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Körper und Seele

Ein spannendes Wochenende liegt hinter uns. Wir haben uns am Samstag mit Tonglen, Pema Chödrön und Achtsamkeit befasst, am Sonntag mit der Gestalt unseres Körpers, mit der mittelalterlichen Zuordnung von Körperteilen zum Tierkreis und was die Forschung zu Embodiment sagt, dem Zusammenhang zwischen Körper, Seele und Geist.

Wir haben zur Zentrierung den Fünfstern geübt und das klappt inzwischen einwandfrei. Mit Batakas sich ein bisschen durch den Raum jagen hat für Überraschungen gesorgt – wie gehen wir damit um, wenn wir konfrontiert werden mit Situationen, die wir nicht wollen? Wie können wir unsere Grenze wahren? Noch ein Kurstag zum Thema Körper, dann geht diese tolle Gruppe ins zweite Ausbildungsjahr mit systemischer Arbeit.

Nächste Woche sind dann die Kursteilnehmer im zweiten Jahr dran mit Aufstellungsarbeit. Drei Aufstellungstermine können wir 2021 noch vergeben, alle am 24. Oktober: um 9, 22 und 14 Uhr. Alle November-  und Dezembertermine sind schon weg. Wer am 24. aufstellen mag, bitte schnell bei mir melden!

Die neue Woche wird viele spannende Begegnungen mit Menschen und ihren Themen bringen. Gabi und ich werden einen neuen Podcast aufnehmen. Zwei neue Podcasts mit mir werden wir Anfang der Woche ins Netz stellen, ich gebe euch Bescheid, auf der Homepage ist einer der beiden Podcasts – Nr. 7 Gesundheit – schon abrufbar. (https://www.seelengarten-krokauer.de/videos/#podcasts).

 

Wir wünschen euch einen guten Start in die neue Woche. Was immer an Herausforderungen auf uns zukommen wird – gehen wir es in Ruhe und mit Freude an.

 

Nicht ganz ohne – eine Wiese voller Herbstzeitlosen! Sie sind wunderschön, wie Krokusse, jedoch sehr giftig.

Erde, die uns dies gebracht

Erde, die uns dies gebracht,
Sonne, die es reif gemacht.
Liebe Sonne, liebe Erde,
euer nie vergessen werde.

Wir haben volle Teller
und voll sind Scheune und Keller,
wir leiden keine Not.

Gesichert ist das Brot,
die Äpfel sind knallrot
und auch der süße Wein
lief rein in Fass hinein.

Die Ernt‘ ist geborgen,
wir haben keine Sorgen,
drum sei heut Dank gebracht,
Sonne, die es reif gemacht.
Liebe Sonne, liebe Erde,
euer nie vergessen werde.

Christian Morgenstern, 1871-1914

Mal wieder ein kleiner Blick in die Architektur des Goetheanum.

Essenz der Woche

Ich freue mich auf dieses Wochenende. Die angehenden Cardea-Therapeuten nähern sich rasant dem Ende des ersten Ausbildungsjahrs und starten mit dem Körpermodul unter der Frage: wie hängen Körper, Seele und Geist zusammen?

Der Oktober wartet ohnehin mit lauter spannenden Wochenenden auf mit Aufstellungen und anderem buntem Programm. Wer etwas aufstellen mag, hat 2021 nur noch am 24. 10. Möglichkeiten, alle anderen Aufstellungstermine bis Dezember sind voll.

Es freut mich, dass nun viele Anmeldungen für die im Herbst startenden Kurse eintrudeln, der eine oder andere hat bemerkt, dass Kurse wieder stattfinden – oh ja! Bei manchen Kursen gibt es nur noch einen oder zwei Plätze, da die Platzzahl begrenzt ist, wir arbeiten nur in kleinen Gruppen. Wer also Interesse hat – meldet euch bald an bitte.

Diese Woche ist mein Herz so voll von den Begegnungen mit den Menschen. Ich bin so unendlich dankbar für diese Arbeit und das Vertrauen der Klientinnen und Klienten. Ich lausche ihren Lebensgeschichten. Es sind Berichte voller Mut, voller Tapferkeit, voller Berg- und Talbahnen, dass ich staune. Was Menschen alles aushalten, bewältigen, überstehen und welche Lehren sie daraus mitnehmen! Ich habe weise, weise Lehrer, die mich Demut lehren und Staunen und Freude. Ich lerne auch viel über die Macht der Angst, der Verzweiflung, über Druck und Zusammenbruch, über Tod und Sterben. Es sind Geschenke, die Termine. Wir öffnen einen Raum der Herzen. Wir begegnen einander von Herz zu Herz. Annahme darf sein. Wandlung geschieht. Dinge neu sehen, Wertungen fallen lassen, sein dürfen. Tiefes Aufatmen, nichts müssen, nichts sollen, nichts wollen, nur sein. Atmen und Stille. In der Stille wird die aufgewühlte See klarer und klarer. Tauchen Perspektiven auf. Öffnen sich Türen, ergeben sich Wege. Weil erst jetzt der Raum dafür möglich geworden ist. Altes wird abgeschlossen und die Essenz im Herzen bewahrt, Neues darf vorsichtig auftauchen, wird liebevoll empfangen und gehalten. Danke allen, die diese Woche mit mir gearbeitet haben, Danke für euren Mut, eure Offenheit und euer Vertrauen. Jedes Gespräch lehrt mich Respekt vor dem Leben selbst und vor der Kraft, die wir erreichen, wenn wir Ja zum Leben sagen.

Allen ein vertrauensvolles, getragenes Wochenende voller Begegnungen im Herzen.

 

Blick aus einem Fenster im Kloster Schöntal im Herbst. Farbenspiel im Oktober.

Banne die Sorge

Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
Reseden und Astern im Verblühn,
Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht,
Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.

Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht –
Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt,
Eh Stille, Schnee und Winter kommt.

Theodor Fontane, 1819-1898

Aurelia war für uns im Wald unterwegs. Herzensdank für dein Foto!

Vergesst mir die Seele nicht!

„Vergesst mir die Seele nicht“ war Sebastian Kneipp ein wichtiges Anliegen. Man mag einwenden, dass das seine Aufgabe als Pfarrer ist, für die Seele seiner Schäfchen zu sorgen. Der Zusammenhang, aus dem das Zitat entnommen ist, beschreibt, dass Menschen oft erst den Schritt zur Gesundung gehen können, wenn man neben der Fürsorge für ihre körperlichen Fragen auch die Seele und den Geist mit berücksichtigt.

Jetzt zum Herbst brauchen wir einen guten Blick auf Körper, Seele und Geist, wenn wir gesund und gut aufgestellt durch die kalte Jahreszeit kommen wollen. Theoretisch sind wir alle Experten, wir setzen es nur nicht um, dass wir uns ausreichend bewegen sollen (wobei das daran schon scheitert, dass mancher denkt, ausreichend sei die Bewegung mit der Maus auf dem Schreibtisch), auf eine ausgewogene Ernährung achten dürfen (koffeinhaltige Erfrischungsgetränke und Fast Food sind schwergewichtige Ernährungsprobleme) und ausreichend schlafen sollen.

Vielleicht schauen wir uns einfach die nächsten Tage mal ein paar Aspekte und Mythen an zum Thema Gesundheit von Körper, Seele und Geist?

Das Nichtwissen ist erschreckend, mit dem ich jeden Tag konfrontiert werde. Wenn ich Klienten frage, wie viel sie denn schlafen sollen, kommt stereotyp „acht Stunden, aber ich komm zu spät ins Bett“. Der Acht-Stunden-Mythos geistert nach wie vor durch die Köpfe. Ausreichend geschlafen haben wir, wenn wir morgens frisch aufwachen. Jeder hat seinen Rhythmus, der eine ist eher morgens früh auf, der andere abends länger wach. Wenn man das berücksichtigen kann, ist das super.

Ansonsten gilt das Einführen einer guten Abendroutine – nicht zu spät und nicht zu schwer essen, keine Bildschirmsachen mehr mehrere Stunden vor dem Schlafengehen, davor auch nicht direkt Sport und keinen Streit, der uns die halbe Nacht wachhält. Dass wir ein gut gelüftetes Schlafzimmer haben, sollte selbstverständlich sein, Matratzen müssen zum Menschen passen und wem es schnell warm wird, der braucht kein 25 Kilo schweres Wolldeckbett. Alle technischen Geräte gehören nicht ins Schlafzimmer und Menschen mit Schlafproblemen platzieren den Wecker bitte auf die Türschwelle, nicht ans Bett.

Wem der Kopf schwirrt und die Füße sind warm – vor dem Schlafengehen die Beine kühl abduschen hilft beim Abschalten. Rechts anfangen, fern vom Herzen. Erst hinten, dann vorne die Beine abbrausen (am besten ohne Duschkopf, damit der Strahl die Haut wie ummantelt), Beine abstreifen und sofort ab ins Bett. Nach wenigen Minuten durchbluten die Beine sehr gut und alle Energie fließt aus dem Kopf hinunter. Die Kaltfüßler schlafen schwer ein wegen der kalten Füße. Da wäre die erste Maßnahme ein warmes Fußbad und dann viel barfußgehen oder Tautreten bei warmen Füßen am Morgen! Wenn der Körper gelernt hat, wieder warme Füße zu erzeugen, sind wir ganz anders aufgestellt im wahrsten Sinne des Wortes! Das kann man trainieren!

Ein Ritual am Abend: Eine Tasse Tee trinken und dabei den Tag rückwärts ablaufen lassen, nur schauen, was war, nicht werten und urteilen! In einem schönen Dankbarkeitsbuch notieren, wofür man an diesem Tag dankbar war. Danach ein Gebet, ein Lied, eine Abendmusik (wie z.B. den Abendsegen aus der Oper Hänsel und Gretel) und das bewusste Loslassen und Ablegen aller Tageslasten (Gute Nacht ihr lieben Sorgen, bis morgen). Zeitig schlafen gehen, damit der Körper genug Erholungszeiten hat. Stück für Stück kommt man so einem besseren Schlaf wieder näher. So lange, wie jeder Einzelne das für sich braucht, einer acht Stunden, ein anderer mehr oder weniger. Entscheidend ist die Fitness am nächsten Tag und die Müdigkeit. Schlapp und müde bedeutet: Checken, was los ist und mehr Schlaf.

Die meisten Probleme werden durch Schlafmangel verursacht, also durch Schlaf gelöst.

Allen einen liebevollen Freitag.

Absolut magisch

Es gibt Momente in meiner Arbeit, die sind so jenseits von Zeit und Raum, dass wir das Gefühl haben, alles ist stehen geblieben. So einen Moment gab es gestern im Gespräch mit einer lieben Klientin. In dem Augenblick, in dem wir aufhören, etwas zu wollen, eine Technik einsetzen oder sonstwas Schlaues versuchen, sondern alles Wollen aufgeben und im bloßen Sein sind, wird uns etwas bewusst, was ich nur mit Gnade bezeichnen kann. Wir erleben das Gefühl, dass nicht wir sprechen, etwas fragen oder den Blickwinkel verändern, sondern ES, etwas, das viel größer ist als wir, das allertiefste Weisheit besitzt und aus absoluter Liebe besteht.

DAS sind die Momente, in denen wir, die wir miteinander gerade arbeiten, spüren, dass hier Großes geschieht, etwas Magisches. Wir haben aufgehört, irgendetwas zu wollen, zu verändern oder unser Gehirn zu zermartern, wir vertrauen dem Prozess, lassen innerlich restlos los und spüren eine große Ruhe, Entspannung und aus dieser Stimmung heraus geschieht es – das Chaos ordnet sich. Wir können die Muster erkennen und sehen, was ist. Wie von selbst ergeben sich die passenden Wege, öffnen sich die Türen.

Am Wochenende hatte ich so einen krass magischen Moment und mit mir zusammen viele andere Menschen hoffentlich. In meiner Coachingausbildung ging es genau um dieses Feld und seine Magie. Für manchen war das sehr fremd, für mich nicht, denn diese Momente durfte ich immer wieder in der Arbeit mit Menschen erleben, Sternstunden jenseits von Zeit und Raum, Momente, in denen sich alles gewandelt, Ein-Sichten möglich waren. Es war für mich tief beeindruckend zu erleben, wie unser Ausbilder Veit Lindau darüber sprach und mit welcher Haltung er das tat. Ich betrachte es als großes Geschenk, bei jemandem sehr, sehr viel und intensiv zu lernen, der dieses Kraftfeld kennt und mit Respekt, Wertschätzung und voll Staunen darüber spricht.

Vielleicht ist es dieses Feld, das jenseits der Noosphäre von Teilhard de Chardin liegt (die Schicht um die Erde, die von unseren Gedanken gespeist wird), diese Energie, die Novalis meinen könnte, wenn er sagt: „Wohin gehen wir? Immer nach Hause.“

Was für ein unglaubliches Glück habe ich, dass ich mit Menschen arbeiten und mit ihnen in diesem Feld unterwegs sein darf. Allen Menschen wünsche ich die Erfahrung dieses Feldes. Wenn wir diese Erfahrung kennen und teilen, kann Wandel, Veränderung entstehen aus einer absolut liebenden Energie heraus, fern von Ego und Gier. Das ist die Ebene, in der nichts mehr gewollt werden muss, nichts irrt und wirrt. Es ist. Und es ist gut, wie es ist.

Allen einen freundlichen Freutag unter dem Schutz des Jupiter!

 

Steffi schenkt uns auch heute ein atemberaubendes Spiel von Licht und Wolken. DANKE.

Erfüllte Hoffnungen

Letzte Hoffnung

An Verwelken und Verblühen

Hab ich längst mein Herz gewöhnt;

Mit des Lebens Leid und Mühen

Hab ich mich längst ausgesöhnt.

Doch mein armes Herz auf Erden

Dennoch manche Hoffnung trägt –

Möge sie erfüllet werden,

Weil es sie für andre hegt.

Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874

Strand und Meer kann man nie genug haben. Danke an Theresa für das Foto!

Gib diesem Tag eine zweite Chance!

Manche Tage starten super, du denkst – das läuft. Um dem Morgenstau Richtung Stadtmitte zu entgehen, fährst du rechtzeitig los und landest im Stau derer, die den Morgenstau umfahren wollten. Es geht im Schritttempo voran, Spurwechsler kosten Nerven. Du willst nur schnell ein Rezept abholen und liest staunend vor der Tür: Rezeptabholung ab 8.30 Uhr. Es ist 7.54 Uhr, du wolltest um 8 das Rezept holen, damit du um 9 mit einer Stunde Verspätung wegen so einem Murks anfangen kannst zu arbeiten (Wir schicken nicht mit der Post, aha). 8.15 Uhr. Ein netter Mensch erbarmt sich und gibt mir das Rezept. 45 Minuten im morgendlichen Verkehr Richtung Autobahn heimzus für wenige Kilometer, andere Fahrmöglichkeiten gibt es nicht. Der Spaß hat mich summa summarum knapp zwei Stunden gekostet. Klar könnte ich jetzt sagen, ich nutze das als Übung in Gelassenheit. Heute war das nicht machbar. Dazu stapelt sich zu viel Arbeit und letztlich muss ich jetzt alle aufgelaufenen Telefonate versuchen abzuarbeiten, was nicht funktioniert, weil die Menschen halt jetzt alle selbst bei der Arbeit sind. Dafür mache ich die Telefonsprechstunde um 7.30, da können die meisten noch schnell anrufen. Vielleicht habe ich eine zu große Serviceorientierung 🙂

So, wie das dann eingespurt ist, zieht sich das Gehetze durch den gesamten Tag. An manchen Tagen klappt es, einen Cut zu machen und neu loszulegen, damit das alles wieder auf normal Null kommt, an manchen Tagen geht es eben nicht. Da wundert es mich dann auch nicht mehr, wenn mir die Klienten sagen, wie schlimm sie seit Montag Kopfschmerzen haben und dass sie das Wetter schlaucht. Manchmal kommt einfach viel zusammen im Leben.

Wer für heute auch schon so seine Erlebnisse für den Tag hatte – schnaufen wir mal alle miteinander durch. Wundern wir uns über die seltsamen Regeln, die nun gelten wie nichts mit der Post schicken, aber drei Schilder an der Tür mit Infos zur Reduzierung der Kontaktflächen. Irgendwie ist das drollig, diese konsequente Inkonsequenz. Ich habe mir jetzt einen großen Kaffee gemacht, alle Fenster aufgerissen, damit frische Luft reinkommt und entschieden, dass genau jetzt in dieser Sekunde mein superguter Tag anfängt. Ich freue mich auf die Menschen, die kommen und auf das, was heute passieren mag. Auch dieser Tag hat eine zweite Chance verdient. Und ich erst!

Allen einen beweglichen Merkurtag.

 

Sigrid hat die herbstlichen Farben beim Spaziergang eingefangen. Danke!

Verlorenes Gehirn

Als Primaner versuchte ich zum ersten Mal, zu einer lebendigen Vorstellung zu gelangen, was wir des Alls Unendlichkeit nennen. Ich legte mich nachts auf einen fast horizontal gestellten Klappsessel in den Garten und bemühte mich, über das rein Bildmäßige des Sternenhimmels hinaus in seine Wirklichkeit einzudringen. Es gelang mir so wohl, dasich empfand: Jetzt noch eine Sekunde solcher Erdabwesenheit, ein einziger kleiner Schritt weiter, und mein Gehirn ist auf immer verloren. Und ich …

 

Christian Morgenstern, 1871-1914

 

 

Danke an Manuela für das Himmelsfoto!

Nicht mehr abwarten und Tee trinken

Das Land hat gewählt und sich für einen Abwartekurs entschieden. Es gibt keinen mächtigen Schritt in die eine oder andere Richtung, was vernünftig ist, wenn es an tragenden, überzeugenden und machbaren Visionen mangelt. Ein Abwatschen durch Entscheidung für Extreme aller Art hat es nicht gegeben. Es ist wie ein Votum für „jetzt haltet mal den Ball flach und benutzt das Gehirn“, hoffen wir, dass die Botschaft ankommt und nicht als Freifahrtschein für Balztänze aller Art benutzt wird, was ich befürchte.

Im Grunde hat das Land reagiert wie die USA nach Donald Trump – erstmal eine Verschnaufpause nach einem Kopf wie Obama, der für das damalige Land noch zu klug war und einer Regression hin zu Haudraufs ist jetzt bei uns auch so eine Art „abwarten und Tee trinken“ angesagt. Bis wir eine Regierung haben, kann es dauern, wer weiß, welcher Platzhirsch sich durchsetzt, im Grunde sind sie austauschbar, weil bislang farblos.

Was jetzt passieren sollte, geschieht auf anderen Ebenen. Uns darf bewusst werden, dass wir uns nicht auf „Made in Germany“ alter Zeiten ausruhen können. Da würde es das deutsch gesprochene Made eher treffen, bei uns ist gewaltig der Wurm drin im Land. Es ist jetzt die Zeit, die Weichen grundsätzlich neu zu stellen (was vermutlich nicht auf der Agenda der künftigen Regierung steht). Das Land braucht Perspektiven und Mut. Mut, die Dinge, die mies laufen und übel stinken ans Licht zu holen und zu entsorgen.

Perspektiven auf allen Ebenen, denn wir schlafen seit Jahren schon ein auf veralteten Lorbeeren, die niemals unsere waren und verschlafen den Anschluss an andere Ländern, die ihr Bildungssystem auf Vordermann bringen, über neue Wirtschaftsformen nachdenken und längst aufgehört haben, egozentrisch eigene Pfründe zu verteidigen, sondern zu überlegen, wie man auf gute Weise netzwerken und sich gegenseitig unterstützen kann.

Die Flutkatastrophe hat wie alle Katastrophen dieser Art (auch der Anfang von Corona war so) gezeigt, dass wir durchaus ein mitfühlendes Volk sein können, das sich gegenseitig stützt. Gemeinsam für etwas einzutreten, was vielleicht sehr, sehr viel Arbeit ist, aber letztlich gute Resultate für die meisten generieren kann, verbindet und stärkt. Zukunft ist nichts, was wir erwarten können, sondern etwas, das gestaltet, geplant und organisiert sein will, vor allem im Hinblick auf die Laufzeit, die dieser Planet noch hat, wenn wir weiter unserer Gier frönen wollen. Es geht nicht darum, dass jeder so viel aufhäuft, wie er stapeln kann, sondern alles so zu verteilen und aufzubauen, dass es für alle in Frieden reicht. DAS ist eine wahre Revolution, die dem Planeten als Ganzem nutzt.

Wir werden einander in Zukunft nicht mehr alle verstehen. Andere Menschen haben andere Auffassungen, Meinungen, einen anderen Glauben und andere Lebensformen. Das werden und müssen wir nicht en Detail begreifen oder gut finden. Es ist, wie es ist. Der Planet leidet und es wird Zeit, sich über solche Unterschiede und Befindlichkeiten hinweg zu begegnen gemäß der Aussage von Rumi: „Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“ Es wird Zeit, dass wir aufwachen und uns auf den Weg machen, um diesen Ort zu finden.

Die Rettung des Planeten ist der neue Stern von Betlehem und sie geht jeden Einzelnen etwas an. Bleiben wir nicht bei nationalen Spielereien stehen, sondern denken wir groß, weit, offen und aus der Zukunft heraus. Sonst produzieren wir weiterhin immer mehr vom Gleichen, was bisher auch schon nicht einmal ansatzweise ein Schritt in die längst notwendige Richtung war. Wenn wir aus 20 Jahren in der Zukunft zurückschauen auf 2021 – was waren die notwendigen Schritte, die wir gegangen sind? Zukunft ist kein Ort im Nirgendwo, sondern direkt hier, wo wir sind, und sie kann uns beraten und leiten, wenn wir aufhören, uns andauernd in der Vergangenheit aufzuhalten und irgendwas nachzutrauern, was längst tot ist und aufhören, im rosaroten Traumland unterwegs zu sein. Im Jetzt gibt es das alles nicht. Nur Klarheit und das Gehen des nächsten Schritts, das Atemholen des nächsten Atemzugs.

Allen einen ermutigenden Marstag.

 

1928 wurde das zweite Goetheanum in Dornach fertiggestellt, ein riesiger Betonbau, weit über die damalige Zeit hinausragend in seiner Gestaltung. Die Verschalung beim Betongießen lässt den Beton wirken wie Holz, vor allem, wenn man in der sehr frühen Morgensonne im Gebäude unterwegs ist.

Was wir wirklich brauchen

Der Wunsch, das Lebensnotwendige zu besitzen, hat noch keinen Menschen zu Fall gebracht, wohl aber der Wunsch nach Dingen, die er nicht wirklich braucht. Keinem Volk wurde das Verlangen nach Getreide, Obst, reiner Luft, klarem Wasser, vollkommener Kunst oder schöner Frauen zum Verderben, sondern die Gier nach Gold, Schätzen, Sklaven, Macht, unverdientem Ruhm und der Hang zu grundloser Überheblichkeit.

Joseph Joubert, 1754-1824

An der Biooase in Bad Wörishofen wird ein kleiner Quittenbaum gerade zum Spalierobstbaum gezogen.

In welcher Welt wachen wir morgen auf?

Ich bin gespannt, in welchem Land wir morgen erwachen. Nutzt die Wahlchance. Es braucht ein zukunftsweisendes Votum.

Viele freuen sich über die sommerlichen Temperaturen – genießt es, Wetter ändert sich rasch. Früh dunkelt es nun, lang ist es dunkel, längst stehen wir mit Licht auf, seit Wochen schon. Die letzten Äpfel reifen, die Pfirsiche sind geerntet, die Brombeeren auch, nun warten noch Quitten und nach dem Frost die Schlehen auf Verarbeitung. Der Garten ruft nach mir, doch fehlt es mir an Zeit in diesem Jahr, mich so zu kümmern, wie es nützlich wäre, zu vieles läuft in diesem Jahr parallel und lässt sich nicht ändern. Es freut die Igel und schafft viele Überwinterungsmöglichkeiten für die Tiere, die in den super aufgeräumten Gärten keine Chance haben.

Der 86. Geburtstag meiner Mutter wurde am Wochenende gefeiert, bald folgt mein Vater mit seinem 86. Geburtstag. Es ist ein hohes Alter (wobei meine Schwiegermutter ihren 97. bald feiert) und die Begleitung der Eltern in diesen Jahren lehrt mich sehr viel über das Alter und wie unterschiedlich Menschen damit umgehen. Es ist sehr stark abhängig von der körperlichen Verfassung und die hängt mit der seelisch-geistigen Verfassung zusammen.

Ich denke, es macht für alle Menschen sehr viel Sinn, sich in allen Bereichen – Körper, Seele und Geist – bestmöglich aufzustellen, für Gesundheit sorgfältig zu sorgen, denn Defizite, egal in welchem Bereich, rächen sich im Alter massiv. Alter kann eine gute Zeit des Weitergebens, des Mentorings, der Unterstützung für die Jüngeren sein, doch im Fall von Pflegebedürftigkeit und Not sieht das anders aus. Ich begleite viele Familien, in denen dies massiv Schwierigkeiten macht, erlebe beide Varianten in der eigenen Familie selbst und weiß sehr wohl, wie das Kraft zehren kann.

Deshalb lerne ich gerade aus nächster Nähe, was ich mir für mich wünschen würde und was nicht. Manches suchen wir uns freilich nicht aus und sind dann darauf angewiesen, dass wir Hilfe bekommen. Doch was ich vorbeugend tun kann, sollte ich tun, damit ich möglichst lange frei von solchen Fragestellungen leben kann. DAS ist eine große Aufgabe in einer Welt, in der ganz junge, alte, kranke und behinderte Menschen nicht mehr in einem Familien- oder wenigstens Wertesystem getragen sind. Das hat Vor- und Nachteile. Ganz sicher ist es ein wesentlicher Beitrag zur beobachtbaren Einsamkeit der Menschen. Wenn uns der Anschluss an ein vertrautes System fehlt, verlieren wir den Lebensgrund.

All das sind Fragen, die unsere Zeit aufwirft, neben Bildung, Eigenverantwortung stärken, neues Wirtschaften, andere Wege, mit dem Planeten umzugehen und tausenderlei mehr. Nach den Monaten der Pandemie mit all ihren Auswüchsen in diverse Richtungen hoffe ich, dass wir aufwachen und begreifen, dass WIR es sind, die sich dieser Themen anzunehmen und sie auf bestmögliche Wege für die Zukunft der Menschheit zu bringen hat. Dazu brauchen wir Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Grenzen zu sprengen. Ihren Geist weit zu dehnen. Aufhören, Recht haben zu wollen, weil es das nicht gibt. Anfangen, aus Freude, Freundlichkeit und mit einer liebevoll offenen Grundhaltung der Neugier auf den anderen gute Fragen zu stellen, wie wir alle miteinander diesen Planeten zu dem großartigen Ort machen können, der die Erde ist. Wir leben auf einem Planeten, der uns alles gibt, was wir brauchen.

Was wir im Innersten denken, wird geschehen – wie großartig ist deine Vision von einer wunderbaren Welt und wie bereit bist du, dafür einzutreten?

Allen einen sanften Wochenstart und einen ermutigenden Neubeginn. Das jedenfalls werden wir heute Abend, wie ermutigend, ob wir für einige Jahre auf der Stelle treten oder in eine Welt zurückfallen, in der Angst und Macht regieren.

 

Ein Blick, der begeistern kann – viele, viele Meter lange Gemüsebeete, unterbrochen von Blumenbeeten am Goetheanum in Dornach zeigen: Wir ernten, was wir säen. Wer etwas sät, investiert in jedem Fall in die Zukunft. Die Frage ist immer nur, in welche.

… siedet die Hölle!

Es war die Art zu allen Zeiten, (…) Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.

Mephistopheles in „Faust“; Johann Wolfgang von Goethe

Manche Stufe am Goetheanum in Dornach wird derzeit von Faust-Zitaten verziert.