Gartenlied

Die schönste Epoche im Gartenjahr für Blütenfreunde beginnt. Die Rosen starten ihre Saison. Jetzt ist wieder die Zeit der üppigen Sträuße überall. Zwischendrin blühen die Erdbeeren und ich werde dieses Jahr hoffentlich einige der feinen Früchte ernten können. Die Johannisbeeren haben noch gute vier Wochen, dann ist Johanni, die Zeit von Johanniskraut, Holunderblüte und vielem anderen. Jeden Tag kann man jetzt in den nächsten Wochen seine Überraschungen im Garten erleben. Irgendwas ist aufgeblüht, etwas anderes ist fertig. Mein Beinwell war in diesem Jahr so machtvoll wie selten, tiefblau sind seine Blüten (ich hab auch einen in rosa). Irgendwas ist passiert, heute Morgen ist die riesige Pflanze umgeknickt gewesen. Auch mit Hochbinden wird das nichts mehr. Das ist tieftraurig, weil der Beinwell von vielen Insekten angeflogen wird und ich ihn wegen seiner Wuchsfreude liebe.

Die Holzbiene, das Riesengeschoss, ist schon vorbeigekommen um zu schauen, was denn die Muskatellersalbeis machen. Ich bin gespannt, wie sie es findet – ich habe ganz neu in diesem Jahr einen weißen Muskatellersalbei, ich hoffe, er gefällt ihr. Sie kommen jedes Jahr, die drei mächtigen Holzbienen (anfangs waren es vier). Der Muskatellersalbei samt sich netterweise inzwischen überall im Garten selbst aus und weil er so gern von den vielen verschiedenen Bienenarten bei uns aufgesucht wird, lasse ich ihn auch überall wuchern. Na gut, ich hätte ehrlicherweise das schreiben können: Wo der Muskatellersalbei wuchert, haben die Unkrautberge keine Chance.

Auch Gras kann schön sein (wenn man keinen Heuschnupfenpartner hat, der auf Gräser allergisch …), Quecken wiegen sich zierlich im Wind und Löwenzahn ist nur schön, wenn er auch fliegen kann. Falls jemand eine wissenschaftliche Arbeit über die Vielfalt der Beikräuter schreiben möchte – herzliche Einladung. Bei uns findest du alles, was dein Forscherherz begehrt. Zwischen Maiglöckchen (hurra, aus einer Pflanze wurden jetzt ihrer zwölf!) und Waldmeister, der wie ein weißer Teppich blüht, kannst du krasse Entdeckungen machen! Wilder Klee erobert sich den Fußweg (!), der späte Schnee hat nicht nur vier der uralten riesigen Lavendel erledigt, sondern auch meine ältesten Salbeipflanzen und vier Fünftel meines sensationellen Bergbohnenkrauts. Der Mönchspfeffer hat sich überlegt, jetzt doch die ersten Blätter zu entfalten und so manches, was gut durch den Winter kam, hat den Frost vor kurzem sehr übel genommen. Und dazwischen hat sich jetzt einiges an nicht selbst gepflanzten Sachen breit gemacht. Ich bin gespannt, wie sie blühen.

Dafür mag der Salat offenbar das schwüle Wetter und gibt Vollgas, die Bohnen schnarchen weiter mit einem Blatt und die ersten Gurken sind erkennbar. Vor dem Küchenfenster blüht mein Quittenbaumbaby, der große im Garten ist schon verblüht. Mein Traum: in zehn, fünfzehn Jahren habe ich einen mächtigen Taubertäler Apfelbaum und die Apfelquitte als Rahmen, wenn ich aus dem Fenster beim Spülen und Gemüseschnippeln schaue. Erstmals hat die Haselnuss ihre Blätter behalten, nach sieben Jahren hat sie offenbar entschieden, doch bei uns zu bleiben. Es braucht im Garten allemal Geduld. Das denkt sich auch die Hornisse, die jeden Morgen exakt um 20 nach 8 ins Wohnzimmer fliegt, um sich den Rolladenkasten genauer anzuschauen. Das erste Wespennest im Briefkasten haben wir sicherheitshalber weggemacht, man weiß ja nie, welche Folgen das hat.

Seit der Vollmondnacht weiß ich, dass der grandiose Saustall im Herbst, den wir nicht weggeräumt haben im Garten, eine Igelfamilie beherbergt, die nächtens schneckensammelnd durch den Garten wuselt. Ich wusste, dass das Chaos auch Vorteile haben muss! (Das dient mir forever als Entschuldigung) Auf jeden Fall sorgen wir hier für eines – Vielfalt. Oder wie es der morgendliche Hunderundenlieblingsmensch meint: „Ihr Garten: Was alles auf so eine Fläche passt! Bei uns ist es immer aufgeräumt, meine Frau mag das nicht, wenn irgendwo Unkraut ist. Ich finde es toll, dass es bei Ihnen keinen sichtbaren Boden gibt!“ Wie auch, bei den Quecken und dem Klee! Ich nenne es „Anfangsstadien der selbstständigen Permakultur“.

Habt es fein und feiert die Rosen! Rosen und Katzenminze in Verbindung mit weißen Sommerastern, garniert von zarten Gräsern, eine Spinne seilt sich ab, die Hummeln tanzen mit Pollenhöschen und die Bienen queren –  genial. Von drinnen. Monsterallergiker mit Garten – puuh.

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