Monthly Archives: August 2020

Die Höhe der Kultur ist die einzige, zu der viele Schritte hinaufführen und nur ein einziger herunter.

Friedrich Hebbel, 1813 – 1863

Die Landschaft des Ayers Rock gehört zum Kulturgut der australischen Ureinwohner. Danke an Theresa für das Foto!

Mittwochs-Nachdenk-Input

Sich auf die Zukunft vorbereiten empfiehlt Perikles. Wie gelingt das? Vielleicht mit dem Lösen von Erwartungen, wie sie auszusehen habe. Ich halte es für bedeutsam, dass man weiß, an welchen Stern man seinen Lebenskarren hängen mag, wie es da Vinci als Aussage zugeschrieben wird. Gemeint ist damit die Vision, welcher der Mensch im Leben folgt. Die ist ein sehr hohes, übergeordnetes Thema und daraus resultieren dann Ziele, die ich erreichen kann. Sie dürfen eine gute Herausforderung sein, sonst ist uns schnell langweilig, aber nicht so schwer sein, dass Scheitern vorprogrammiert ist. Und dann gibt es noch das Unerwartete. Das, was von außen geschieht und nicht in unserer Hand liegt. Wir können das Verhalten anderer Menschen nicht einschätzen. Ebenso wenig wissen wir, wie das Wetter wird, ob es weitere Pandemien oder weltweite Stromausfälle gibt, wir uns schlagartig verlieben oder krank werden, Kinder bekommen oder Großeltern werden – all das liegt nicht in unseren Händen und kann von uns auch nur mit einem flexiblen Innenleben beantwortet werden. Wer aber eine sture Vorstellung hat, was wo wie zu sein hat, scheitert rasch und resigniert.

Die beste Investition, die meiner Meinung nach von einem Menschen getätigt werden kann, ist Bildung. Nicht unbedingt das Wissen, das ich auch nachschlagen kann, sondern Herzensbildung. Ein anderes Wort wäre Charakter. Er basiert auf unseren Werten, die sich im Feuer des Lebens immer wieder umschmieden lassen, sich verändern und bearbeitet werden möchten. Er basiert auch darauf, wie wir mit dem, was uns widerfährt, umgehen. Wachsen wir an Herausforderungen oder gehen wir in die Überforderung? Können wir lernen, Probleme zu lösen und so im Vertrauen sein, dass bei künftigen Problemen auch eine Lösung kommt (das wäre die sogenannte Mastery experience, das Vertrauen, dass uns was einfallen wird)? Oder erwarten wir stets den worst case und bekommen auch genau den, damit unsere Erwartungen auch gut erfüllt werden?

In seine eigene Entwicklung zu investieren ist kein Egoshooting, sondern vernünftig. Wer gut in sich ruht, sich vertraut, seine Fähigkeiten, Stärken und Besonderheiten ebenso wie seine Schwächen kennt, steht anders in den Wellen des Lebens. Er kann surfen, ans Ufer gehen oder sich einfach auch mal treiben lassen, weil er weiß – ich hab den Kompass in der Hand. Ich kann segeln und weiß, wo es langgeht von der groben Richtung her.

Was sehe ich in diesem Jahr? Rumgedümpel. Jeder geht auf Warteschleife Marke „och, wenn ich jetzt was anfange und es kommt der nächste Lockdown“ oder „wozu investieren, lohnt ja eh nicht mehr“ und anderes. Oder es wird gejammert. Wegen ausgefallenem Urlaub (das scheint die größte denkbare Katastrophe zu sein. Nach wie vor denke ich: Wenn dein Leben so bescheuert ist, dass du nur für den Urlaub lebst, wäre es da nicht irgendwie intelligent, für ein besseres Leben zu sorgen anstatt alles in vier Wochen Abhauen zu investieren mit dem Wissen, dass die Erholung laut Statistik in exakt DREI Wochen aufgebraucht ist?). Wegen Chaos. Sorgen und Nöten.

Es gibt unfassbar viele hoch berechtigte Sorgen und Nöte, allem voran Gesundheit. Auch da bin ich aber als mündiger Mensch zum größten Teil in der Eigenverantwortung. Es liegt an mir, ob ich ausreichend schlafe, mich vernünftig ernähre (das ist keine Geldfrage), meine Gedanken freundlich und gelassen halte, nicht an Chefs, Kollegen oder meiner grauenhaften Vergangenheit oder der grauenhaften Zukunft. Und wenn mir meine Arbeit nicht passt, ist es doch ebenfalls meine Aufgabe, das zu verändern! Dann qualifiziere ich mich für etwas anderes oder lerne, das, was ich habe, zu lieben, das findet in meinem Kopf statt und wird mir nicht serviert von außen.

Deshalb wäre es schön, wenn wir uns auf gute Weise in den Fokus nehmen: Wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Schlaf, Lebensfreude, Gemeinschaft? Auf welche positive Zukunft möchte ich mich konzentrieren? Wie viel Ablenkung erlaube ich mir in meinem Alltag und was nutzt mir das? Entspannung ist super. Fernsehen und stundenlang Daddeln oder in den asozialen Medien unterwegs sein ist keine Entspannung, es ist Stress fürs System. Wir haben ganz schön verlernt, auf unsere gute innere Stimme zu hören. Im Herbst starten wir einen Kurs, der gegen Nervosität, Verzettelung und Chaosdenken stark macht. An vier Wochenenden werden wir uns auf den Weg in die innere Mitte begeben. Wer mitmachen möchte, ist herzlich willkommen, schaut mal hier: https://www.seelengarten-krokauer.de/mittefinden/

Allen einen guten Wochenteilungstag!

Dieses wunderbare Foto hat Steffi gemacht. Ich danke dir sehr!

 

Zukunft

Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein.

Perikles

Wohin dieser Weg führen mag? Sigrid lässt das mit ihrem Foto offen. Danke!

Dienstags-Nachdenk-Input

Es ist und bleibt ein sehr unruhiges Jahr. Terminplanung ist bei uns die halbe Miete, weil viele Kurse geplant und organisiert sein müssen, oft lange im Voraus. Das hat dieses Jahr in vielem nicht funktioniert. Die Folgen werden sich noch eine gute Zeit hinziehen, so dass sich Termine bis 2022 verschieben und noch nicht richtig festgemacht werden können. Eine gute Lektion in „Was ist sicher“ – nichts. Keiner konnte im Februar ahnen, was kommt und so wenig wissen wir jetzt im August, was im September sein wird. Insofern ist alle Planung ein Versuch mit der Herausforderung, flexibel zu bleiben. Es wird spannend, vor allem, wenn Menschen Hotelzimmer buchen möchten, aber es lässt sich einfach nichts „versprechen“.

Unruhe erlebe ich auch in den Herzen der Menschen. Wahrhaftig bis ins Körperliche hinein, sehr viele Menschen sind krank und nicht mit Kleinigkeiten. Das schwüle Wetterauf- und –ab erledigt seinen Teil dazu, dass vielen Leuten in diesen Tagen förmlich die Luft wegbleibt, körperlich und vermutlich nicht zu knapp auch im übertragenen Sinne.

Es wäre wichtig, wenn wir wieder durchatmen und uns darin üben, länger aus- als einzuatmen, um das Nervensystem auf gute Wege zu bringen. Vieles läuft 2020 nicht wie gehofft oder gewünscht. Verwirrung ist zu spüren. Wir bemerken in der Praxis eine Zunahme an stiller Verzweiflung, an depressiven Zuständen, an Angst vor dem Herbst, jedoch auch einen Zuwachs an Egozentrik und Ichbezogenheit. Eines wissen wir hingegen auch: Normalerweise ist alles, was lebt, an einem Gleichgewicht interessiert. Wenn wir also zu viel von etwas auf der einen Seite haben, wächst auf der anderen Seite das Gegengewicht. Vertrauen ist ein guter Anfang.

Allen einen Start in eine schöne Woche. Eine Woche, in der wir genug Momente zum Durchschnaufen finden und uns darauf besinnen, dass Menschlichkeit die größte Qualität des Menschen ist. Vergessen wir die Dankbarkeit und die Freude für das nicht, was gut um uns herum ist.

Die Disteln sind das perfekte Hummelfutter. Danke an Sigrid für das schöne Bild!

Gesang des Meeres

Der Gesang des Meeres

Wolken, meine Kinder, wandern gehen

Wollt ihr? Fahret wohl! Auf Wiedersehen!

Eure wandellustigen Gestalten

Kann ich nicht in Mutterbanden halten.

Ihr langweilet euch auf meinen Wogen,

Dort die Erde hat euch angezogen:

Küsten, Klippen und des Leuchtturms Feuer!

Ziehet, Kinder! Geht auf Abenteuer!

Segelt, kühne Schiffer, in den Lüften!

Sucht die Gipfel! Ruhet über Klüften!

Brauet Stürme! Blitzet! Liefert Schlachten!

Traget glühnden Kampfes Purpurtrachten!

Rauscht im Regen! Murmelt in den Quellen!

Füllt die Brunnen! Rieselt in die Wellen!

Braust in Strömen durch die Lande nieder –

Kommet, meine Kinder, kommet wieder!

Conrad Ferdinand Meyer, 1825-1898

Die Wolken hat Sigrid fotografiert. Herzensdanke!

Montags-Nachdenk-Input

Die Landwirte ernten rund um die Uhr, um das Getreide vor den gemeldeten Gewittern nach Hause zu bringen. Es steht nicht so gut um die Ernte. Rund 42 Millionen Tonnen Getreide werden in diesen Tagen eingefahren und die Resultate sind unterschiedlich. Es gibt Gegenden, in denen hat es mehr geregnet. Woanders ist das dritte Dürrejahr und die dicken Frostnächte im Mai haben viel zerstört.

Uns ist das heute nicht mehr so bewusst wie früher – solche Jahre bedeuteten vor einigen Jahrhunderten noch Hungersnöte im Winter, Auswanderung und Zerstörung vieler Existenzen. Es fehlt nicht selten am Bewusstsein, dass wir alle nahrungstechnisch nach wie vor vom Wetter abhängen, egal, wie die Anstrengungen voranschreiten, im Supermarkt in beleuchteten Schränken auf Nährlösung Salate anzubauen. Ohne die Arbeit der Landwirte gibt es kein Brot, kein Gemüse, kein Obst. Das muss uns immer bewusst sein, denn alles hängt mit allem zusammen.

Doch selbst wenn am Baum die Früchte hängen, stellen wir fest, dass vieles angestochen wurde, so mancher Apfel ist innen zerstört, viele Bäume bleiben leer, verrieselt Einiges. Ich hoffe sehr, dass der Holunder nicht verrieselt und nicht wie in den letzten beiden Jahren nur Trockenfrüchte trotz Gießen produziert. Seit zwei Jahren haben wir keinen eigenen Holundersaft mehr, das ist schlecht für den Winter. Für uns sind solche Dinge bedeutsam, denn wir stärken das Immunsystem sehr gern mit den Sachen aus dem Garten. Was hier um uns herum wächst und die Tage mit uns teilt, hilft auch am besten, finden wir.

Zum Gesundbleiben braucht es neben einer guten Ernährung, Schlaf und gutem Wasser vor allem Lebenssinn und Freude. Ohne Sinn im Leben resignieren Menschen schnell und ich glaube, nach diesen Monaten seit der Pandemie sind viele Menschen sehr erschöpft und schnell gereizt. Halten wir unsere Baustelle zwischen den Ohren sauber und versuchen wir nach wie vor – für kein Jahr galt das so wie für dieses – in unserer eigenen Mitte zu bleiben.

Wenn ich Bilder vom Tag anschaue, überlege ich mehrfach, ob ich das soll, denn was ich sehe, erschreckt mich. Ich sehe Aggression, Hass, Aufeinanderprallen, Kämpfen um die eigene Meinung. Wir sehen nie die Welt so, wie sie ist, wir können sie stets nur so sehen, wie wir selbst und unsere Möglichkeiten sind, wahre Informationen zu bekommen, um etwas einzuschätzen. Und ich glaube nicht, dass wir mit Wahrheit in diesem Jahr schon reich gesegnet waren. Deshalb sollten wir für uns selbst immer wieder prüfen, was wir sagen. Für diesen Wochenstart könnten wir es mit liebevollen und freundlichen Worten versuchen – uns selbst und allen anderen gegenüber. Mit Hass und Wut ist die Welt noch nie besser geworden. Vielleicht gelingt das eher mit nachfragen, versuchen zu verstehen, Geduld und Freundlichkeit.

Allen einen guten Start in eine gesunde Woche und auf gute Weise Abkühlung, die dringend nicht nur der Natur not tut.

Unser Apfelbaum macht Freude.