Am Dienstag hatten wir es in der Alten Synagoge in Kitzingen schön im Seminar. Thema „Gewohnheiten“ – die einen wollten schlechte ab- und andere gute anlegen. Sofort Gesprächsbedarf, was gute oder schlechte Gewohnheiten sind. Wir haben angeschaut, wie viele Alltagshandlungen auf Gewohnheiten beruhen, wie sie installiert werden und weshalb wir uns mit Disziplin, Ausdauer und Geduld schwertun.
Es braucht, wenn es gut werden soll. Nicht 28 Tage, nicht 100, manchmal viel mehr Wiederholungen, bis Dinge „sitzen“. Wir erlernen nichts mit „ich habs dreimal probiert, haut bei mir nicht hin, ich bin zu unbegabt“. Nur weil die Welt uns suggeriert, dass wir in die Hände klatschen und aus Zutaten zaubert sich eine fertige Mahlzeit, entspricht das nicht natürlicher Ent-Wicklung. Alles muss schnell verfügbar sein. Abnehmspritze ist schneller und einfacher als sich über Ernährung Gedanken machen. „Probleme wegmachen“ ist der Wunsch vieler Menschen, Lösungen erarbeiten viel zu mühsam.
Was stärkt uns? Dass wir etwas selbst geschafft haben, dann entstehen Stolz auf uns selbst, Zufriedenheit, Frohsinn. Wir nehmen uns Lebensfreude dadurch, dass wir nicht mehr üben, trainieren, wiederholen, Grit entwickeln. Damit verzichten wir aufs Anstrengen, auch das macht uns zu den konsumanfälligen Wesen, die wir heute sind, medial in Vorstellungen eingesaugt über „alles sofort“ anstelle von Machbarkeit, Verständnis entwickeln, Sinn erleben durch sich bemühen und erfolgreicher werden. Wir verwechseln den Weg mit dem Ziel, „dann bin ich glücklich“. Bin ich nicht. Ich bin glücklich, wenn ich mich angestrengt, mein Bestes gegeben und vielleicht einen Millimeter gewachsen bin, ich vielleicht eine krasse Hürde genommen habe an diesem Tag. Einladung zur Wahl einer kleinen neuen Gewohnheit – welche magst du dir aussuchen?
Eine feine Gewohnheit für meinen gehandicapten Bruder ist ein Ölritual an Tagen, an denen er sich nicht wohlfühlt wie zur Zeit bei der Hitze.