Author page: Christine Krokauer

Mit Hausmitteln helfen können

Karl Meyer bezeichnet den Herbst als Zeit der Reife. Vieles darf jetzt reifen. Wir fahren so manche Ernte ein, damit die Scheunen voll sind für den Winter. Das bezieht sich nicht nur auf die Früchte aus Feld, Wald und Flur, sondern auch auf das, was man sich so im Lauf eines Jahres erarbeitet.

Hoffen wir, dass die Schulkinder wieder regelmäßig Unterricht haben und alle soweit gesund bleiben, denn normalerweise haben wir Ende September die erste Rotznasenzeit, wenn alle dann ihren ersten grippalen Infekt der Wintersaison erwischen. Mal sehen, wie das wird, denn die normalen Rhinoviren sind nicht dank unserer neuen Desinfektionsmittelusancen ausgerottet.

Deshalb erstmal rein mit allen Beeren, die jetzt reifen, jede einzelne ein Vitaminpillchen, das unserem Immunsystem Stärke verleiht. Her mit den Äpfeln und allem, was wir jetzt ernten können. Der Feldsalat streckt seine Spitzen ans Licht und wartet auf das Wasser, das wir heute mal wieder mit dem Schlauch verpassen müssen, weil es nach wie vor nicht regnet.

Heute sagte mir im Parkhaus eine Frau: „Sind Sie auch froh, wenn das Jahr rum ist?“ Für einen sonnigen Septembertag eine Frage, die wäre vermutlich in den Vorjahren nie gestellt worden. Ich weiß es nicht. Ich bin da so aufgestellt: Lassen wir es erstmal rumgehen. Und wie froh wir dann sind, sehen wir am 31. 12.

Da wende ich mich lieber wunderbaren Dingen zu. Das bedeutet neben der Praxisarbeit heute, dass ich Skripten für Kurse ausdrucke. Hurra, der neue Drucker ist fix und druckt fein.

Ich freue mich, dass sich gleich einige liebe Leute für den Räucher-/Aromapflegetag angemeldet haben. Unterschätzen wir die Kraft der Wickel und Auflagen nicht. Wer weiß, wie Herbst und Winter werden. Mit diesen uralten Hilfsmethoden erreichen wir unglaublich viel. So ein Jahr wie dieses lehrt uns sehr wohl, dass sie alten überlieferten Methoden der Erfahrungsmedizin nicht zu verachten sind. Die Kombination aus Hightech und Bienenwachsauflage ist durchaus interessant. Nicht immer ist Hilfe zur Hand, wohl dem, der einen gut gefüllten Wissensschatz hat, wie man sich im Notfall auch selbst helfen kann und das ganz einfach, denn Zwiebeln, Zitronen und ein paar andere Grundzutaten wie Quark etc. hat jeder daheim und kann flugs daraus etwas Linderung bei vielen Problemen schaffen. Gewusst wie, wie immer.

Allen einen freundlichen weisheitsvollen Jupiteratag mit der Kraft der Mäßigung, aber auch der stillen Freude.

Die Herbstzeitlosen hat Christoph im Bild festgehalten. Danke!

Zeit der Reife

An den Herbst

O Herbst, du Zeit der Reife,

Wenn ich das Land durchstreife,

Auf dem im Sonnenschimmer

Dein sanfter Segen ruht,

Wie träumt‘ ich mich für immer

So mild, so froh, so gut!

Karl Meyer, 1786 – 1870

Kürbisse am Goetheanum reifen der Ernte entgegen.

Die beste Therapie!

Der Blick in die Natur, befand Beethoven, beruhigt unser Gemüt in Bezug auf unsere to-do-Listen. Dem kann ich gut folgen. Ich halte Dr. Wald und Dr. Garten für die besten Therapeuten gegen jede Unbill im Leben. Wer in und mit der Natur lebt, hat jede Medizin um sich. Unsere Lebensweise verhindert recht erfolgreich, dass wir mit den Jahreszeiten leben. Wäre da nicht die Helligkeit oder besser gesagt die Tatsache, dass die meisten von uns nun wieder im Dunkeln aufstehen und es abends immer früher dunkel wird, würden wir vielleicht nicht zu viel bemerken, Klimaanlagen und ähnlichem Technikschnickschnack sei Dank.

Wer regelmäßig im Wald oder in seinem Garten unterwegs ist, hat viele Gelegenheiten, sich mit den Rhythmen der Natur zu befassen und in ihnen zu schwingen. In der Waldorfschule gibt es die Jahreszeitentische. Das sind kleine Eckchen oder Ständer, deren Dekoration eng mit der Jahreszeit zusammenhängt. Jetzt sind es vielleicht schon die Zierkürbisse oder die Lampionblumen, die bereits in vollen Rottönen leuchten, bald kommen die Kastanien dazu, die Nüsse, duftet eine pralle Quitte, liegt dort wie zufällig ein kleiner gebastelter Drache, wenn die Herbstwinde anheben.

Für mich bedeutet der Jahreskreis die Taktung durch die Festzeiten wie die Sonnwenden, Frühjahrs- und Herbstäquinox (Tag- und Nacht-Gleiche), dazwischen Maria Lichtmess, 1. Mai, Schnitterfest, Michaeli, Allerheiligen/Allerseelen mit ihren uralten Ritualen und Geheimnissen. Ich erlebe den Jahreskreis intensiv und bewusst und bin dankbar für die Erinnerung durch meinen Garten, dass wir stetig im Jahreslauf voranschreiten.

Ein Eimer herrlicher Zwetschgen fand am Wochenende den Weg zu mir, zudem Äpfel, alte Sorten mit Geschmack, den unser heutiger Einheitszuchtbrei nicht schaffen kann. Zwetschenkompott ist eingemacht, im Winter ist jedes Glas ein Spätsommergruß. Der Dörrautomat surrt rund um die Uhr und beschert uns Apfelringe. Daraus lässt sich vieles machen. Von Apfeltee über Müslizutat bis feine Knabberei zwischendurch. Das alles macht sehr viel Arbeit, das stimmt. Eine gefüllte Speisekammer erfreut mein Herz, weil ich weiß, dass die Mühen des Sommers und Herbstes belohnt werden. Einfach ein Glas aufmachen und genießen. Etwas, das direkt vor dem Fenster oder bei lieben Freunden gewachsen ist, verspeisen. Sich an die Stunden des Gießens, Jätens erinnern. Wenn eine Saftflasche geöffnet wird, wissen wir, wie heiß es war, als wir kurz vor Mitternacht Berge von Johannisbeeren abzupften fürs Entsaften. Dass die Brombeerernte ein Kampf gegen Stacheln und Wespen war, auch die Stachelbeere hat sich gut gewehrt, während der Holunder geizig war. Das sind Momente, in denen etwas von dem spürbar wird, was man unter „eigener Scholle“ versteht.

Wir sehnen uns alle nach Verbundenheit. Dass Verbundenheit bedeutet, sich auf etwas oder jemanden einzulassen, die Bereitschaft, den oder das Andere, vielleicht sehr Fremde, in sein eigenes Leben einzuladen, die Komfortzone zu verlassen, ist uns oft zu viel Arbeit. „Man ist zeitlebens für das verantwortlich, was man sich vertraut gemacht hat“, belehrt der Fuchs den kleinen Prinzen. Wenn ich Verbundenheit erleben will, ist meine Aufgabe im Sinne von Saint-Exupéry, dass ich mich auf den Prozess des Zähmens einlasse, Verantwortung übernehme und damit belohnt werde, dass mich das Blond eines Menschen an ein Weizenfeld erinnert, über das die Sonne ihre Strahlen schickt.

Womit bist du verbunden? Welche Ernte wirst du in diesem Jahr einfahren können, sei sie ganz real im Glas, in Flaschen, im Tiefkühlfach, sei es im übertragenen Sinn? Worauf soll die Sonne noch einmal scheinen, damit die Trauben reifen?

Allen einen belebten Merkurtag.

Steffi schickte dieses wunderbare Foto unserer Natur. Danke.

Öffne die Herzenstüren!

Die Kraft der Sonne im Herzen tragen: das könnte für die nächsten Wochen eine feine Übung werden, damit in der Seele die Wärme der Welt wirken kann. Wärme und Sonne sind Lebenselixiere für uns Menschen. Wenn die Tage kürzer werden, braucht es Speicherpotential für Licht und Wärme. Damit ist die reale Sonne gemeint, aber auch das, was wir mit innerer Sonne meinen. Ein tiefes Verständnis für unsere Mitmenschen, ein Mitgefühl, kein Mit-Leid. Wenn wir im Menschen die Not, aber auch die Schönheit erkennen, wird es warm. Wenn der andere sein darf, wer und was er ist und wir nicht das Bedürfnis spüren, ihn permanent verändern zu wollen, damit er in unser Weltbild passt, entsteht Raum, der mit Licht und Wärme gefüllt ist.

Wir erleben ein zutiefst menschliches Gefühl von Verbundenheit, wenn wir auf Menschen treffen, die uns so nehmen, wie wir sind. Bei denen wir authentisch sein dürfen, uns nicht verbiegen müssen, die klarkommen damit, dass nicht alle unserer Eigenheiten immer gut erträglich sind. Sie wollen uns nicht verändern, sondern sind bereit, ihre Herzenstüren weiter aufzumachen, damit unsere Sperrigkeit auch mit reinkommt. Das sind Wachstumsgaranten, solche Menschen sind Leuchttürme auf unserem Lebensweg.

Der Steinertext regt dazu an, uns mit der Wärme der Sonne und der Welt zu verbinden und sie wie ein Leuchtfeuer weiterzugeben. Wenn wir uns selbst gewärmt und durchsonnt fühlen, ist es einfacher für uns, das anderen zu ermöglichen.

Wer durchwärmt, durchsonnt dein Leben und lässt dich so, wie du bist? Wo kannst du selbst so für andere Menschen sein? Herzliche Einladung, die Herzensräume weit zu öffnen und mit Licht, Sonne, Wärme und Liebe zu fluten!

 

Allen einen kraftvollen Marstag. Die Energie des Tages kann dabei helfen, alte, rostige Tore zu öffnen, den Staub von Jahrzehnten zu entsorgen und Licht und Sonnenschein als Geschenke anzunehmen.

 

Sigrid war im Wald unterwegs. Wenn man das Foto lange betrachtet, wird es lebendig. Dann hörst du das Wasser plätschern, vernimmst den Wind, wie er leise durch die nun trocken werdenden Blätter streicht und erlebst das Farbspiel aus Sonnenstrahlen, Wassertropfen und verschiedenen Grüntönen. Danke für dieses Erlebnisfoto, Sigrid!

 

Licht und Wärme im Herzen

In meinem Herzen strahlt die Kraft der Sonne

In meinem Herzen

strahlt die Kraft die Sonne

In meiner Seele

Wirkt die Wärme der Welt.

Ich will atmen

die Kraft der Sonne.

Ich will fühlen

Die Wärme der Welt.

Sonnenkraft erfüllt mich

Wärme der Welt durchdringt mich.

Rudolf Steiner

Als ich Sigrids herrliches Baumfoto bekam, dachte ich – genau das ist der passende Text dazu. Danke!

Inspirationsquellen

Nur fünf Minuten täglich, schlägt Steiner vor, sollten wir das betreiben, was früher der herrliche Begriff der Seelenhygiene beschrieb. Sich in sich selbst versenken wäre in heutige Sprache übersetzt Meditation. Seine Lebensgrundsätze sollen wir in diesen Minuten prüfen – was haben wir denn für Lebensgrundsätze? Welche Werte haben für uns Priorität, auf welcher Leitlinie schreiten wir dahin? Machen wir uns täglich bewusst, wo wir bereits Kenntnisse erworben oder gravierende Lücken haben? Sind wir uns bewusst, dass wir auch Pflichten haben? Oft genug stellen wir auf unsere Rechte ab, denken egozentrisch und wenig sozial. Welche Pflichten habe ich? Habe ich sie freiwillig übernommen oder sind sie mir aufgezwungen? Wie gehe ich damit um?

Besonders tiefgreifend finde ich die Anregung, über den Inhalt und den wahren Zweck des Lebens nachzudenken. Das trifft genau den wunden Punkt der meisten, die zentrale Frage nach dem Sinn des Lebens. Menschen rutschen in schwere Depressionen, wenn sie ihr Leben als nicht sinnvoll erachten. Vielleicht finden wir nicht DIE unfassbar großartige Aufgabe, zu der wir berufen sind und wo sich alles in uns hinentwickeln möchte.

Es kann ein sehr tiefer Sinn im Leben darin bestehen, seine Arbeit gut zu tun, in seinem Umfeld freundlich zu wirken, Kinder zu erziehen, das, was man tut, mit stiller und froher Liebe zu tun, egal, wie klein oder groß einen das dünken mag. Das sind äußere Wertungen. Keine Arbeit ist zu gering, als dass sie kein Ritterschlag wäre, wenn sie mit Würde und Liebe zur Sache getan wird. Das adelt alles. Mancher verzweifelt, weil er keine großartigen Dinge tut. Sind es nicht viel häufiger die Stillen, Liebenswerten, Freundlichen, Gütigen, die unser Herz bereichern, uns ihre Nähe suchen lassen, weil sie nicht verurteilen, lauschen statt gegentexten und ihre Menschlichkeit natürlich ist? Na also. Jeder sei, wer er ist und gebe an diesem Platz, an dem er steht, jeden Tag sein Bestes. Dazu helfen diese fünf Minuten enorm.

Als ich Kind war, legte ich mir eine Liste an mit Menschen, die ich toll fand. Da waren Menschen drauf, die waren weder berühmt noch berüchtigt, aber ich liebte sie. Meine Erstklasslehrerin war wunderbar! So jung und schon Lehrerin, schön angezogen war sie. Ich war beeindruckt von Mondfahrern, Herzchirurgen, Sauerbruch, Schweitzer und früh von Lyrikern, denn ich merkte, dass ihre Meisterarbeit an der Sprache sofort ins Herz geht und Menschen verändern kann. Bis heute gibt es Menschen, die mir ein tiefes Vorbild sind. Sie sind wie ein Bambusstab für Jungpflanzen im Garten und wechseln mit den Jahren. Wer ist deine Inspirationsquelle?

Komm gut in die neue Woche hinein.

 

Annes Strand in Spanien. Großartig, mit dem Meer zu leben.

Der wahre Zweck des Lebens

Zusammenfassung

Von Zeit zu Zeit Blicke in sein Inneres tun, wenn auch nur fünf Minuten täglich zur selben Zeit. Dabei soll man sich in sich selbst versenken, sorgsam mit sich zu Rate gehen, seine Lebensgrundsätze prüfen und bilden, seine Kenntnisse – oder auch das Gegenteil – in Gedanken durchlaufen, seine Pflichten erwägen, über den Inhalt und den wahren Zweck des Lebens nachdenken, über seine eigenen Fehler und Unvollkommenheiten ein ernstliches Missfallen haben, mit einem Wort: das Wesentliche, das Bleibende herauszufinden trachten und sich entsprechende Ziele, zum Beispiel zu erwerbende Tugenden, ernsthaft vornehmen. (Nicht in den Fehler verfallen und denken, man hätte irgendetwas gut gemacht, sondern immer weiter streben, den höchsten Vorbildern nach.).

Man nennt diese Übung auch „die richtige Beschaulichkeit“.

Rudolf Steiner

Diese Übung kann wie ein Leuchtturm im Alltag sein. Anne, die in Spanien lebt, hat uns ihren „Haus-Leuchtturm“ geschickt! Beste Grüße nach Spanien! Danke!

Lebst du oder schläfst du noch?

Ich liebe seit Jahren die Wochenend-Übungen von Rudolf Steiner. Da ich Samstag und Sonntag meistens irgendwo Kurse gebe, sind sie – manchmal vorgelesen, manchmal nur Bestandteil meiner Morgenmeditation – mit mir unterwegs.

Die Samstagsanregung liest sich schön, ist jedoch eine wahre Herausforderung. Nur bedeutsame Gedanken soll man denken! Wie viele tausend Mal ertappe ich mich am Samstag (und an allen anderen ist es nicht besser!), dass ich Gedanken bewege, die im Grunde keine Sekunde die Energie wert sind, die das Denken erfordert. Was ich von allen Wochensprüchen am schwersten umzusetzen finde, ist der zweite Teil des Samstags: Werde in dir still, wenn dein Gesprächspartner spricht und verzichte auf jede Wertung – selbst in Gedanken und Gefühlen. Seom singt auf seiner neuen CD „Leuchttürme“ „Glück ist meine Superkraft!!“ – ich glaube, wenn wir das Werten beenden, ist das eine unendliche Glücksquelle. Wertungen verletzen. Uns, unsere Mitmenschen. Vergleiche töten Glück, Ähnliches hat schon Kierkegaard erkannt. Ich werde bis zum Ende meines Lebens mit der Samstagsaufgabe beschäftigt sein.

Am Sonntag sind wir eingeladen, gedankenloses Handeln zu unterlassen. Als ich vor Jahrzehnten diese Übung das erste Mal probieren wollte, las ich diesen Text in der Morgenmeditation. Da bemerkte ich, dass ich unbewusst aufgestanden, in die Dusche getrottet war, meine Zähne lesend geputzt, den Tee ohne jeden Gedanken daran aufgegossen hatte. Puh! Bis zur Morgenmeditation hatte ich bereits eine Stunde in vollkommenem Autopiloten verbracht. Und bei ehrlicher Betrachtung war der Rest der Tage nicht besser. Der Weg zur Arbeit, das Staubwischen, Gemüseschnippeln – Automatismen, Autopilot, keinerlei Wertschätzung für die Schönheit der Karotte in meiner Hand, keine Dankbarkeit, dass fleißige Hände im Frühtau den Tee geerntet und getrocknet haben, dass Dutzende Menschen daran beteiligt waren, dass ich Haferflocken in der Müslischüssel habe. Ich war restlos, vollkommen und round the clock unbewusst. Schlafend. Ohne Sinn und Verstand quasi. Als ich das erkannte, fiel mir auf: wenn ich so weiterlebe, werde ich eines Tages sterben und war keine Sekunde in meinem eigenen Leben anwesend, von irgendwelchen krassen schönen oder negativen Augenblicken abgesehen. Da erkannte ich den Wert dieser Momente – sie wecken auf. Krankheiten, Unfälle, Todesfälle, Geburten, Besonderheiten ragen wie Inseln aus dem Meer, in der Regel sehen wir sie nicht, nur wenn Ebbe ist.

Herzlichste Einladung, diese beiden Wochentage mit den Aufgaben mal mitnehmen ins Wochenende. Und die nächste Woche mal abgrundtief ehrlich zu dir selbst beobachten: Gibt es in meinem Leben überhaupt Bewusstheit, Wachsein und Achtsamkeit auf das, was ist? Kreise ich in meinem Tiefschlafuniversum, ferngesteuert durch „Gewohnheiten“, seien sie im Denken, im Fühlen oder im Handeln?

Es gibt nur eine Aufgabe: Erwachen wir zum Menschsein. Wachsen wir hinein in das Leben, schlagen wir darin Wurzeln und stehen leuchtend da für die anderen, die gerade suchen, verzweifelt sind, traurige Momente haben. Seien wir einfach da. Wach, bewusst und liebend.

Von Herzen wünsche ich euch ein wunderbares, lebendiges Wochenende. Ich freue mich auf Begegnungen mit wachen, bewussten Menschen.

Das Foto hat Steffi gemacht. Ganz bewusst übrigens. Ich danke dir, Steffi, so wie allen anderen, die uns jeden Tag das Geschenk ihrer wunderbaren Fotos machen. Ich nehme gern Fotos entgegen! Wir reisen mit euren Augen um die Welt, schauen durch eure Kameralinse genau hin und sind euch so ganz nah. Vertrauen pur. Wie beschenkt wir sind! Verbunden mit euch, mit allen, die diese Fotos sehen können.

Still werden und lauschen

Samstag

Auf seine Vorstellungen (Gedanken) achten. Nur bedeutsame Gedanken denken. Nach und nach lernen, in seinen Gedanken das Wesentliche vom Unwesentlichen, das Ewige vom Vergänglichen, die Wahrheit von der bloßen Meinung zu scheiden.

Beim Zuhören der Reden der Mitmenschen versuchen, ganz still zu werden in seinem Innern und auf alle Zustimmung, namentlich alles abfällige Urteilen (Kritisieren, Ablehnen) auch in Gedanken und Gefühlen, zu verzichten.

Dies ist die sogenannte „richtige Meinung“.

Sonntag

Nur aus begründeter voller Überlegung heraus selbst zu dem Unbedeutendsten sich entschließen. Alles gedankenlose Handeln, alles bedeutungslose Tun soll von der Seele ferngehalten werden. Zu allem soll man stets wohlerwogene Gründe haben. Und man soll unbedingt unterlassen, wozu kein bedeutsamer Grund drängt.

Ist man von der Richtigkeit eines gefassten Entschlusses überzeugt, so soll auch daran festgehalten werden in innerer Standhaftigkeit.

Dies ist das sogenannte „richtige Urteil“, das nicht von Sympathie und Antipathie abhängig gemacht wird.

Sigrid hat diesen unglaublich beeindruckenden Baum in der Rhön entdeckt. Danke!

Du schaffst mehr als du denkst!

Vom Leben lernen: Das ist eine harte Nummer. Wir lernen mühsam. Das Leben gibt uns oft einfache Aufgaben, die wir ignorieren, dann wird’s ein wenig heftiger, das stopfen wir unter den Teppich und irgendwann kommt dann halt das Brett, da müssen wir ran. Was Steiner meint, ist in meinen Augen, dass wir uns beim Handeln an Erfahrungen aus der Vergangenheit erinnern und lernen sollten, die ewig gleichen Situationen und Folgen zu vermeiden. E regt an, zu schauen, wie andere Menschen Dinge regeln und warnt davor, das mit lieblosen Blicken zu tun. Das ist unser Standard, wir werten und denken oft sehr abfällig über andere Menschen.

Wenn wir ehrlich sind, ertappen wir uns ab und an dabei, dass wir denken: Oh nein! Wieso macht er/sie das so und so? Das geht doch jedes Mal schief? Lernt er/sie denn nichts aus den Erfahrungen? Die Antwort ist: Da sind wir alle gleich. Mit unseren „Problemlösungsprogrammen“ versuchen wir, alles, was anflutet, gleich zu behandeln. Da gilt Watzlawick: Wenn du nur einen Hammer hast, sieht alles wie ein Nagel aus. Flexibilität ist gefragt und das ist die Anregung: Schau mal, wie andere mit Fragen im Leben umgehen, vielleicht kannst du daran etwas lernen, entweder, wie man es genial lösen kann oder es eben nicht funktioniert und gleiches gilt für unsere vergangenen Handlungen: Was war warum zielführend oder gerade nicht?

Besonders schön finde ich den Hinweis, auf die Kinder zu achten. Da sie nicht wissen, wie man Dinge macht, gehen sie unbefangen an Herausforderungen heran. Von Jorge Bucay gibt es eine wunderbare Geschichte. In einem Haus sind zwei kleine Kinder beim Mittagsschlaf, ein Junge mit sechs Jahren und sein Babybruder. Die Kinderfrau denkt, die beiden schlafen, geht fix aus dem Haus und schließt die Kinder ein. Es bricht ein Feuer in der Wohnung aus. Die Kinder sind im Zimmer gefangen, vor dem Fenster ein Schutz vor Herausfallen. Der Junge schafft es, das Gitter zu entfernen, seinen Babybruder in einen Rucksack zu stecken, aus dem Fenster zu klettern, auf einen Baum vor dem Haus zu steigen und von dort herunterzukommen. Ein alter Feuerwehrmann weiß, wieso das Kind das geschafft hat: „Niemand hat ihm gesagt, du kannst das nicht.“ Diese Geschichte liebe ich, denn sie zeigt, dass niemand kreativer und spielerisch-lösungsorientierter ist als Kinder. Sie finden immer einen Weg. Wir mit unserem Schlaubischlumpf-Verstand sind häufig nicht mehr kreativ, orientieren uns an unseren ach so großartigen Erfahrungen oder versuchen es „wie immer“.

Man kann von jedem Menschen lernen! Wenn wir diesen Satz im Herzen tragen, sind wir offen. Gespannt auf die Wundertüte, die vor uns steht. Bereit, die Welt mit den Augen unseres Gesprächspartners zu sehen und unseren Schmalspurgeist zu dehnen. Geschenke, die das Leben uns jeden Tag reichlich vor die Füße legt wie reifes Fallobst. Nehmen und was draus machen!

Allen einen wunderbaren Tag, dessen Energie am Freitag von der Venus kommt, sie ist liebevoll und freundlich. Schön, oder?

 

Steffi notierte zu diesem Foto: Wenn ich beim Laufen nach hinten schaue. Ist das nicht erstaunlich, vorne der corn moon des Septembers und hinter ihr die aufgehende Sonne, die den Tag durchlichten und durchwärmen wird. Danke für diese beiden Bilder!

Vom Leben lernen

Freitag

Das Streben, möglichst viel vom Leben zu lernen.

Nichts geht an uns vorüber, das nicht Anlasse gibt, Erfahrungen zu sammeln, die nützlich sind für das Leben. Hat man etwas unrichtig oder unvollkommen getan, so wird das ein Anlass, Ähnliches später richtig oder vollkommen zu machen.

Sieht man andere handeln, so beobachtet man sie zu einem ähnlichen Ziele (doch nicht mit lieblosen Blicken). Und man tut nichts, ohne auf Erlebnisse zurückzublicken, die einem eine Hilfe sein können bei seinen Entscheidungen und Verrichtungen.

Man kann von jedem Menschen, auch von Kindern, viel lernen, wenn man aufpasst.

Man nennt diese Übung auch „das richtige Gedächtnis“. das heißt sich erinnern an das Gelernte, an die gemachten Erfahrungen.

Steffi ist am Morgen gelaufen und hat zwei Bilder gemacht. Zu diesem schrieb sie: Wenn ich beim Laufen nach vorne schaue.

Komm in deinen Flow!

„Das menschliche Streben“ – Steiner beschreibt in der Donnerstagsübung etwas, was die moderne Forschung bestätigt. Wir sind dann am besten im Flow, am meisten angeregt und herausgefordert, wenn wir unsere Komfortzone verlassen und uns der Grenze nähern, die uns von einer Überforderung trennt. Steiner hat das so wunderbar geschildert, dass wir nichts tun sollen, was unsere Kräfte übersteigt, aber auch nichts unterlassen sollen, was innerhalb unserer Fähigkeiten liegt.

Ein weiterer Punkt, der eine hilfreiche Leitlinie im Alltag sein kann, ist das out of the box-Denken, das Verlassen des berühmten Tellerrands, um sich Zielen zu stellen, die Steiner mit Idealen verbindet. Er verknüpft die Ideale des Menschen mit Aufgaben, die wir in den Dienst der Gemeinschaft stellen, auch wenn das vielleicht nicht schnell umsetzbar ist. Nicht nur, dass diese Übung den Donnerstag zu einem der spannendsten Tage der Woche macht, sondern die Kraft des Jupiter, der als weise und Freude bringend gilt, stützt uns zudem in diesem Bemühen.

Oft habe ich da Vinci zitiert: „An welchen Stern willst du deinen Lebenskarren binden?“ – das ist mit der Vision, dem Ideal gemeint. Das darf etwas Großes, vielleicht Unerreichbares sein und davon brechen wir die bewältigbaren Ziele herunter, die uns allerdings durchaus aus dem vertrauten Trott holen müssen und dürfen, wenn Entwicklung geschehen soll. In der Komfortzone entwickelt sich nur ein Bauch, aber wir uns nicht als Persönlichkeiten.

Vom Ich zum Wir – in der Donnerstagsübung ist dieser Weg vor das Auge gestellt. Unsere eigene Entwicklung möge so verlaufen, dass sie dem Wohl des Ganzen dienen mag. Das ist eine sehr große Aufgabe! Zudem folgt der Zusatz, die Übungen, die wir schon kennen gelernt haben, zur Gewohnheit werden zu lassen. Nur was Gewohnheit wird, ist uns im wahrsten Sinn des Wortes in Fleisch und Blut übergegangen, selbstverständlich geworden.

Viel Freude mit dieser Übung. Kleiner Nebeneffekt: Wenn man seinen Geist mit solchen Aufgaben füttert und sich auf den Weg damit macht, hat man viel weniger Zeit zum Jammern, Klagen oder zur Unzufriedenheit, denn wir erfahren, dass es an uns liegt, etwas für oder gegen die Not in der Welt zu tun und dass wir sehr wohl etwas bewegen können.

 

Steffi hat dieses Foto gemacht, das für mich den Übergang vom Sommer zum Herbst perfekt einfängt.

 

Das menschliche Streben

Donnerstag

Das menschliche Streben. Man achte darauf, nichts zu tun, was außerhalb seiner Kräfte liegt, aber auch nichts zu unterlassen, was innerhalb derselben sich befindet.

Über das Alltägliche, Augenblickliche hinausblicken und sich Ziele (Ideale) stellen, die mit den höchsten Pflichten eines Menschen zusammenhängen, zum Beispiel deshalb im Sinne der angegebenen Übungen sich entwickeln wollen, um seinen Mitmenschen nachher umso mehr helfen und raten zu können, wenn vielleicht auch nicht gerade in der allernächsten Zukunft.

Man kann das Gesagte auch zusammenfassen in: „Alle vorangegangenen Übungen zur Gewohnheit werden lassen“.

Steffi hat diesen herrlichen doppelten Regenbogen für uns eingefangen.

Wider Unruhe und Hast

In der Mittwochsübung sind wir eingeladen, unser Leben einzurichten. Wie erstaunlich, oder? Wir richten Häuser und Arbeitsplätze, Computer oder Kinderzimmer ein, aber das Leben? Bereits das ist ein spannender Punkt. Rudolf Steiner ist der Meinung, dass man sein Leben einrichten sollte. Ich teile diese Meinung. Wir leben oft so in den Tag hinein ohne Sinn und Verstand, lassen Timelines verstreichen, weil wir angeblich nur unter maximalem Druck gut arbeiten können und bringen so Unruhe und Hast ins Leben.

Am Wochenende zitierte ich Beppo Straßenkehrer in einem Seminar, weil die Schüler Sorge trugen, mit der Menge an Lernstoff nicht klarzukommen. Ja. Wenn man alles auf einmal sieht, mag das schnell geschehen, doch wenn ich mir das „einrichte“, einen Plan aufstelle und genügend kluge Puffer berücksichtige, erarbeite ich mir im Lauf der Zeit auch den größten Berg, schaffe ich auch schwierige Aufgaben. Beppo Straßenkehrer in Michael Endes „Momo“ ist ein Meister „der Einrichtung“, denn „dann kommt man nicht aus der Puste“, vermeidet im Steiner-Sinne Unruhe und Hast.

Das Leben als einen Entwicklungsweg sehen – das hat ebenfalls was. Früher gab es Mysterienschulen. Die Mysten durchschritten jahrelang Trainingseinheiten. Sie übten sich in vielem, was den Willen schult, die Demut fördert. Sie hatten Hierophanten, die ihre Entwicklung begleiteten und stets die Messlatte entsprechend der Entwicklung des Lernenden höherlegten, so dass die Herausforderungen wuchsen und damit nach und nach Kraft aufgebaut wurde. Am Ende gab es eine letzte große Prüfung, in der der Myste maximal auf seine innere Stärke getestet wurde.

Joseph Beuys hat vor Jahren gesagt, heute fände die „Einweihung am Hauptbahnhof“ statt, sprich: unser Alltagsleben darf durchaus als ein Einweihungsprozess verstanden werden. Was übrigens bereits im Wort Prozess enthalten ist, denn procedere heißt voranschreiten, es impliziert bereits eine Richtung.

Nicht im äußeren Tand aufgehen – zu Steiners Zeiten gab es gerade mal Telefon und elektrisches Licht, die Industrie befand sich im Boom. Kein Internet. Keine Handys, kein Fernsehen. Wie viel äußeren Tand bietet unsere Welt! Schrott in jeder Form, geistiger Müll, seelische Überfrachtung bei körperlicher Inaktivität – langfristig Verdummung und Entfernung von allem Wesentlichen auf sämtlichen Ebenen, wenn man es nicht schafft, sich entsprechend Freiräume von all dem (medialen) Wahnsinn zu gönnen. Hand aufs Herz: wie oft verlieren wir uns im äußeren Tand? Wie häufig gönnen wir uns das, anstatt an unserer eigenen Entwicklung zu arbeiten?

Die Mittwoche, die mit Merkur (wie viele Sprachen noch zeigen übrigens) verbunden sind, dem beweglichsten der Götter, laden dazu ein, unser Leben einzurichten. Schaffen wir uns Ecken der Meditation, der Würde, der Werte, einen Tisch für Gemeinschaft, ein Lesezimmer, einen Raum für Bewegung, einen für Kunst und Musik, einen für geistige Arbeit und einen, in dem wir komplett Platz lassen für alles, was werden mag und in dem wir uns mit unseren Schatten befassen dürfen. Richten wir unser Leben ein und achten wir darauf, an diesem Tag wenig dem Tand anheimzufallen.

Allen einen bewegenden Merkurtag.

 

Sigrid hat sich von der Wertheimer Burgruine begeistern lassen. Dankeschön!