Wochenend-Nachdenk-Input

Großveranstaltungen finden nicht statt. Für viele bedeutet das ein Leben ohne Festivals und Volksfeste. Für die Kulturschaffenden ein massiver Einschnitt. War die Kunst in unserer Ellbogengesellschaft bislang ohnehin schon wenig beachtet und eher was für Intellektuelle oder eben dörfliche Kapelle, wird das tiefe Auswirkungen haben. Schon in der Antike galt das Erlernen eines Instruments als hochwirksames Erziehungsmittel. Das G8 war schon ein Musik-Absturz, weil die Kinder keine Zeit mehr hatten, sich einem Instrument wahrhaft zu widmen. Dies wird jetzt nicht besser, ein Tutorial online ist nicht der gute und genaue Blick eines Lehrers auf korrekte Handhaltung und regelmäßiges Üben.

Menschen, die ohne ein Musikinstrument zu lernen aufwachsen, haben ein anders strukturiertes Gehirn. Ein Instrument erfordert in der Regel vieles: Noten lesen lernen, blitzschnell umsetzen, was man sieht, Fingerfertigkeit, Genauigkeit, so lange üben, bis die Note auf dem Papier automatisch in den Fingersatz oder die Bewegung übergegangen ist und später das Lauschen auf die anderen Mitspieler, vor allem im Orchester. Ich selbst habe kein Instrument gelernt, dafür eine hochintensive klassische Ballettausbildung genossen. Bei unseren Kindern hatten wir die Vereinbarung – jeder lernt ein Instrument und eine Sportart nach Wahl, Wechsel ist einmal möglich, falls einer wahrhaft daneben gegriffen hat. Das bedeutete von Anfang an neben Schule, Sport und normalem Nachmittagsprogramm tägliches Üben.

Die Welt der Musik ist ein so unfassbar großartiger Kosmos. Wer ein Instrument beherrscht, hat Ausdauer gelernt, Lauschen, ist Teamplayer und besitzt ein Gefühl für Rhythmus, kommt mit anderen Menschen auf eine ganz andere Weise klar. Je nach Lebenslage bietet ein Instrument stets die Möglichkeit, sich auszudrücken, wenn eintritt: „Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an“. Davon abgesehen: Musik ist Weltherzenssprache. Wer sie, egal in welcher Form, spricht, ist automatisch Kosmopolit.

Wer immer es möglich machen kann: Lasst eure Kinder ein Instrument erlernen. Und wenn es euer Traum war, eines zu lernen – tut es doch einfach. Es ist keine Altersfrage. Wer täglich nur 15 Minuten übt, ist 10 Jahre später mit Sicherheit gut. Musik ist alles, denn alles im Universum ist Schwingung, also Klang.

Wenn ihr kein Instrument lernen wollt oder könnt (es gibt auch Leihinstrumente!) – nutzt wenigstens euer eingebautes Instrument, die Stimme. Singen bringt euch immer in eine gute Stimmung, denn dann seid ihr im wahrsten Sinn des Wortes stimmig.

Allen ein musikalisches Wochenende. Macht euch mal Gedanken, wie ihr euch zu Kunst und Kultur nach Corona stellen wollt – ohne Kunst, ohne Literatur, ohne Musik, ohne Kultur ist der Mensch nicht besonders viel, oder?

Das Löwenzahnfoto hat Manuela gemacht, vielen Dank dafür.

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