Freitags-Nachdenk-Input

Die Natur beruhigt das Gemüt, stellte Beethoven fest. Er musste es wissen, ich vermute, er war ein Mensch, dem starke Gefühlsregungen nicht fremd waren. Wenn wir das tun, fahren wir innerlich runter und springen aus der to do- in die to be- oder wenigstens not to do-Liste.

Was muss denn wahrhaft sein? Atmen, Trinken, Schlafen. Der Rest ist nicht wirklich relevant. Natürlich haben wir jede Menge Vorstellungen davon, was wir unbedingt brauchen. Wenn es hart auf hart kommt, brauchen wir sehr wenig. Das Dach über dem Kopf ist wichtig, nicht aber, wie es gestaltet ist (das wäre dann erst im zweiten Schritt wichtig, wenn es ums Überleben geht, zählen nur das reine Dach und die Mauern).

In diesen Tagen räumen wir viel mit Klienten auf. Zahlreiche Menschen haben sich jetzt in ihren Ferien Zeit genommen, um ihr Leben anzuschauen unter dem Aspekt: trägt mich das in eine gute, gesunde Zukunft oder ist es Zeit, sich von etwas zu trennen? Gute Fragen sind das, denn unser Ballast ist gewaltig. Alles, was wir mit uns herumtragen, kostet uns Energie. Es ist mutig, hinzuschauen und Ordnung in die Ecken der Seele zu bringen. Weniger Ballast, leichterer Weg. Mehr Klarheit, weniger Trübsinn im wahrsten Sinn des Wortes.

Während ich diese Zeilen schreibe, regnet es und ich hoffe, genug für heute, um das Gießen zu sparen. Regen ist Regen, das ist was anderes, als wenn ich mit dem Schlauch versuche, das Schlimmste zu verhindern. So ist es auch mit dem Leben. Wie der gute Gärtner niemals ohne Schere den Garten betritt, weil es immer was zum Stutzen gibt, geht der aufmerksame Mensch achtsam durch seine Gedanken und sortiert vieles sofort aus. Wenn wir dem Grübelzwang in unserem Inneren nachgeben, wird Grübeln die Herrschaft übernehmen. Es ist normal, dass wir reflektieren, uns Sorgen machen, auch mal grübeln, aber es kommt hier sehr auf die Quantität an, denn schnell übernimmt Grübeln die Macht und lässt uns zunehmend in Angst und Not kommen.

Es geht hier keinesfalls darum, notwendige Trauer, Nachdenken über wichtige Fragen oder Vergleichbares für überflüssig zu erklären. Mein „nicht so viel grübeln“ bezieht sich auf die ineffektive Beschäftigungsschleife, die unser Gehirn gern aus irgendwelche kleinen Dingen machen kann. Und peng!, ehe wir uns versehen, haben wir einen Riesenknödel gerollt, vollgestopft mit allem, worüber wir uns die letzten 50 Jahre aufgeregt haben. Hier was, da was und alles rein, Kopf vollgestopft mit dem Resultat, dass wir glauben, gar keine Kapazitäten mehr freizuhaben.

Vergleichbar ist es mit einer Festplatte. Unser Arbeiten am PC belegt Platz und wenn wir vergessen, unser System aufzuräumen, zu komprimieren und uns immer wieder zu überlegen, was gelöscht werden kann, müllen wir das Ding zu. Wie im echten Leben werden wir dann seeeehr langsam, ineffektiv und es ploppen die immer gleichen Fenster auf. Mir reicht es ja schon, wenn jemand auf dem Desk so gefühlt 40 Ordner draufhat. Der Rest des Systems dürfte dann ähnlich schlecht funktionieren. Less is more.

Das Leben ist eine Megaübung im Loslassen. Loslassen falscher Vorstellungen. Loslassen toxischer Beziehungen und Gedanken. Loslassen von Dingen, die man nicht mehr braucht. Loslassen von fehlgeleiteten Meinungen und Ansichten, denen wir alle miteinander oft genug unterliegen. Aber sich davon trennen wäre der gute Weg. Wenn wir nicht gut im Loslassen sind, wie wollen wir dann das letzte große Loslassen erfolgreich bewältigen? Vielleicht verstehen wir nur so den Spruch, der Jacob Böhme zugeschrieben wird: Wer nicht stirbt, bevor er stirbt, verdirbt, wenn er stirbt.

Also – was kannst du in diesen Tagen loslassen an materiellen Gütern, an Gedanken, an Grübelschleifen? Gewinnst du dadurch Energie, Raum und Lebensfreude? Teste es einfach mal.

Danke an Steffi für dieses tolle Panoramabild aus dem Allgäu. Beim Wandern braucht man leichtes Gepäck, auch das eine gute Loslassübung. Zur Belohnung dann ein solcher Blick, den sie mit uns teilt. Danke dafür!

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