Gefühls-Falle

Goethe kannte auch weniger erfreuliche Tage, wie sein Zitat belegt. Das Leben kann wie eine böse Krankheit, die Welt wie ein Tollhaus aussehen und oft genug entspricht das durchaus einer sehr nachvollziehbaren Sichtweise.
Wir haben so eine leicht neurotische Angewohnheit, dass wir uns immer alles schönreden wollen. Dinge, die schlimm sind, sind immer gleich Chancen. Menschen, mit denen wir ein Problem haben, sind Arschengel, die uns bei der Weiterentwicklung helfen. Das stimmt auch, wenn man über größere Zeiträume denkt, aber in dem Moment, in dem uns Schreckliches widerfährt, sind wir noch lange nicht in der Lage, in dem auch den vielleicht wirklich notwendigen Lerneffekt zu begrüßen.
Huschen wir zu rasch über negative Emotionen hinweg, haben wir sie nicht erfolgreich „bewältigt“, sondern recht erfolglos verdrängt. Sie sammeln sich in dunklen Ecken, diese Emotionen, und wenn wir nicht aufpassen, packen sie die Keule aus und braten uns eins über.
Was wäre ein vielleicht brauchbarer Weg?
In Momenten von großem Unglück können wir uns in der Regel auf den Autopiloten verlassen und das macht auch Sinn, da ist Fühlen erstmal abgestellt. Sowie das Gröbste vorbei ist, sind wir eingeladen, uns die Gefühle anzuschauen und wahrzunehmen. Trauer, Wut, Angst, Überforderung, was immer da ist – es darf sein. Es braucht Zeit und die innere Bereitschaft, mit allem klarzukommen, was gerade ist und sich noch obendrauf packt.
Das ist mir so als Gedanke am Ende einer Woche gekommen, in der ich fast nur mit Menschen gearbeitet habe, die exakt in die Falle des Verdrängens und Gefühle Abschaltens (um dann von ihnen in einem schwachen Moment restlos überrannt zu werden) hineingeraten sind und sich jetzt die Frage stellen: Quo vadis? Ein perfekter Zeitpunkt für Bilanzierung und Neuausrichtung, oder?
Allen ein Wochenende mit lauter guten Momenten, Begegnungen und Fokussierung.

Dieser alte Olivenbaum hat auch schon viel erlebt. Wir werden knorrig, knorzig, morsch wie alte Bäume und das Leben malt seine Spuren in und auf uns. So entstehen Weisheit und in manchen Fällen auch würdevolle vollkommen zeitlose Schönheit und Güte.

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