Vorbilder

Gestern kam die Frage auf, ob Vorbilder noch zeitgemäß seien und was man damit anfangen soll. Eine spannende Frage. Ich weiß nicht, ob das zeitgemäß ist, mich interessiert eher, ob ein Vorbild für einen Menschen eine Hilfe sein kann oder eben nicht. In meiner Kindheit und Jugend waren Vorbilder etwas Normales. Jeder hatte Menschen, die er toll fand und sich wünschte, einmal so zu werden wie sie. Oft waren das Sportler, Erfinder oder andere Idole, Menschen, die in irgendeinem Bereich etwas geschafft hatten, was sehr schwer war. Wir wollten nicht diese Menschen werden, sondern auch etwas schaffen, was schwer ist. Die Vorbilder dienten uns als eine Art Rankgerüst – daran konnten wir uns ein wenig orientieren und festhalten jenseits der Eltern und Werte ausfindig machen, die uns vielleicht bisher in der Erziehung fremd geblieben waren.

Bis heute inspirieren mich Menschen unterschiedlichster Art, seien sie real oder fiktiv. Mein erstes Idol war Albert Schweitzer, über dessen Krankenhaus in Lambarene ich alles verschlang, was man finden konnte, gefolgt von Christian Barnaard, dessen Pressekonferenz nach der ersten Herztransplantation ich im Fernsehen sehen durfte. Sauerbruch war dann der nächste Held, bis ich in der Bücherei Frederic Vesters „Denken, lernen, vergessen“ fand und fortan von Hirnforschung begeistert war. An Friedrich dem Großen rührte mich die Tatsache, dass er trotz Dauerkrieg gegen Maria Theresia lieber Flöte spielen wollte und viele mehr.

Bis heute inspirieren mich Menschen, weil sie mutig neue Wege gehen, ihren Kopf zum Vor(aus)denken nutzen. Seit über 20 Jahren steht dieses Foto der Ärztin Dr. Ita Wegman auf meinem Schreibtisch. Sie entwickelte mit Rudolf Steiner die Grundlagen der anthroposophische Medizin mit ihrem „Willen und dem Mut zum Heilen“. Ihr Leben war spannend und voller Hindernisse – bis heute ist es mir eine Stärkung zu sehen, mit welcher Klarheit sie auf ihrem Lebenspfad geblieben ist mit der Haltung von „und dennoch“ – dieses Memo brauche ich immer wieder.

Vielleicht sind Vorbilder/Inspirationsquellen im Zeitalter des Influencertums nicht zeitgemäß. Hilfreich durchaus.

 

Allen einen wunderschönen Wochenteilungstag.

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