Mittwochs-Nachdenk-Input

Na, leidest du auch schon an FOMO? Nie gehört? Mit Sicherheit kennst du die Symptome. Du hast dann Sorgen, dass irgendwas auf dem Planeten geschieht, was du nicht mitbekommen hast. Dass dich irgendwer angeappt hat und du hast es verpasst. Dass du Infos auf deinem Display nicht wahrgenommen  hast, weil du geschlafen hast. FOMO heißt Fear of missing out. Du verpasst etwas, stell dir mal vor! Stell dir vor, das Jahrtausendereignis geschieht und du berichtest deinen Enkeln, dass du es verschlafen hast, einfach so, weil eben Nacht war auf deiner Seite des Planeten zum Beispiel.

Wir haben permanent Angst. Ziemlich wurscht, welche, auf alle Fälle Angst. Wir haben seltener Probleme mit einem Gutelaunevirus oder einer Kicherinfektion. Das würde uns nur outen als seltsame Käuze, die den Ernst der Lage noch nicht begriffen haben. Der wahre Held unserer Zeit ist ein Angstmensch, gebeutelt von der Sorge, dass er an einer schweren Krankheit leidet und niemand im Netz kann ihm die Symptome zeitnah deuten (nur, dass es sehr wahrscheinlich und hunderpro sogar verflixt schnell zum Tode führen kann). Wir haben Angst, dass es nach der Jahreswende keine Fernseher mehr zu kaufen gibt (oder gar Schuhe), keine überflüssigen Uhren und unbrauchbare Dinge aller Art. Wir haben Angst, dass unseren Lieben etwas passiert, wenn wir nicht direkt via diverser technischer Schnickschnacker (früher hätte man die Dinger Wanzen genannt und in einem Atemzug mit unterdrückerischen Systemen gebraucht) sowohl den Hund als auch das Kind/den Mann/den Arbeitsplatz überwachen. Wir checken die Milchmenge im Kühlschrank, indem wir unser intelligentes Housesystem begragen und fahren sicherheitshalber eine Stunde vor Feierabend daheim Rollos runter und Heizung hoch. Wir vertrauen der Technik im Auto mehr als unseren Augen und verstehen die Welt nicht mehr, wenn wir im Outback landen (was in unseren Breitengraden meistens noch immer einem Rest von Zivilisation entspricht, zumindest werden wir rasch Zeugnisse von Lebewesen vorfinden in Form von Flaschen und anderem Müll). Ständig checken wir etwas. Per Fitnesstracker unseren unruhigen Puls und den krass schwankenden Blutdruck, prüfen, ob wir nachts tief genug schlafen (und wenn nicht? Pillen? Schlaftraining? Noch mehr Alkohol?). Per App den Rest der Welt. Leben am Bildschirm, die Tastatur ist unsere Tür zum Leben unserer Zeit.

Hoch leben die Iche dieser Tage, die an FOMO, MOPS (Managing other people’s shit) und anderen Syndromen leiden (und sehr sicher daran sterben, vermutlich sogar in sehr absehbarer Zeit, orakel, orakel * scherz *).

Mein Weihnachtswunsch 2018: Weniger Ich. Mehr Wir. Weniger Ego, mehr Miteinander. Weniger Angst. Mehr Lebensfreude. Weniger Bildschirm, mehr reale Grafik. Und weniger Fomo, Smog, MOPSsyndrom und anderen überflüssigen Quark auf dem Planeten. Sonnenblumen für alle.

Frohen Mittwoch allen, bleibt aufrecht! Oder, neudeutsch: einen Tag mit bewältigbarem Angstpotential.

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