Türchen 22: Holundermagie

„Vor jedem Holunderstrauche möge man den Hut ziehen“, riet Sebastian Kneipp. Wie kaum ein anderes Gewächs in unseren Breiten ist der Holunder mit zahllosen Mythen und uraltem Heilwissen verknüpft. Früher gab es bei jedem Haus einen Holunderbaum, alles an ihm ist heilkräftig. Aus den Blüten wird der Fliederblütentee gemacht, der stark schweißtreibend wirkt und bei Infekten eingesetzt wird, um ins Schwitzen zu kommen. Gleiches gilt für die Beeren, die als heißer Saft auch den Schweiß anregen. Die Rinde ist heilkräftig bei Durchfall und Verstopfung.

Dem Holunder konnte man Krankheiten „anhängen“, er war das magische Tor zur Elfen- und Unterwelt, am 21. 6., dem Johannitag, konnte der, der unter dem Hollerbusch saß um Mitternacht, den Elfenkönig ausreiten sehen.

Aus den Zweigen schnitzten die Kinder Pfeifen. Der Sargtischler nahm einst Maß mit einem Zweig des Holunderstrauchs, die Reitgerte des Kutschers, der das Gespann lenkte, auf dem der Sarg stand, war auch aus Holunder. Niemals durfte man eine Wiege aus Hollerholz machen, sonst würden die Feen das Kind holen und stattdessen ein Feenwechselbalg dort lassen. An den Holunder schüttete man das Badewasser, vergrub die Zähne und band die Krankheiten hinein.

Der Holunder ist mit Sicherheit unsere magischste Pflanze. Er ist Frau Holle zugeordnet, die machtvolle Göttin an der Grenze zwischen Leben und Tod, die jetzt, wenn am 21. 12. die Rauhnächte beginnen – achtet auf eure Träume!! – mit Wotan und allerlei „Gelichter“ mit der Wilden Jagd, den Winterstürmen, über den Himmel zieht und im Alpenraum Perchta genannt wird. Deshalb wird jetzt keine Wäsche mehr draußen aufgehängt, damit sie kein Leichentuch wird. Die ungeborenen Seelen sitzen im Mantelsaum der Holle auf deren Reise um die Welt, um sich ihre Familien zu wählen, in die sie hineingeboren werden möchten.

Wohl dem, der einen Holunder im Garten oder vor dem Haus hat, diesen Schutzbaum der besonderen Art. Wer mag, startet heute mit einer großen Tasse heißen Holundersafts als Kick fürs Immunsystem und um sich gut mit den Kräften, die ab jetzt bis zum 6. Januar auf besondere Weise spürbar werden, zu verbinden.

„Weil man sich  an die überaus guten Dienste des Holunderbaumes, dieses treuen und früher so geachteten Hausfreundes, nicht mehr erinnerte, deshalb hat man ihn vielfach verworfen. Möchte dieser der alte Freund wieder zu neuem Ansehen kommen!“ Dieser flammende Aufruf Pfarrer Kneipps möge euch daran erinnern, einen Holunderbaum zu pflanzen und so ein Stück wichtige Hausapotheke im eigenen Garten zu haben.

Allen einen freundlichen Jupitertag.

 

Annemarie hat im Theilheimer Steingarten fotografiert. Herzensdank!

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