Dienstags-Nachdenk-Input

Der Beruf des Heilpraktikers, vielen lange ein massiver Dorn im Auge, soll abgeschafft werden, mal so eben im Rahmen des generellen Chaos, da fällt das gar nicht so auf. Das Thema ist emotional hoch belastet, da prallen ein paar Welten aufeinander: die der Schulmedizin und die der alternativen Heilweisen. Die der Menschen, die ihr Fach lange Jahre studiert, viele Stunden heftigste Dienste absolviert haben, dann oft den Facharzt abermals lange Jahre draufgesetzt haben, ehe sie in ihren Beruf eingestiegen sind, contra die, die das „alles nachgeworfen bekommen haben“ aus Sicht der Mediziner. Es ist von Quacksalbern die Rede, „örtlichen Laienheilern“, man liest von unsachgemäßer Behandlung mit Todesfolge und noch viel mehr.

Erstmal gilt: Ein Arzt ist ein Arzt. Er hat lange studiert, sehr viel gelernt und sich fortgebildet. Er behandelt seine Patienten nach bestem Wissen und Gewissen und er ist in der Regel gründlich schulmedizinisch ausgebildet plus sein Facharztwissen und diverse Fortbildungen. Ein Heilpraktiker hat in aller Regel an einer entsprechenden Schule seine Ausbildung gemacht, wenn er sektorialer Heilpraktiker ist ebenfalls. Dann hat er sich einer schriftlichen und mündlichen Prüfung am Gesundheitsamt unterzogen. Zudem muss auch der Heilpraktiker, ob sektorial (also auf bestimmte Gebiete beschränkt wie z.B. Psychotherapie) oder nicht, eine entsprechende Therapeutenausbildung absolvieren, die in aller Regel mehrjährig ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie nicht unbedingt im schulmedizinischen Bereich angesiedelt sein muss, es aber sein kann. Auch hier werden Prüfungen verlangt, Facharbeiten geschrieben. Meistens sind die angehenden HPs nicht direkt nach der Schulzeit am Start, sondern besitzen bereits ein Maß an Lebenserfahrung und Menschenkenntnis.

Die Ausbildungsgänge von Arzt und HP sind unterschiedlich und nicht vergleichbar. Wofür die meisten Heilpraktiker sind: Für eine vereinheitlichte Ausbildung, um einen hohen Leistungsstandard zu gewährleisten. Zahlreiche Schulen pflegen diesen Standard bereits. Hier wäre eine Anpassung und Vereinheitlichung zur Sicherung von Standards wünschenswert, dem stellt sich auch kein Heilpraktiker entgegen.

Beide Seiten argumentieren mit verstorbenen Menschen durch Quacksalberei. Jeder Mensch, der an falscher Behandlung gestorben ist, ist zu viel. Hier wäre es sinnvoll, die Lagerbildung und das Aufrechnen von Verstorbenen bitte sein zu lassen. Es gibt nicht die gute oder schlechte Schulmedizin und die gute oder schlechte Alternativheilkunde. Beides kann bestens nebeneinander bestehen. Im Herzinfarktfall oder bei einem Beinbruch wird wie bei vielen akuten Themen der Schulmediziner sofort und hochkompetent helfen können, in anderen Bereichen fährt der eine oder andere mit Alternativen langfristig besser. Wir haben auch so etwas wie Wahlfreiheit bisher gepflegt im Land. Nicht selten haben auch Heilpraktiker ihren Arzt und finden sich Ärzte bei Heilpraktikern, weil es auf beiden Seiten „solche und solche“ gibt – wie in jedem Bereich des Lebens.

Mein Wunsch – diese sinnfreie Diskussion beenden. Heilpraktiker wissen, dass sie keine Ärzte oder Psychologische Psychotherapeuten sind. Es ist stets die Pflicht, behandlungsbedürftige Krankheiten zum Arzt zu verweisen oder erstmal abklären zu lassen, dass hinter Symptomen eben keine solchen Krankheiten liegen. Das lernt jeder in der Ausbildung! Aus meiner Sicht wäre es klug, die Ausbildungen für die HPler, ob „groß“ oder „klein“, zu vereinheitlichen und auf ein gutes hohes Niveau zu stellen und zudem verpflichtend nachzuweisen, bis zur Prüfung eine abgeschlossene Therapeutenausbildung zu haben, damit sichergestellt ist, dass mit Erteilung der Erlaubnis ausreichende Behandlungskompetenz da ist. Fortbildung ist für Ärzte und HPler immer Pflicht. Es sind unterschiedliche medizinische Schwerpunkte, die gelegt werden, lassen wir die Vergleiche von Äpfeln mit Birnen.

In meinem Traum arbeiten alle Hand in Hand am Menschen. Der Schulmediziner, der HPler, der Physiotherapeut, was immer, im Austausch, was das Beste für den Patienten ist und wie man ihn stärken kann, für seine Gesundheit die Verantwortung wieder zu übernehmen, wie es sich gehört. Damit Medizin im besten Sinne stattfinden kann – sie hat das Gesamtsystem des Menschen im Blick.

Hören wir auf, andere Berufsgruppen zu diffamieren. Ich unterstelle jedem Arzt UND jedem Heilpraktiker, dass er nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle des Patienten handelt. Dass es das höchste Ziel sein muss, dem Menschen zu helfen, der vor einem sitzt, und ihm schnellstmöglich eine notwendige Behandlung zukommen zu lassen, die angezeigt ist, also die richtige Diagnose- und Therapieentscheidung zu treffen.

Es geht nicht um Konkurrenz, wir decken alle andere Bereiche ab. Es geht um Respekt, Wertschätzung und die Tatsache, dass manche Menschen auf alternative Behandlungen im chronischen Bereich oft besser ansprechen. Das ist doch nicht schlimm. Arbeiten wir Hand in Hand! Jeder braucht mal den Schulmediziner, mal etwas anderes. Für mich ist das kein Widerspruch, sondern Behandlungsvielfalt. Jede Medizin hat ihre Grenzen und jeder Mensch ebenso, aber alle und alles über einen Kamm scheren ist nicht der beste Plan.

Was mich stört, sind der Tonfall und die Ausschließlichkeit. Ich kenne bewundernswerte Ärzte und ebensolche Heilpraktiker. Und das Gegenteil. Das ist immer und in jedem Berufsfeld so. Für mich hat JEDER MENSCH in seinem Beruf die innere Verpflichtung, seine Arbeit auf dem bestmöglichen Kenntnisstand zu tun, sich permanent zu verbessern, weiterzubilden und wach zu sein für die Entwicklung im jeweiligen Segment, sich menschlich immer besser aufzustellen und die Regeln des ehrbaren Kaufmanns ernst zu nehmen, sprich, Werte zu vertreten. Egal, in welchem Beruf er arbeitet. Bitte bleiben wir im Tonfall so, dass wir uns nicht schämen müssen. Und bemühe sich jeder Mensch an seinem Platz, an dem er sich ins Leben stellt, allzeit das Beste zu geben und wenn er merkt, dass etwas nicht von ihm auf bestmögliche Weise getan werden kann, den Kunden, Klienten, Patienten dorthin zu empfehlen, wo er besser aufgehoben ist, weil niemand alles können kann oder muss.

Ich wünsche allen, dass sie gesund bleiben und für diese Diskussion vor allem eine entsprechende inneren Haltung des Anstands, der Würde und der Vernunft.

Danke an Sigrid für das Foto, die Knoblauchrauke findet sich in diesem Frühjahr überall!

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