Farnherausforderung

Shin, Soe und Tai. Drei Zweige oder Stängel einer Pflanze mit unterschiedlicher Bedeutung. Shin steht für den gegenwärtigen Moment, Soe für die Vergänglichkeit und Tai für die Zukunft. Entscheidend für die Gestaltung ist die Frage, von wo das Sonnenlicht kommt.

Anfänger starten mit dieser Übung und erfahren daran – Ikebana ist eine Meditationsform. Wir wandern durch die Natur mit achtsamen Augen. Welches Blatt könnte wofür stehen? Abgeschnitten wird nur, wenn feststeht – genau das ist es. Exakt dieses Blatt hat die richtige Biegung, das richtige Alter, die passende Form.

Einen Tag haben wir geschaut, sind durch den Wald gestreift auf der Suche nach welkem Farn. Im Wald war kein einziger welk, in den Beeten sehr wohl, doch das war nicht gewünscht, es sollte in der freien Natur gesucht und gefunden werden. Kurz bevor wir aufgeben wollten, fanden wir einen Büschel Farn, der näher am Waldrand stand und zartestes Gelb im Grün aufwies. Bingo. Bis dann alles in der richtigen Richtung, Aufreihung und Biegung passte, war es Abend. Staunend erlebten wir, wie die Meisterin des Ikabana einzelne Blüten und Blättchen in der Hand bog, Stängeln eine etwas akzentuiertere Biegung verpasste oder fragte: „Wo genau steht deine Sonne? Schau mal genau, du brauchst zwei Sonnen für deinen Farn, oder?“ Grandios, was man an drei Stängeln erleben kann und wie sicher man viele Male scheitert. „No more plants were harmed“ übrigens. Ganz strikte Anweisung: Nur entnehmen, wenn die Entscheidung klar gefallen ist. Lieber zehn Mal schauen als einmal schneiden. Achtsamkeit vom Feinsten.

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