Höflichkeit ist eine Herzensqualität

Höflichkeit ist ein elegantes Schmiermittel, das unser gesellschaftliches Leben einfacher macht. Es ist eine Form des Respekts, der Achtung und Wertschätzung, die wir anderen gegenüberbringen. Ich schätze höfliche Menschen sehr. Sie halten einem die Türe auf, helfen in den Mantel (und das darf auch mal bei einem älteren Herrn sein), sie stehen in der Straßenbahn oder im Bus auf für andere und haben ihren Blick nicht nur auf ihrem Taschenkobold, sondern nehmen durchaus wahr, wenn jemand im Umfeld Hilfe braucht.

Höflichkeit spiegelt sich im gesamten Alltag. Höfliche Menschen schreiben Mails mit Anrede und Gruß. Sie fassen sich kurz. Sie bemühen sich um Ruhe und einen freundlichen Tonfall. Sie sind sich ihrer Würde bewusst, gestehen sie auch allen anderen im Außen zu und handeln entsprechend. Sie sind aufmerksam. Ihre Sprache ist freundlich und wenn sie Kritik anbringen, ist der Tonfall angemessen und der Inhalt sachlich.

Höflichkeit beginnt bei mir selbst – bin ich mir selbst gegenüber höflich und freundlich oder pflege ich den üblichen inneren Kasernenhofton mit Tötungsabsicht? Das machen wir gern mit uns, dass wir uns kritisieren, benörgeln und niedermachen. Ein höflicher Mensch ist nicht nur im Außen höflich, was aufgesetzt und damit generell unhöflich wäre, sondern pflegt sich an die allgemein eher unbeliebte Regel des Hermes Trismegistos zu halten: außen wie innen (oben wie unten, Mikrokosmos und Makrokosmos).

Vielleicht verbinden wir heute die Begriffe Authentizität und Höflichkeit miteinander, denn ein höflicher Mensch lügt nicht, wenn ihm etwas nicht passt, sondern sagt es angemessen. Er spielt niemandem etwas vor, weil er freundlich sagen kann, wenn er Rückzug und Ruhe braucht. Er hat einen Standpunkt, was bedeutet, dass er sich erstmal einen machen musste – ein Luxus, auf den viele gern verzichten, weil Standpunkt haben bedeutet, sich eine eigene Meinung zu bilden, bewahre! a) zu anstrengend und b) eventuell gegen den Mainstream. Höfliche Menschen haben eine Meinung, fühlen sich aber nicht bemüßigt, sie permanent vor sich herzutragen als Gesinnung. Sie hören hin statt zu. Sie bewerten achtsam und bleiben eher bei sich, als wie eine Muräne aus dem Felsloch zu schießen und niederzubeißen, was sich bewegt (man muss der Muräne zugute halten, dass sie das nicht aus Freude tut).

Höfliche Menschen sehen viel und übersehen vieles. Sie hören eine Menge und tragen es nicht weiter. Sie helfen, peinliche Momente zu überstehen, indem sie im richtigen Augenblick schweigen können. Sie machen die Welt angenehm, aber nicht auf eine schleimige, anbiedernde Art, sondern elegant und leicht.

Wo begegnet dir Höflichkeit im Alltag? Was war deine schönste Höflichkeitssituation? Bist du selbst im Höflichkeitstraining des Lebens?

Allen einen bewegenden und beweglichen Merkurtag.

 

Annemarie bringt uns mit ihrem Bild ein wenig in den Frühling hinein. Danke!

 

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