Worst case

Manche Worst-Case-Szenarien stellt man sich vor, bis der Fall eintritt. Das war am Sonntag so. Wir sind mitten im Kurs und bekommen nicht mit, dass das Telefon klingelt. In der Pause sehe ich viele Anrufe, blinkendes Display auf dem AB. Der Vater ist gestürzt, hat den Notfall ausgelöst, Abtransport ins Krankenhaus und der behinderte Bruder sitzt verwirrt allein daheim im Pflegebett ohne Frühstück und frische Windel.

Es läuft die Maschinerie an. Der andere Bruder wurde vom Notdienst erreicht und hat sich in München ins Auto gesetzt. Das ist dann erstmal abgeraucht, worauf die Partnerin eingesprungen ist und fährt (rund vier Stunden). Die Sozialstation stellt netterweise zwei Stunden eine Kollegin beim Bruder ab. Nach dem Kurs rase ich hin. Wir bringen erstmal Wäsche in die Klinik und versuchen, herauszufinden, was los ist: es ist nix gebrochen, kein Herzinfarkt, kein Schlaganfall.

Der Bruder kann ein paar Tage Homeoffice machen. Der Fall, an dem wir seit dem Tod der Mutter mit unserem uneinsichtigen Vater arbeiten, ist da. Zwei Jahre Weigerung, eine Heimunterbringung anzustreben, nun müssten wir in einer Woche einen Platz für zwei Menschen finden gegen den Willen des Vaters, der das ablehnt. Fix endet die Homeofficezeit beim Bruder und mein Vater kann den behinderten Bruder nicht mehr versorgen, er hat es sich mit allen Sozialstationen und Helfern vergrätzt. Lösung – Pflegebett in unserem Wohnzimmer, das Homeoffice für Christoph ist und Esszimmer, wenn wir Wochenendkurse haben? Wie packe ich den Pflegeaufwand in den Alltag?  Was wird mit dem Vater? Pflegedienste nutzen nix bei schwerst geistig behinderten, autistischen und hospitalisierten Menschen, die dreimal am Tag Einmalkatheter brauchen, Dauerkatheter sofort rausreißen und wechselnde Betreuung nicht vertragen. Wir räumen seit Monaten in Gedanken unser Wohnzimmer um und das Leben zur Seite. Mal schauen, welche Lösungen sich finden.

 

Wenn Sand wie Wellen aussieht – Beate schickt das Wüstenfoto. Krass, oder? Danke für das Bild!

Kommentar posten