Vergangenheit loslassen, Zukunft willkommen heißen

Drei pralldicke Aktenordner Unterlagen. Ich erhoffe Arztberichte, Befunde und ähnliches über den Bruder, damit wir eine Chronologie erstellen können, genauer wissen, was alles in den letzten fast 55 Jahren gelaufen ist, in deren Anfangszeiten wir selbst noch Kinder waren. Zurück bleiben keine 20 Blatt mit wesentlichen Informationen. Der Rest – ein erstaunlicher Reigen an Korrespondenzen, die aufzeigen, welchen Kampf die Eltern gegen alles und jeden geführt haben. Der Bruder zerlegt mit Freude drei volle Aktenordner Vergangenheit, die keinen Einfluss auf unsere Zukunft haben wird. Er ist ein Meisterschredder.

Spannend, weil es mich abermals darauf verweist, dass die Akzeptanz schwieriger Dinge wie Behinderungen, Krankheiten oder Fakten, die man nicht verändern kann, die Grundlage für alles ist. Wer hofft, Unveränderliches ungeschehen zu machen, kämpft gegen sich selbst und zerstört damit nicht nur sich, sondern auch das Umfeld.

55 Jahre Papier-Krieg (verbunden mit Krieg innerhalb der Familie) finden ihren Frieden in der blauen Tonne. Nach der Durchsicht der Ordner haken wir das Thema freundlich ab und wenden uns dem Wesentlichen zu – dem Alltag und kochen lieber einen großen Topf Gemüse. Manchmal muss man Ballast abwerfen, damit der Ballon abheben kann.

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