelle, Transport betreffend. Wieder Anruf bei der Krankenkasse. Transporte dieser Art werden nicht bezahlt, also selbst bezahlen, ist ja kein Transport zum Arzt. What? Rezept für Pflegebett, Windelbestellungen umordern, alle Medis nochmal versuchen für die erste Zeit zu organisieren. Zehnter Anruf bei der Krankenkasse – darf der bisherige Urologe weiter Rezepte für die Katheter schreiben? Wie soll ich einen Urologen auftreiben, wenn der Bruder nie eine Praxis aufsuchen kann?

Währenddessen versucht die Klinik, nach der OP den Vater für drei Wochen in die Kurzzeitpflege unterzubringen, was ich für einen netten Versuch halte. Hoffnung stirbt zuletzt.

In der Nacht, im heftigsten Sturm, Regen ohne Ende und Nebel Berge Windeln, Bettwäsche und erste Sachen abgeholt nach dem Resttag in der Praxis. Gerade ist die (neue unbenutzte) Couch abgeholt worden, denn an diesen Platz muss das Pflegebett. Könnte Millimeterarbeit werden. Sechs Stunden Telefonate, Warteschleifen bisher. Keiner, der sich für Auskünfte ernsthaft verantwortlich fühlt. Jetzt weiß ich erstmal, weshalb meine Klient:innen mich so schätzen.

Allen einen freundlichen und hoffentlich Warteschleifen freien Freitag.

 

Manche Wochen gleichen diesem Feldweg. Take the long way home. Danke, Gabi, für dein Foto!

Struggletage

Manchmal merkt man den Vollmond bei den Menschen und in Kombination mit viel Wind und Sturm draußen kann das eine innere Unruhe erzeugen. Das sind Tage, da braucht es im Straßenverkehr und im Umgang mit anderen mehr Achtsamkeit, weil alle ein wenig „durch den Wind“ sind.

Die Zeiten sind immer wieder herausfordernd. Wir werden, wenn ohnehin schon viel los ist, manchmal mit Themen konfrontiert, die hätten wir weder gebraucht noch jemals selbst gewählt, doch ist das dann nicht die Frage. Ich bin ja eher der Planer und Vorsorger, ich versuche, wo es möglich ist, vieles im Vorfeld zu besprechen und zu klären, vor allem, wenn es um Dinge geht, die einen gigantischen Rattenschwanz an Arbeit und Veränderung nach sich ziehen. Da schätze ich Vorgespräche, Planungen und saubere Terminschienen (die auch dann noch ausreichend nicht funktionieren, das weiß ich wohl). Menschen, die Jahre den Kopf in den Sand stecken und dann um Hilfe krähen, wenn dann wirklich die Kacke am Dampfen ist, lösen in mir Unmut aus, denn es bedeutet, eine Suppe auszulöffeln, die man weder gekocht noch geplant hat.

Vorteil – ich kann den Unmut auf Mond und Wetter schieben und hoffen, dass sich mit der Veränderung dieser Gegebenheiten auch andere Themen mitlösen lassen. Bis dahin gilt: Einatmen. Ausatmen.

Allen einen freundlichen Jupitertag!

 

Stephanie hat diesen Löwen doch wahrhaftig beim Wandern entdeckt. Danke für dein Fundbild!

Mondnacht

Mondnacht

Es war, als hätt’ der Himmel

Die Erde still geküsst,

Dass sie im Blütenschimmer

Von ihm nun träumen müsst’.

Die Luft ging durch die Felder,

Die Ähren wogten sacht,

Es rauschten leis’ die Wälder,

So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte

Weit ihre Flügel aus,

Flog durch die stillen Lande,

Als flöge sie nach Haus.

Joseph von Eichendorff, 1837 erstmals veröffentlicht

Stephanie hat den Vollmond im Bild festgehalten. Danke dir!

Von Herzen DANKESCHÖN

Von ganzem Herzen DANKE an alle, die an mich so liebevoll gedacht haben, mir geschrieben, gemailt und aufs Band gesprochen, mir über die sozialen Medien Grüße geschickt, für mich gemalt, gebastelt, gebacken und Blumen organisiert haben. Ich freue mich über jeden Gruß und jede liebe Nachricht. So viel Wertschätzung!

Der Rest des Tages aufgrund der innerfamiliären Herausforderungen ohne Worte. Freude und Chaos liegen oft eng beisammen.

DANKE an euch alle. You made my day.

 

Blumenfreude pur!

Worst case

Manche Worst-Case-Szenarien stellt man sich vor, bis der Fall eintritt. Das war am Sonntag so. Wir sind mitten im Kurs und bekommen nicht mit, dass das Telefon klingelt. In der Pause sehe ich viele Anrufe, blinkendes Display auf dem AB. Der Vater ist gestürzt, hat den Notfall ausgelöst, Abtransport ins Krankenhaus und der behinderte Bruder sitzt verwirrt allein daheim im Pflegebett ohne Frühstück und frische Windel.

Es läuft die Maschinerie an. Der andere Bruder wurde vom Notdienst erreicht und hat sich in München ins Auto gesetzt. Das ist dann erstmal abgeraucht, worauf die Partnerin eingesprungen ist und fährt (rund vier Stunden). Die Sozialstation stellt netterweise zwei Stunden eine Kollegin beim Bruder ab. Nach dem Kurs rase ich hin. Wir bringen erstmal Wäsche in die Klinik und versuchen, herauszufinden, was los ist: es ist nix gebrochen, kein Herzinfarkt, kein Schlaganfall.

Der Bruder kann ein paar Tage Homeoffice machen. Der Fall, an dem wir seit dem Tod der Mutter mit unserem uneinsichtigen Vater arbeiten, ist da. Zwei Jahre Weigerung, eine Heimunterbringung anzustreben, nun müssten wir in einer Woche einen Platz für zwei Menschen finden gegen den Willen des Vaters, der das ablehnt. Fix endet die Homeofficezeit beim Bruder und mein Vater kann den behinderten Bruder nicht mehr versorgen, er hat es sich mit allen Sozialstationen und Helfern vergrätzt. Lösung – Pflegebett in unserem Wohnzimmer, das Homeoffice für Christoph ist und Esszimmer, wenn wir Wochenendkurse haben? Wie packe ich den Pflegeaufwand in den Alltag?  Was wird mit dem Vater? Pflegedienste nutzen nix bei schwerst geistig behinderten, autistischen und hospitalisierten Menschen, die dreimal am Tag Einmalkatheter brauchen, Dauerkatheter sofort rausreißen und wechselnde Betreuung nicht vertragen. Wir räumen seit Monaten in Gedanken unser Wohnzimmer um und das Leben zur Seite. Mal schauen, welche Lösungen sich finden.

 

Wenn Sand wie Wellen aussieht – Beate schickt das Wüstenfoto. Krass, oder? Danke für das Bild!

Herz haben

Habe ein Herz, das nie hart wird; ein Temperament, das nie müde wird; und eine Berührung, die niemals weh tut.

Charles Dickens, 1812–1870

Stärkung, von Gabriele fotografiert! Danke für dein Bild!

Nach-denklich

Manche Wochenenden sind vielfältig. Den Samstag nutzten wir zum Filmen und mal. Mutig haben wir uns dann ins Kino verfrachtet – Tár.

Mahlers 5. Sinfonie als Musikthema, von der Mahler 1905 schrieb: „Die Fünfte ist ein verfluchtes Werk. Niemand capiert sie.“ Todd Fields Film mit Cate Blanchett in der Hauptrolle fühlt sich manchmal bedrückend an. Eine Meisterleistung von Blanchett und ein Film, der uns lange wachgehalten hat. Wer hat was wahrgenommen, interpretiert? Selten haben wir über einen Film so intensiv gesprochen wie über diesen und Mahlers Zitat über seine Sinfonie könnte stellenweise auch über dem andeutungsreichen Film stehen, der voll ist mit Querverweisen, Geheimnissen und langen Einstellungen von Fahrten in menschenleeren Tunneln.

Der Sonntag war dann der Einführung in den Buddhismus im Seminar gewidmet – einer meiner Lieblingskurstage.

Die Woche wird spannend, viele Menschen werden mir begegnen und ich weiß, wie schwer die Themen sind, die Menschen gerade umtreiben am Ende der Winterzeit, wenn die Hoffnung auf warme Sonnenstrahlen größer wird.

 

Stephanie nimmt uns in einen wunderbaren Frühlingsmorgen mit. Danke für dein Foto!