Mittwochs-Nachdenk-Input

Nachdem ich neulich über das Zitat des Alten Fritz, der König sei der erste Diener des Staates, nachgedacht habe, fand ich dieses Zitat von Hesse. Auch er gebraucht das Wort „dienen“, das ich sehr mag. Er stellt das Dienen in den Zusammenhang mit dem menschlichen Potential und schreibt, dass wir dann am besten dienen, wenn wir unser Potential maximal entfalten können.

In unserer Welt halten wir es eher mit der Selbstoptimierung im Sinne von „less is more“. Das mag für vieles richtig sein, aber es unterstellt, dass Gaben, die uns in die Wiege gelegt wurden, sich auch entfalten, wenn wir nichts dafür tun. Gaben und Talente brauchen etwas, das eher unbeliebt ist: aufmerksame und liebevolle Augen und richtig viel Arbeit. Die liebevollen Augen erkennen Talent und Gabe und mit Hilfe von Arbeit wird daraus etwas Tolles.

Eine Gabe, ein Talent allein macht noch keinen Meister aus uns, denn das sind Rohdiamanten, die einen Schliff benötigen, damit sie auch strahlen können. Diesen Part übersehen wir in unserer Bequem- und Rundumwohlfühlwelt gern, in der wir Arbeit, Frustration, weil die Hürde hoch ist, Ablehnung und Scheitern leugnen oder schönreden. Wir erwachen eines Morgens und unser Talent ist voll erblüht, so die landläufige Vorstellung. Wer sich abmüht, wird oft belächelt, wer diszipliniert arbeitet, hört gern Kommentare Marke „was, für was denn?“

Wer ein Instrument lernt, eine Sportart beginnt, irgendetwas anfängt, erfährt rasch, dass nur stetes Üben den Meister macht. Es gibt Menschen, die lernen schneller, Geige lernen dauert vielleicht auch länger als Mundharmonika, aber stets gilt, der Weg zur Carnegie Hall lautet „üben, üben, üben“. Und damit sind wir beim Dienen. Wir dienen richtig lange, wenn wir es zum Herrscher bringen wollen. Und wir brauchen oft genug Hilfe von außen, die motiviert, unterstützt, korrigiert und immer wieder den Weg zum Ziel vor Augen führt.

Da wir aber schon den Kleinsten verwehren, auf etwas warten zu lernen, sich anstrengen zu müssen (was Kinder beim Laufenlernen als Erstes von ganz allein erfahren und herrlichst überwinden), wachsen Menschen heran, die glauben, mit Fingerschnipp wird etwas serviert. Das kann nicht der richtige Weg sein, denn sie bringen später den Mumm nicht auf, ihre Talente und Gaben zu erkennen und gar mit viel Einsatz, Elan, Entsagung und Fleiß auszubauen. Wer bedient werden möchte, ist sicher nicht im Dienmodus, geschweige denn im Dienst der Menschheit unterwegs. Tugenden sind heute eher was für „Rückständige“, selbst schuld, wer sich daran hält.

Unseren Ego-Willi pflegen wir gut „das will ich, das auch!“, aber unseren Willen vernachlässigen wir sträflich. Es geht nicht um den Willen zur Macht, sondern um die Demut des Dienens.

Allen einen bewegenden Merkurtag.

 

Mit diesem Ladeneingang hat sich der Besitzer die größte Mühe gegeben. Theresa würdigt mit ihrem Foto aus Australien dieses Engagement.

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