Einfach normal

Am Dienstag ging es im VHS-Vortrag um das Thema Einsamkeit. Die Menschen tauschten sich intensiv über ihre Erfahrungen aus. Viele schilderten, dass sie durchaus andere ansprechen, doch Abfuhren bekommen. Als wir über „miteinander kochen“ sprachen, kam: „Ich würde lieber Menschen zu Essen einladen, aber nicht zusammen kochen“. Erst nach einmal drüber schlafen ging mir auf, dass Einsamkeit oft dadurch entsteht, dass wir davor zurückscheuen, Alltagsdinge mit Menschen zu teilen oder, auch das war genannt, auch 60 Jahre nach der Kindheit noch in uralten Mustern stecken und Opferrollen einnehmen.

Wir wollen „tolle Sachen“ erleben, doch was wünschen sich Menschen am meisten, die schwer krank sind? „Einen normalen Tag leben mit Kochen, Arbeiten, was lesen, normaler Alltag“. Genau das: Normales Leben, was immer das für jeden auch bedeuten mag. Daran wollen wir andere jedoch selten teilhaben lassen, weil es vielleicht unspektakulär ist, wir im Alltagsfilm zu banal erscheinen, man unsere Macken und Kanten im Alltag sofort wahrnimmt. Und noch was: Wir wollen das fertige Produkt zeigen (das tolle Essen). Was macht am meisten Freude? Das gemeinsame Quatschen beim Schnippeln, das Lachen, wenn es aus allen Töpfen köchelt und das miteinander TUN. Nicht das Hinsetzen und brav essen.

Einsamkeit hat oft die Ursache, dass wir nicht bereit sind, uns als Menschen, die wir sind, zu zeigen, egal in welchem Alter. Wir glauben, es muss „toll“ sein, schick, perfekt. Was im Leben ist perfekt und wann nennen wir ein Leben Leben? Genau dann, wenn es fließt, Spaß macht und leicht ist. Genau dann sind wir authentisch, wir selbst und genau dann in aller Regel alles andere als gelackt, gestylt und perfekt komponiert. Verlassen wir die Truman-Show, sie macht einsam. Mehr echtes Leben, weniger Berührungsangst.

 

Allen einen kontaktfreudigen Tag. Und viel Freude beim gemeinsamen Kochen. Das Brot miteinander teilen ist nicht umsonst auch ein Kultus, von dem unser Wort Kultur abgeleitet ist.

 

Die Kastanie, die Stephanie hier fotografiert hat, hat ihre Kerzen aufgesteckt. Wundervoll! Danke für dein Bild!

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