Lass los!

„Unentspannt“ sagte mir heute ein Klient. „Die Lage ist unentspannt und ich bin erst recht unentspannt.“ Auf meine Frage, was er denn dagegen tun könne, kam wie aus der Pistole geschossen: „Naja. Ich müsst halt mal loslassen.“ Öha! Na dann!

Warum tun wir Dinge nicht, von denen wir wissen, dass sie hilfreich und gut wären? Warum lassen wir uns eher von einem Hype im Außen mitnehmen als auf unser inneres Wissen zurückzugreifen? „Du kannst doch nicht so asozial sein!“, wurde ich schon gerügt, wenn mir relativ wurscht war, was im Außen war. Es ist angesehener, sich von einer allgemeinen Welle mitreißen zu lassen als seinen eigenen Standpunkt einzunehmen. Dann ist es wirklich unentspannt. Der eine sagt Hü, der andere Hott. Da kann keiner locker bleiben, weil er ja dauernd zwischen Hü und Hott switchen muss.

Vorschlag: Lassen wir mal die Wertungen auf der Seite, ob irgendwas gut oder schlecht, asozial oder gelungene Selbstfürsorge oder sonst etwas ist. Nehmen wir die Dinge als das, was sie sind: Entweder Dinge oder Lebewesen. Fakten oder Gerüchte. Meine eigene Meinung oder ich habe (noch) keine zu etwas. Und probieren wir einfach mal ein paar Tage lang, alle Gerüchte an uns vorbeiziehen zu lassen und uns eine eigene Meinung zu bilden, so das möglich ist (was es nie in allen Fragen sein kann). Orientieren wir uns am Schönen, Wahren und Guten. Ist es wahr, was wir hören und damit auch weitertragen wollen? Ist es gut, also hilfreich für jemanden oder etwas? Und löst es Freude aus? Falls nein – vergiss es.

Dann können wir eine Menge loslassen, an dem wir sonst festhalten. Irrungen und Wirrungen allenthalben, lass das los. Meinung und Gemecker, Wertung und Anschuldigung – lass das los. Druck, Kritik, auch innerer Kritiker: lass das los. Dann können deine Drahtseilnerven, die bis ins Äußerste gespannt sein mögen, ein wenig durchhängen. Sich erholen. Genieß die Sonne und den Schnee. Deine Tasse Tee. Ein gutes Buch, ein freundliches Lächeln und das eine oder andere gute Gespräch. Und nimm dich mal raus aus dem Zwang, werten, beurteilen und weitertratschen zu müssen. Besser? Geht doch.

 

Spannende Nahsicht von Ursula, oder? Manchmal lohnt es sich, genau hinzuschauen.

Kommentar posten