Manchmal staune ich sehr

Die Pflege meines Bruders erfordert klare Rhythmik im Tag, damit er Halt und Sicherheit findet. Nach fast zwei Jahren haben wir es geschafft, die Fingernägel zu schneiden – 21 Monate ein Ding der Unmöglichkeit. Ich bin drangeblieben. Jeden Tag habe ich ihm die Schere gezeigt. Am Ende ging der Weg über bunte Kinderfeilen (140 Stück habe ich verfeilt, um die Nägel auf ein akzeptables Maß zu bringen). Weil ein Eckchen damit nicht feilbar war (und meinen Rheumafingern) habe ich es nach einem vierstündigen Geduldsakt geschafft, das Eckchen mit der Schere zu stutzen, dann noch eines, am Ende waren es 9 von 10 Nägeln. Wir beide klatschnass geschwitzt. Er stolz. Strahlend. Er hat eine Riesenangst bewältigt. Ich habe Stunden gebraucht, um meine Hände wieder bewegen zu können. Seit drei Wochen schneiden wir nun die Nägel. Er nach wie vor mit viel Angst, doch es geht.

Vertrauen braucht Zeit. Lob. Ermutigung. Und auf der anderen Seite jemanden, der nicht aufgibt und fest daran glaubt, dass es gelingt.

Mit den Klientinnen und Klienten ist es nicht anders. Manches braucht Zeit, Geduld und wenn ich erst einmal die Einzige im Raum bin, die an diesen Menschen glaubt, reicht das. Ich erfahre das jeden Tag in der Pflege, die ein Vollzeitjob nebenher ist. Und in der Arbeit mit Menschen, denn sie sind immer überraschend. Wundervoll. Erstaunlich. Großartig wie Gärten. Man sät etwas, es taucht nie auf, dafür anderes. Es wächst etwas hervorragend, was man nie vermutet hätte. Nicht aufgeben. Ein Radieschen wird nie eine Tulpe. Was du in die Welt stellen wirst, wirst du tun, weil es kein anderer kann. Hab einen vertrauensvollen Tag.

 

Mein Zauberschrank mit ätherischen Ölen. Daraus komponiere ich mit Herzensfreude duftende Begleiter in der Therapie und im Coaching.

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