Leben ist unsere Schule

Du hast eine Aufgabe zu erfüllen! Ein Satz wie der Ton einer gewaltigen Glocke. Wach auf und erinnere dich an deine Aufgabe.

Im Moment sitzen mir ungewöhnlich viele junge Menschen gegenüber, zwischen 10, 11 und 18 und mehr Leute zwischen 30 und 40, für mich ebenfalls junge Menschen. Diese beiden Altersgruppen fallen mir derzeit auf, weil sie ähnliche Fragen stellen: Wer bin ich? Warum bin ich auf diesem Planeten? Gibt es für mich eine Zukunft?

Die letzte Frage schockt mich aus dem Mund der Pubertierenden, denn sie ist tiefernst gemeint. Macht es Sinn, in so eine Welt hinein erwachsen zu werden? Die Frage ist eine Aufforderung, ein dringender Herzensappell an alle! Wenn unsere jungen Menschen und die, die mit Freude im Arbeitsleben stehen und vielleicht auch Kinder ins Leben einladen sollten wollen, diese Frage so bohrend stellen, kommt das einer Bankrotterklärung gleich.

Schauen wir hin! Kleine vielseitig interessierte großartige Tüftler, Bastler, Schöpfer, Erfinder und Bewegte betreten die Schule und werden 10, 13 Jahre später ausgespuckt. Dazwischen liegen Jahre bulimischen Lernens (Lernen, um es bei der Klausur von sich zu geben, nicht um etwas fürs Leben mitzunehmen). Stillsitzen. Erlernen der Fehlervermeidung (da jeder rote Strich am Rand eine Verschlechterung der Beurteilung bedeutet). Selbstständiges Denken wird nicht gefördert, unterdrückt wie die Notwendigkeit, dass wir bewegt am besten lernen. Zahllose Lehrende mit tollen Ideen und Vorstellungen treten an, alternative Projekte entstehen, doch es reicht noch lange nicht.

Auf der anderen Seite haben wir überforderte Eltern. Sie haben nicht gelernt, was „Kind“ bedeutet. Sie glauben oft, dass man ein Kind „nebenher“ hat. Es bald in die Kita kommt (das Gegenteil des Kinder-Gartens, in dem die Pflanze Kind liebevoll wachsen darf) und dort die Erziehenden die Aufgaben der Eltern übernehmen. Seit zwei Jahren sind die Kinder oft daheim, Eltern erkennen, dass es unmöglich ist, vernünftig Kinder zu erziehen UND im Homeoffice zu sein.

Die Pandemie zeigt klar auf, dass hier eine der wichtigsten Baustellen liegt. Kinder sind DIE ZUKUNFT. Sie gut ins Leben zu stellen, ihnen beizustehen, ihr Genie zu entfalten, ihr Potential zu entwickeln, ihre Kreativität anzuregen, sie in Bewegung zu bringen, sie sowohl körperlich als auch geistig und seelisch zu fördern, ihnen Musik, Kunst, Kultur als wesentliche Nahrungsquellen jenseits des Essens nahe zu bringen ist Aufgabe der Gesamtgesellschaft.

Schule ist Lebensschule! Keine abgesonderte Bildungsanstalt. Es schadet keinem Kind, wenn es auch im Handwerk Praktika absolviert, im Krankenhaus oder in anderen sozialen Einrichtungen Zeit verbringt und vielseitig aufwachsen darf. Dann hat der junge Mensch mehr Chancen, schneller zu erkennen, was sein Platz auf diesem Planeten ist. Wir brauchen Menschen, die ihre Hände, ihren Kopf und ihr Herz benutzen können.

Menschen im jungen Erwachsenenalter brauchen unsere Unterstützung, weil sie total überfordert sind. Ihnen fehlt Orientierung, Ermutigung. Sie sind bereit, neue Wege zugunsten von Familie zu gehen. Das können sie nicht, wenn sie kaum Wahlmöglichkeiten oder gute Lernfelder haben. Sie fühlen sich allein gelassen mit ihren Problemen wie Arbeit und Familie vereinbaren, Alleinerziehendendasein, Remote arbeiten und die Kita ist geschlossen. Ihnen fehlt die Sicherheit erfahrener Eltern. Die Ruhe und Gelassenheit älterer Menschen. Die gegenseitige Unterstützung. Die Anleitung und der Mut, ihrem Herzen zu folgen, weil „mans so oder so macht“. Muss man nicht!

Geben wir unseren Kindern eine Zukunftschance. SIE werden es sein, die die Probleme lösen, vor denen wir seit zwei Jahren fest die Augen verschließen und uns hinter einer Pandemie verstecken. Sie ist unser Weckruf gewesen, nicht unser „igelt euch ein und verweigert das Leben“. Wenn jetzt unsere jungen Menschen verzweifeln, ist es höchste Zeit, dass wir die Ohren und Herzen öffnen. Um ein Kind zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf, heißt es in Afrika. Wo sind die Dörfer, die die jungen Menschen ans Herz nehmen, ihnen zeigen, was sie wissen und sie einladen, weit über alles hinauszudenken?

Ich versuche in der Praxis so gut es geht den Menschen, die zu mir kommen, Mut zu machen, Leuchtturm zu sein, Impulsgeber. Manchmal tröste ich, manchmal muss ich Klartext reden, manchmal braucht es Techniken und Interventionen, manchmal Stille. Immer braucht es tiefstes Vertrauen, dass wir alle schöpferische Genies sind. Tiefste Liebe zu allem, was lebt und das Wissen: Wir schaffen es!

Bitte hört die Einladung: Macht das Licht in euren Leuchttürmen an, damit alle, die gerade den Weg nicht finden, Orientierung haben und nicht an den Klippen des Lebens zerschellen. Jeder Mensch ist kostbar. Vielleicht ist gerade der Jugendliche, der mir sagt, dass er am liebsten tot wäre, das Genie, das es schafft, der Welt den Zündfunken zu geben, um neue gute Wege einzuschlagen!

 

Maikes Foto beweist, dass Leuchttürme auch an unerwarteten Orten stehen können. Möchtest du dein Licht anmachen?

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