Das Zitat von Kant war mir einige Zeit aus dem Sinn gekommen, doch im Zuge des Nachsinnens über meinen Eindruck des Zeitgeschehens fiel es mir wieder ein. Als hätte Kant unsere Lage gekannt. Wir fluten das Netz mit Urteilen im Moment, Für und Wider Ausgangsbeschränkung, Maskenkrieg wegen Namensgebung der Schutzteile, Suche nach Sündenböcken und der nächsten „Sau, die man durchs Dorf treiben kann“, in unserer Welt die Medien.
Jetzt ist die Zeit, um sich Gedanken über die Hilfsaktionen zu machen, die gerade notwendig sind, wie Materialbeschaffung für die, die direkt mit den Patienten und den kritischen Gruppen zu tun haben, Einkauf für alte Menschen und anderes, so wie auch unser Notruftelefon bei Angst.
Daneben braucht es Überlegungen auf vielen Ebenen – die Ärzte und Pflegemannschaften müssen schauen, wie sie sich rüsten können für weitere Krankheitswellen. Die Lebensmittelfirmen brauchen Nachschub, sprich die Teams vom Lasterfahrer bis Kassiererin müssen unterstützt statt gemobbt werden und all die vielen anderen, die derzeit bemüht sind, vom Briefträger bis zum Dorfarzt, die Welt am Laufen zu halten.
Auf einer anderen Ebene muss es um die Frage gehen, ob Maßnahmen, die derzeit angesetzt sind, nach einer entsprechenden Zeit Wirkung zeigen oder andere Maßnahmen angebracht sind, wie Experten Risiken einschätzen etc. Auf der politischen Ebene geht es um Begrenzung der Erkrankungen und das Möglichmachen von Hilfen für alle, die in welcher Form auch immer gerade welche benötigen.
Auf der Ebene, die uns betrifft, die wir nicht regieren, vielleicht nicht Kliniken leiten, Logistikzentren versuchen zu bestücken, damit geliefert werden kann etc., gilt: wir haben sicherlich nicht alle die Informationen, die wir bräuchten, um ein wirkliches gutes Gesamtbild zu erhalten. Dazu ist die Welt heute viel zu komplex. Misstrauen säen schafft kein gutes Klima. Ich vertraue darauf, dass Wahrheit immer ans Licht kommt, dazu haben wir so viele kluge und mutige Köpfe!
Darauf vertraue ich wirklich und auf die menschlichste aller menschlichen Fähigkeiten: Mitgefühl in Verbindung mit Liebe. Das bedeutet: jetzt (und nie) ist das einzelne Ego nicht so wichtig, sondern das Offensein für die Bedürfnisse des großen Ganzen. Jetzt sollten wir uns prüfen: worauf wirft uns denn Corona zurück? Begreifen wir, was wahrhaft wichtig ist für uns oder ist es uns wichtiger, bei Sonnenschein dichtgedrängt auf Promenaden Eis zu essen und überall hin zu reisen? Gesundheit ist fragil, das lernen wir gerade brutal. Gesundheit ist das Höchste, was wir haben. Die Voraussetzung für das, was wir ein gutes Leben nennen. Das gute Leben werden wir nach Corona neu definieren müssen, denn das weltweite Stoppschild müsste inzwischen auch dem Letzten klar geworden sein.
Es wird einen Kompromiss geben müssen zwischen „alles soll wieder so werden, wie es vorher war“ (hoffentlich nicht) und „wir erschaffen eine schöne neue Welt, in der alle auf alle achten und der Egoismus überwunden ist“ (wird nicht klappen, befürchte ich). Lasst uns doch lieber die Füße still halten mit großen Theorien, stattdessen das Gehirn benutzen und uns fragen: Was ist denn mein Beitrag zum Gelingen der Welt, wo dient denn das, was ich bin, dem Planeten? Das braucht Zeit, das bricht sich nicht schnell übers Knie. Welche Werte tragen nicht mehr? Erinnern wir uns ruhig wieder an „Das Gute, das Wahre und das Schöne“. In Ruhe, mit Muße, mit Bedacht, aber – tun wirs.
Einen gesunden Venustag allen.
Der Frost dürfte auch den Magnolienblüten in Aschaffenburg, die weithin Ruhm genießen, geschadet haben. Wie schön, dass Jennifer die Blüten vor einigen Jahren fotografiert hat, Danke!